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Spittelmarkt

Spittelmarkt

Titel: Spittelmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernwald Schneider
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sehen! Ich kann zu Ihnen kommen – oder besser, Sie kommen zu mir! Mir gehört ein Nachtlokal, das Ambassador, es liegt nicht allzu weit von Ihrem Hotel entfernt.«
    Eine Weile starrte ich stumm in die meergrünen Augen an meiner Seite, die mich so erwartungs- wie verheißungsvoll anblickten. »Ein Lokal, sagen Sie? Meine Begleiterin und ich haben gerade überlegt, wohin wir gehen können. Wenn ich …«
    »Kein Problem«, ließ sich der Mann am Ende der Leitung vernehmen. »Die Dame ist herzlich eingeladen. Sagen wir um zehn Uhr. Das ist in einer guten Stunde.« Dann nannte er die Adresse, die ich dem Taxifahrer sagen sollte. »Ist das okay?«
    »Ja«, erwiderte ich, »in Ordnung.«
    Am Ende der Leitung machte es klick und ich reichte den Hörer an den Portier zurück. »Ich habe gerade eine Verabredung für uns beide angenommen«, sagte ich zu meinem Gast. »Ich hoffe, ich war nicht zu forsch.«
    »Natürlich nicht«, lächelte die Schöne und wandte sich in einer anmutigen Bewegung zur Seite, bevor sie mit der Hand in die Richtung der Nische, wo sie zuvor gesessen hatte, deutete. »Sie werden erst einmal auf Ihr Zimmer gehen wollen. Ich werde dort im Sessel auf Sie warten. Lassen Sie sich Zeit!«

    Bald darauf standen wir unter dem grün beschirmten Baldachin vor dem Plaza. Es war ein reizender Moment, sowie sie sich bei mir einhakte und mit mir unter den riesigen schwarzen Schirm schlüpfte, den der Portier uns entgegenhielt, um uns durch den Regen, der in langen Fäden auf die Fifth Avenue herabfiel, zu einem der vor dem Hotel wartenden Taxis zu geleiten. Die Luft war mild, der Abend beinahe warm.
    Der Wagen rollte auf dem feucht-glitzernden Beton hinter einer Straßenbahn her, glitt an ihr vorüber, als sie an einer Haltestelle bremste, zischte durch Pfützen und passierte die schillernden Lichter von Reklamen. Hinter dem Chrysler Building bog der Wagen um eine Ecke in eine Seitenstraße, an deren Ende er neben dem Bordstein hielt, direkt vor der Eingangstür des Klubs, der unserem unbekannten Gastgeber gehörte.
    Ein Kellner in weißer Uniform ließ uns eintreten. Ich nannte ihm meinen Namen. »Wir sind mit Mr. Shannon verabredet.«
    Der Kellner nickte. »Mr. Shannon wird bald hier sein. Sobald er eingetroffen ist, werde ich ihm sagen, dass Sie da sind, Mr. Goltz.« Er wandte sich zu Irene und half ihr aus dem Mantel. Licht fiel auf die makellose Haut ihrer schwungvoll gezeichneten Schultern, auf denen die steinchenbesetzten Träger eines nachtblauen Satin-Oberteils zum Vorschein kamen. Außerdem kleidete sie ein kniefreier Rock.
    Der Kellner warf ihr einen anerkennenden Blick zu, hängte den Mantel auf einen Bügel und führte uns an einen Tisch.
    Das Lokal war halb leer, der ganze Saal in ein blaues Licht getaucht. An den Wänden reihten sich kleine Nischen aneinander, und Tische mit blauen Tischtüchern standen um eine Tanzfläche herum. Auf einer kleinen Bühne spielte eine Kapelle; zwei Saxofone, eine Trompete und ein Klavier. Zwei Barkeeper mit weißer Jacke und schwarzer Fliege standen hinter einer Bar und beobachteten die Gäste.
    Irene stützte die Ellbogen vor mich auf den Tisch, legte das Kinn in ihre Hände, warf einen Blick zur Seite und musterte eine Weile die Gäste.
    »Wer ist dieser Mr. Shannon?«, fragte sie. »Ein Freund von Ihnen?«
    »Ich kenne ihn nicht, aber wir haben eine gemeinsame Bekannte. Wegen ihr bin ich nach New York gekommen. Wegen ihr hat er mich eingeladen.«
    Der Kellner kam mit Champagner, ließ den Korken knallen und schenkte das sprudelnde Getränk in langstielige Gläser. Als wir die Kelche aneinanderstießen, ließ Irene erneut ihr verheißungsvolles Lächeln sehen.
    Eine junge Sängerin war auf die kleine Bühne getreten, dazu drei junge Männer mit sauberen schwarzen Anzügen, die anderen Bandmitglieder nahmen ihre Plätze an den Instrumenten neben ihr ein. Kurz darauf begann die Frau mit einer lieblich-rauen Stimme zu singen, sie sang ein Lied von Liebe und Verlust, während sie über ihr Mikrofon hinweg in weite Fernen blickte. Einige Paare erhoben sich von den Tischen und bewegten sich auf der Tanzfläche zu den sanften Klängen der Musik.
    »Warum haben Sie Ihre Frau nicht mit auf die Reise genommen?«, wollte Irene Varo mit einem zarten Augenaufschlag wissen.
    »Ich habe keine – ich bin geschieden.«
    »Ah«, sagte sie und legte ihre Hand leicht auf meinen Arm.
    »Und Sie?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein! Für eine Ehe bin ich nicht geeignet.

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