Splitter im Auge - Kriminalroman
weiter hinten begannen die Häuser, und in Häusern waren Menschen, und wo Menschen waren, gab es meistens Hunde, und jetzt war genau die Zeit, noch einmal mit Waldi Gassi zu gehen.
Das Objekt kam immer noch nicht. Sie hatte es doch eben so eilig gehabt, dachte er. Aber schon richtig, der Bus war eh weg. Er versuchte sich zu erinnern, ob er auf dem Weg hierher in der Nähe eine U-Bahn-Station oder Straßenbahnhaltestelle gesehen hatte, aber ihm war nichts aufgefallen. Ein paar Minuten würde sie also brauchen, um dahin zu kommen, das müsste reichen.
Das Pennerpärchen war der zweite Volltreffer. Die Frau war ziemlich alt und machte nicht mehr den besten Eindruck, der Mann schien jünger zu sein und war absolut geeignet. Er hatte eine Flasche Fusel gekauft, soff also, aber seine Kleidung und der Rest seiner Erscheinung ließen erkennen, dass er sich noch nicht völlig aufgegeben hatte. Das klang ideal. Sie waren schon vor ein paar Minuten in die andere Richtung gegangen und mussten hier aus der Gegend sein. Er fragte sich, ob er erst das überprüfen sollte, als das Mädchen endlich das Tankstellengelände verließ. Sie ging ebenfalls in die andere Richtung und schien es in der Tat nicht mehr so eilig zu haben.
Noch ein kurzer Rundumblick, dann ließ er den Wagen an. Die Straße war leer. Er war nur wenige Meter gefahren, als etwa fünfzig Meter vor ihm ein Radfahrer auftauchte und ihm entgegenkam. Um nicht aufzufallen, fuhr er nicht wieder rechts heran, sondern ließ den Wagen weiterrollen. Der Radfahrer passierte ihn, und er näherte sich dem Objekt von hinten. Sie ging von ihm aus auf der linken Seite, und er hielt schräg hinter ihr. Sie schien nichts bemerkt zu haben und ging weiter. Er stieg aus, war etwa zehn Meter von ihr entfernt und wollte sie erst ansprechen, wenn er bei ihr war. Der Überraschungseffekt war größer. In diesem Moment sah er aus den Augenwinkeln eine Bewegung im Gebüsch neben der Straße. Es war die Pennerin, und die Art und Weise, wie sie ihre Kleidung richtete, ließ vermuten, dass sie ihre Notdurft verrichtet hatte. Er unterbrach sofort seinen Gang, drehte um und ging zum Auto. Ohne Hast startete er den Wagen und fuhr los. Die Frau stand mittlerweile auf dem Bürgersteig, und im Vorbeifahren trafen sich ihre Blicke einen kurzen Augenblick. Im Rückspiegel konnte er sehen, dass das Mädchen sich umdrehte und mit der Frau sprach.
Dann eben nicht heute, dachte er, morgen ist auch noch ein Tag, und gab Gas.
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Das Gelächter hallte durch die Räume des ET , was selten war um diese Zeit, denn es war noch nicht einmal Mittag. Alle standen um Jochen Bulthaups Rechner, auf dem ein Spaßvideo lief, eines der Filmchen, die ständig in der Behörde kursierten und für die man von den Systembetreuern eins zwischen die Hörner bekam. Steiger mochte das Zeug nicht besonders, vor allem, weil er alles für gestellt hielt. Dieses war wenigstens gut gemacht und ausnahmsweise lustig, aber er war sich sicher, dass auch hier alles gestellt war.
Drei junge Burschen saßen auf einem Sofa und machten ein Spiel, bei dem die beiden rechten sich mit einem Kochlöffel, den sie sich zwischen die Zähne gesteckt hatten, abwechselnd auf den gesenkten Kopf schlugen. Der Clou an der Sache war, dass der mittlere verarscht wurde und immer dann, wenn er seinen Kopf hinhielt, nicht vom rechten mit dem Löffel im Mund geschlagen wurde, sondern stattdessen vom linken mit einem Löffel, den er in der Hand hielt, dermaßen einen auf den Schädel geklatscht bekam, dass es schon beim Zuschauen weh tat.
Rosenberg konnte sich kaum halten, Benno Krone lachte, dass sein Bauch auf und ab wippte, und selbst Gisa Kracht konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Steiger beobachtete die Gruppe, und wie schon oft fiel ihm auf, dass man in den Männern, ohne sich groß bemühen zu müssen, noch die Jungen sah, die sie einmal gewesen waren, vor allem, wenn sie sich so hemmungslos ausschütteten wie jetzt. Erstaunlich, wo doch das Leben und die Nachtdienste nicht spurlos an ihren Gesichtern vorbeigegangen waren und sie in Wahrheit fette, alte Kerle waren. Die meisten machte das sympathischer, fand Steiger, nur Benno Krone nicht. Aber vielleicht war der ja auch als Kind schon ein Idiot gewesen. Bei Gisa war das anders, Gisa sah aus wie eine Frau. Es lag nicht daran, dass sie bereits graue Haare hatte, die hatte Dieter Rosenberg auch schon mit seinen vierundvierzig Jahren. Gisa war sogar noch recht glatt im Gesicht, aber Steiger
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