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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Frau bestätigen, dass ich wirklich hier wohne, damit sie mich in meine Wohnung lässt. « Er lachte bitter auf und begriff mit einem Mal, warum manche Menschen auf Parkbänken saßen und mit sich selbst redeten. Da erinnerte ihn das Schnarren seiner Armbanduhr daran, wieder seine Pillen zu nehmen. Pillen, die im Spiegelschrank seines Badezimmers auf ihn warteten; in einer Wohnung, die ihm verschlossen war, weil seine totgeglaubte Frau ihn weder erkennen noch hereinlassen wollte. Er beschloss, zunächst zu seinem Auto zu gehen. Nach dem Unfall, den er mit Sand ras Wagen verursacht hatte, hatte er den silbergrauen Mini nur ein einziges Mal gefahren, als er zum Verbandswechsel musste. Die Trauer war an jenem Tag so überwältigend gewesen, dass er Angst gehabt hatte, in der U-Bahn zusammenzubrechen. Seitdem bewahrte er im Handschuhfach noch eine Ersatzpackung Medikamente auf.
    »So machen wir es.« Marc redete weiter mit sich selbst. Sobald er die Kopfschmerzen gebändigt hatte, würde er einen Plan fassen. Vielleicht verlor er ja tatsächlich gerade den Verstand. Vielleicht hatte ihn die Trauer in den Irrsinn getrieben. Doch solange er noch einen Fuß vor den anderen setzen konnte, solange es ihm möglich war, über die Absurdität der Situation zu reflektieren, so lange würde er keine Kurzschlusshandlung begehen.
    Sein Vorsatz währte keine zwei Minuten. So lange, bis er vor die Haustür in den regennassen Novemberwind trat und ihm mit einem Blick klar wurde, dass sein silbergrauer Mini nicht mehr im Parkhafen stand. So wie auch alle anderen Autos verschwunden waren, die dort üblicherweise parkten. Statt ihrer wackelten mehrere rostige Halteverbotsschilder im Wind, die ihm bei dem Gespräch mit der Krankenschwester vorhin nicht aufgefallen waren. Marc sog die kalte Luft ein. Sie roch nach feuchtem Laub und aufgeschwemmten Abfällen, die in den langsam volllaufenden Kanalisationen nach oben getrieben wurden. Dann, um seine zitternden Finger zu beruhigen, kniete er sich neben den Bordstein und band sich die Schuhe. In diesem Moment bog ein Polizeiwagen in die Straße und fuhr langsam das Kopfsteinpflaster herunter. Die uniformierten Beamten beobachteten ihn misstrauisch, als sie ihn im Schritttempo passierten.
    Marc stand auf und überlegte kurz, ob er der Streife ein Zeichen zum Anhalten geben sollte, doch dann verpasste er den Moment, und der VW-Bus bog schon wieder um die Ecke.
    Er rannte ihm hinterher, die Kopfsteinpflasterstraße herunter bis zur nächsten Kreuzung, rannte immer schneller, einmal um den Block, obwohl er ganz genau wusste, dass er sein Auto nicht in einer der Seitenstraßen abgestellt hatte. Schließlich stand er atemlos wieder vor dem Eingang seines Mietshauses und sah nach oben. Im dritten Stock, dort, wo sich das Zimmer mit den zahlreichen Umzugskisten befand, die er noch nicht ausgepackt hatte, dort, wo die Bilder auf dem Laminatboden standen und das leere Aquarium als Mülleimer diente, genau dort wich gerade jemand hinter dem Vorhang zurück. Jemand mit langen, blonden Haaren.
    Okay, Schluss jetzt mit dem Irrsinn.
    Marc griff in die Hosentasche und fingerte neben dem Anmeldeformular und einem leeren Tablettenstreifen sein Handy hervor. Er hatte in seinem Leben nicht oft um Hilfe bitten müssen, aber jetzt kam er definitiv nicht mehr alleine klar.
    Ich werde erst bei mir zu Hause anrufen, um zu sehen, ob Sandra abnimmt. Dann Constantin, vielleicht sogar die Polizei …
    »Scheiße, was soll das denn?«, sprach Marc schon wieder zu sich selbst. Dann klappte er das Handy noch einmal zu und wieder auf. Er hörte das gewohnte Piepen, fuhr mit dem Daumen über den vertrauten Kratzer im Display, sah den bekannten Wolkenhintergrund seines Bildschirmschoners, und dennoch fühlte das Handy sich fremd an. Nichts. Nicht ein einziger Eintrag. Es gab niemanden mehr, den er anrufen konnte, denn sein kompletter Rufnummernspeicher war gelöscht.
16. Kapitel
    »Nein, Lucas ist der Nachname. Und mit c. Ja, beides mit c, sowohl Marc als auch Lucas, haben Sie danach gesucht?«
    Marc hielt kurz das Mikro seines Handys zu und beugte sich zu dem Taxifahrer nach vorne, in dessen Mercedes er gerade eingestiegen war.
    »Karl-Marx-Straße, Höhe Hasenheide, bitte.«
    Der Mann quittierte die Angabe des Fahrziels, indem er die Nase hochzog und das Radio lauter drehte. Indische Sitarmusik schepperte über die Lautsprecher. »Nichts? Das Kennzeichen ist B - YG 12. Okay, okay. Er wurde also nicht abgeschleppt? Danke.«
    Er

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