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Splitter im Auge - Kriminalroman

Titel: Splitter im Auge - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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lassen, aber ihm fiel nichts ein. Sein Vater war mehr ein abwesender Vater gewesen, einer, der sich die meiste Zeit im Job und im Gewerkschaftsbüro rumgetrieben hatte und manchmal nur zum Essen nach Hause gekommen war. Aber das war bei den Vätern seiner Freunde auch nicht anders gewesen. Als Sohn brauchte man einen Vater nicht unbedingt zu Hause, er musste nur da sein. Sein Vater war meist nicht einmal da gewesen, wenn er zu Hause war.
    Aber das war lange vorbei.
    Steiger zahlte und ging.

15
    Jana Goll hatte frei. In dem Augenblick, als Gisa es bei der üblichen Besprechung zu Dienstbeginn gesagt hatte, fiel es Steiger wieder ein. Jana wollte ein paar Behördengänge für ihre Eltern erledigen, die auch fünfzehn Jahre, nachdem sie aus Kasachstan ins gelobte Land ihrer Vorfahren gekommen waren, noch nicht mit der deutschen Bürokratie klarkamen. Denn Jana Goll war als Tatjana Golubewa in einem Dorf an der chinesischen Grenze geboren worden, aber anders als ihre Eltern und Brüder hatte sie alles an sich und in sich ausgemerzt, was daran erinnerte. Niemand im gesamten Präsidium sprach ein reineres Deutsch als Jana, niemand schrieb grammatisch so richtig, und rutschte mal jemandem, der darum wusste, ein »Tatjana« heraus, verbesserte sie ihn sofort. Lediglich, wenn ein paar russische Jugendliche nach der Festnahme glaubten, sie könnten sich in ihrer Sprachburg verstecken, zeigte Jana ihnen, dass sie sich geirrt hatten. Nur in diesen Momenten hatte Steiger sie Russisch sprechen hören.
    Schon mehrfach hätte er sie fast gefragt, warum das so war, es dann aber gelassen.
    Weil Jana nicht da war, fuhr Steiger heute mit Krone, und schlimmer hätte es nicht kommen können. Benno Krone war Gisas Stellvertreter, hatte Steigers Alter und ein einfaches Rezept für seine Arbeit: Alle, die sich nicht benehmen konnten, mussten eingesperrt werden und die, deren Geburtsort nicht innerhalb der deutschen Grenzen lag, am besten dort, wo sie ihren ersten Schrei getan hatten. »Wenn der liebe Gott gewollt hätte, dass die hier wohnen, hätte er die doch gleich hier angesiedelt«, war einer seiner Lieblingssprüche, die er in Gegenwart von Vorgesetzten meist so formulierte, als sei es irgendwie witzig. Aber jeder, der ihn kannte, wusste, dass es so spaßig nicht gemeint war, was auch für Gisa galt, die ihm das nie durchgehen ließ. Deshalb war der Dortmunder Norden auch so etwas wie feindliches Ausland für Krone, der niemals verstand, wie man dort wohnen konnte. Aber das war nicht das Einzige an Steiger, womit er nicht klarkam.
    Sie fuhren die Brackeler Straße Richtung Borsigplatz und waren auf dem Weg zu einem Baumarkt an der Bornstraße. Auf dessen Parkplatz sollte ein Drogengeschäft stattfinden, und weil auf die Schnelle kein mobiles Einsatzkommando frei gewesen war, hatte das Fachkommissariat die Zivilfahrzeuge um Unterstützung gebeten, die in der Behörde greifbar waren. Natürlich war der ET da mit im Boot.
    »Wir sind jetzt da«, sagte Steiger ins Handfunkgerät, als Krone den Wagen auf den Parkplatz lenkte. »Stehen in einer Box direkt an der Einfahrt Bergmannstraße.« Jürgen Brüschin vom KK 12, der den Einsatz leitete, und alle anderen Fahrzeuge quittierten. Die Einzelheiten hatten sie vorher in einer kurzen Besprechung festgelegt. Es ging um einen silbernen Audi A4, der mit einer Ladung aus Holland erwartet wurde, die hier weitergegeben werden sollte. Einen der Kuriere kannten sie, wer den Stoff übernahm, wussten sie nicht. Dabei hatte Steiger Brüschin gefragt, ob die Leute bewaffnet seien, er habe keine Lust, in seinem Alter noch SEK -Einsätze zu fahren und sich den Arsch wegschießen zu lassen, nur weil gerade keine Spezialeinheiten greifbar wären. Brüschin hatte daraufhin gesagt, dass der Typ nicht dafür bekannt sei, eine Waffe zu benutzen, er das aber verstehe, und es müsse keiner teilnehmen. Er hatte es ohne Vorwurf gesagt, und Steiger hatte es ihm abgenommen. Brüschin war einer von den Guten, und darum hatte Steiger letztlich klein beigegeben.
    Krone stellte den Motor ab, und Steiger ließ das Fenster einen Spalt nach unten gleiten, um zu rauchen. Obwohl Steiger Krone für einen Idioten hielt, gab es zwei Dinge, die es einigermaßen erträglich machten, mit ihm zu fahren. Einmal die Tatsache, dass er Steigers Zigarillos nicht wie die meisten anderen Kollegen für Insektenvernichtungsmittel hielt, weil Krone selbst so etwas rauchte, und dann war Krone kein Schwätzer. So saßen beide da, verwandelten

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