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Splitter im Auge - Kriminalroman

Titel: Splitter im Auge - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Seitdem schlugen sie sich gemeinsam durch die Tage, was viele Vorteile hatte, denn Leo war nicht nur ein warmer Körper, er war auch ein Organisationstalent. Zurzeit hatte er ihnen eine Bleibe in einem leer stehenden Haus besorgt, in dem es fast trocken war, und mit seiner Flaschensammlerei nahm er oft so viel Geld ein, dass sie aufs Betteln verzichten konnten. Sie hasste das Betteln, weil es ihr auch noch den Rest Achtung vor sich selbst nahm, den sie manchmal noch besaß. Darum nannten ihn alle Leo, den Flaschensammler. An manchen Tagen brauchte er fünf Stunden für eine Tour, was daran lag, dass er sein Fahrrad nur schob. Sein Gleichgewichtssinn war bei einem Sturz ziemlich kaputtgegangen, und nicht nur das. Dieser Sturz vom Dach war der Anfang eines langen Sturzes gewesen, denn Leos Geschichte war viel klassischer verlaufen als ihre. Zuerst hatte er nach dem Unfall seine Firma verloren, dann seine Frau und schließlich den Halt.
    Den gaben sie sich jetzt gegenseitig, jedenfalls so viel, dass es erträglicher war als ohne, und seit drei Jahren kannte man das Paar als Leo, den Flaschensammler, und Eliza, die Verrückte. Sie wusste, dass man sie so nannte, wusste aber nicht, warum, aber es war ihr egal.
    Viele Läden sahen es nicht so gern, wenn Obdachlose gesammelte Flaschen eintauschten, deshalb brachte Leo seine nur zu wenigen Stellen. Heute ging er mit der Beute seiner letzten Tour zur Tankstelle in Dortmund-Wickede. Eliza begleitete ihn selten, aber heute schon, weil sie hoffte, dort auf Nadine zu treffen. Nadine war eine Schülerin und arbeitete an manchen Tagen an der Kasse. Eliza fühlte sich zu diesem Mädchen hingezogen, seit sie es das erste Mal gesehen hatte. Natürlich, weil sie in dem Alter war wie ihre Tochter, als man sie ihr wegen der Trinkerei weggenommen hatte, und weil das Mädchen ihr ähnelte, das war Eliza vom ersten Augenblick an klar gewesen. Aber da war noch etwas anderes. Manchmal strahlte das Mädchen einen Mut aus, eine Zuversicht, und da war sie wie die Eliza aus dem Musical, dachte sie, da wäre sie bestimmt zu Higgins gegangen. An anderen Tagen war sie überhaupt nicht so, sondern verzagt und ohne Mut. Nur freundlich, das war Nadine immer, und ab und zu, wenn niemand sonst in der Tankstelle war, spendierte sie Eliza sogar auf Kosten des Hauses einen heißen Milchkaffee mit ganz viel Zucker.
    Leo konnte sich heute nicht entscheiden, und sie ließ ihn mit den Flaschen allein. »Geht es dir gut, Nadine?«, fragte sie über den Tresen hinweg.
    »Ja«, sagte das Mädchen, »aber meine Ablösung kommt nicht. Ich müsste schon längst weg sein.«
    »Die kommt bestimmt gleich«, sagte Liza, und Nadine bedankte sich mit einem Lächeln.
    »Hoffentlich, aber mein Bus ist eh schon weg.«
    Sie schlurfte wieder zu Leo ans Regal, und auf halbem Weg ging der große, blonde Mann an ihr vorbei zur Kasse. Er trug eine Mütze und hatte eine Brille auf. Es war keine Sonnenbrille, aber sie war dunkler als andere, zumindest so dunkel, dass man seine Augen nicht sehen konnte. Er zahlte eine Flasche Wasser und sprach mit Nadine. Sie sprach normal, aber es ging etwas von diesem Mann aus. Eliza musste ihn ansehen, und als er fertig war und ging, ertappte er sie dabei.
    Dann kam Nadines Ablösung in die Tankstelle gestürzt. Endlich, dachte Eliza und freute sich für das Mädchen.

33
    Es dauerte länger, als er gedacht hatte.
    Er zwang sich zur Konzentration und prüfte noch einmal alle Umstände, ob es tatsächlich möglich war. Spontanaktionen waren sehr viel risikoreicher und eigentlich nicht seine Sache, dafür war zu viel zu bedenken, aber die Gelegenheit war in der Tat sehr günstig. Das Objekt war jung genug und von seiner ganzen Art her der passende Typ, der nicht widersprechen würde, und die Sache mit dem Jugendamt war ein Volltreffer. Damit hatte er sie. Er griff kurz in die Innentasche des Sakkos und überprüfte, ob er den Jugendamtsausweis dabeihatte. Ein Grund, der gegen die Aktion sprechen konnte, waren die Kameras. Im Verkaufsraum hatte er zwei gesehen, eine davon an der Kasse. Er war einer der letzten Kunden gewesen, die man sicherlich überprüfen würde, aber mit Mütze und Brille war es okay. Die Klamotten, die er trug, waren Massenware aus dem Kaufhaus, seriös und unauffällig, wie immer, wenn er auf Tour war, und mit dem Kennzeichen fühlte er sich sowieso ziemlich sicher.
    Zum Glück waren immer noch kaum Autos und keine Fußgänger unterwegs, und er hoffte, dass das so blieb. Etwas

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