Splitter im Auge - Kriminalroman
Steiger jetzt noch einen Geruch wahr, der vorher nicht da gewesen war. Es roch chemisch wie in einem Krankenhaus.
Er versuchte, an die Wand gelehnt, eine Stelle in seinem Körper zu finden, die nicht schmerzte. Am schlimmsten waren die Handgelenke und die Stelle an der Stirn, aber er zwang sich zu denken.
Sie würden kommen, das wusste Steiger, es würde jemand kommen, der es nicht gut mit ihm meinte, irgendwann. Und er überlegte sich, was er tun konnte.
54
Batto hatte Überzeugungsarbeit geleistet. Weniger, um Renate Winkler dazu zu bringen, sich sofort nach Kleve auf den Weg zu machen.
»Wenn der Mann in dem Passat und mit der Mütze wirklich was damit zu tun hat, dann müssen wir jetzt da hin. Das Mädchen ist zwei Tage weg, und es ist doch dein Fall, Renate. Außerdem geht es um Steiger, und der ist unser Kollege und mein Freund«, hatte er argumentiert, aber das Gefühl gehabt, bei ihr damit Drehtüren einzurennen.
Schwieriger war es gewesen, sie davon zu überzeugen, ihm den Schlüssel zu überlassen. Sie wusste, welches Auto er privat fuhr, und sie kannte seinen Ruf, was die Fahrerei anging.
Jetzt bogen sie am Kreuz Kamp-Lintfort vom Emscherschnellweg auf die Autobahn 57, und Renate Winkler sah aus, als bereue sie es, bei der Schlüsselfrage nicht hart geblieben zu sein. Sie hatten sich mit dem zuständigen Kollegen in der Polizeiinspektion Geldern verabredet, weil das näher an der Gegend lag, die auf holländischem Gebiet interessant war. Gisa und Jana hatte er schon längere Zeit nicht mehr im Rückspiegel gesehen. Sie hatten sich entschieden, mit zwei Autos zu fahren, was eindeutig zu viel war, wenn an der Sache nichts dran sein sollte. Ergaben sich aber Hinweise, war ein weiterer Wagen absolut nötig.
»Was macht dich eigentlich so sicher, dass an der Sache was dran ist, Batto?«, fragte Renate Winkler, nachdem er sich wieder auf der Überholspur eingerichtet hatte und dem dienstlichen Touran die Sporen gab.
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte er, »es ist mehr eine Ahnung. Irgendwann in meinem Leben habe ich mich mal entschieden, auf solche Dinge zu hören. Im Großen und Ganzen bin ich ganz gut damit gefahren.«
»Kann ich verstehen«, sagte sie. Und nach einer Weile: »Wie kommt es eigentlich, dass zwei so unterschiedliche Typen wie ihr so dicke Freunde seid?«
Batto ließ sich mit der Antwort Zeit. »Liebst du deine Kinder, Renate?«, fragte er dann.
Sie sah ihn an, als habe er sie nach ihren sexuellen Vorlieben gefragt, fand Batto, aber er hatte das erwartet.
»Was für eine Frage, natürlich.«
»Gibt es Dinge, die dir an ihnen gefallen?«
»Natürlich.«
»Und sind sie in manchen Dingen anders als du?«
»Ja und wie. Meine Tochter ginge nie zur Polizei, nie.« Renate Winkler zog die Stirn kraus, als wenn sie nicht genau wisse, wohin das führen sollte.
»Siehst du«, sagte Batto, »bei Freundschaft ist es ähnlich. Es hat letztlich nichts mit gleich oder ungleich zu tun, es ist etwas darüber hinaus. Man kann erklären, was man an jemandem mag oder nicht mag, aber warum man seine Nähe genießt und es keinen falschen Zeitpunkt gibt, ihn auf ein Bier zu treffen, das ist letztlich unerklärlich.«
Sie lachte still.
Es gab tatsächlich unzählige Dinge, in denen sie verschieden waren, Steiger und er, überlegte Batto. Die ganze Psychologie-Nummer war für Steiger eine Veranstaltung für Weicheier und über die Jahre ein ständiger Grund für Verarschungen gewesen. An seinem Geburtstag, nachdem er damals mit den Seminaren begonnen hatte, war Steiger mit ein paar Schnabelschuhen mit Glöckchen und einer Packung Räucherstäbchen als Geschenk angekommen. Batto musste lachen, als er an den Abend dachte. Und noch in Uniform durch die Welt zu laufen, wäre für Steiger so undenkbar wie die Mitgliedschaft in einem BVB -Fanclub. Andersherum gab es Dinge, die Batto an ihm einfach nicht verstand. Aber er war sich sicher, dass Steiger ihm, ohne eine Sekunde zu überlegen, eine Niere spenden würde, wenn es drauf ankäme. Ganz bestimmt.
Paul Böttcher war bei der Polizei in Kleve der Verbindungsbeamte zur holländischen Polizei, obwohl er mit dichtem, grauem Haar und Schnurrbart eher aussah wie der Kontaktmann zur örtlichen muslimischen Gemeinde, und er hatte tatsächlich frischen Kaffee gekocht.
Zusammen mit dem Kollegen Meyer des örtlichen Kriminalkommissariates hörte er sich Renate Winklers Geschichte in der ausführlicheren Version als am Telefon an und erklärte anschließend in
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