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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Aber wieso nur?
    »Sagten Sie nicht, Sie haben es bei einer Freundin liegen lassen?«, unterbrach der Fahrer Marcs Gedanken.
    »J a?«
    »Hier ist aber ein Mann dran.«
    »Was?«
    Popeye reichte ihm das Handy nach hinten.
    »Hallo ?«, hörte er eine tiefe Stimme mehrfach hintereinander fragen, als er es sich ans Ohr hielt. »Entschuldigung, ich habe mich wohl verwählt.«
    »Kein Problem, wen wollten Sie denn sprechen?« Marc nannte ihm seinen vollen Namen und wollte schon auflegen, als der Mann freundlich zu lachen begann. »Na, dann sind Sie ja doch richtig, Sportsfreund, was gibt’s denn?«
    »Wie bitte?«
    Das Handy drohte ihm aus den schweißnassen Fingern zu rutschen, und sein Puls schien sich auf das Doppelte zu beschleunigen.
    »Also, ich bin Marc Lucas«, sagte der Fremde am anderen Ende, »mit zwei c.« Er kicherte. »Warten Sie bitte kurz, ich bin gleich für Sie da.«
    Es raschelte, und der Mann sagte dumpf: »Was’n los, Schatz?«
    Dann entglitt Marc der Telefonhörer. Kurz nachdem er die Frau im Hintergrund hatte lachen hören. Sandra.
17. Kapitel
    »Hey, Sie kriegen noch Ihr Wechselgeld!«, rief ihm der Taxifahrer hinterher, doch Marc drehte sich nicht mehr um. Er musste raus aus dem Auto. Raus an die frische Luft, auch wenn er wusste, dass die seinen Brechreiz nicht mindern würde. Normalerweise überfiel ihn die Übelkeit, kurz nachdem er seine Medikamente genommen hatte. Doch jetzt ging sie einzig und allein auf das Telefonat zurück, das er eben mit dem Unbekannten geführt hatte. Ein Unbekannter, der meinen Namen trägt? Mein Leben lebt?
    Das Taxi hatte auf der falschen Seite gehalten. Trotz seiner Müdigkeit versuchte Marc die letzten hundert Meter zu der Ampel zu rennen, die er überqueren musste, wenn er zu seinem Büro wollte, doch schon nach wenigen Schritten bekam er Seitenstechen. Früher hatte er problemlos zehn Kilometer joggen können. Seit dem Unfall schien seine Kondition auf dem Stand eines Krebspatienten zu sein. Und jetzt, nach all den bisherigen Ereignissen des Tages, war das wohl auch kein Wunder.
    Constantin führte seinen schwachen Allgemeinzustand nicht nur auf die Nebenwirkungen der Immunsuppressiva zurück, die verhindern sollten, dass der Splitter in seinem Nacken abgestoßen wird. »Es ist deine Seele, die gerade im untrainierten Zustand einen Marathon laufen will«, hatte er ihm erklärt und ihn zu einer psychologischen Behandlung überreden wollen.
    Marc presste eine Hand in die Seite und versuchte in den Schmerz zu atmen, so wie es ihm sein Bruder beigebracht hatte. Damals, als sie noch Kinder waren und regelmäßig vor den U-Bahn-Kontrolleuren flüchten mussten, lange bevor der Hass sich zwischen sie gedrängt hatte.
    »Ich verliere den Verstand«, skandierte er. Bei dem Regen waren nur wenige Passanten unterwegs, und weder der Zeitungsverkäufer noch das Studentenpärchen oder die ausländische Großfamilie wunderten sich über einen kopfschüttelnd vor sich hin murmelnden Mann. Nicht in Berlin. Nicht in dieser Gegend.
    »Entweder bin ich verrückt geworden, oder die haben irgendetwas in der Klinik mit mir gemacht«, fragte er sich selbst.
    Kurz vor der Ampel kam Marc an einer Apotheke vorbei, deren Fenstergitter heruntergelassen waren, in der aber noch Licht brannte. Er sah auf die Uhr. 21.57. Heute Spätdienst, blinkte ein Schild im Schaufenster. Zum ersten Mal seit langer Zeit schien wenigstens eine Kleinigkeit in seinem Leben zu funktionieren. Ihm blieben noch drei Minuten, um sich die Medikamente zu besorgen. Marc klingelte. Im nächsten Moment trat ein Mann mit einer Plastiktüte hinter ihn und zündete sich eine Zigarette an. Im Spiegelbild der verglasten Tür konnte er erkennen, dass dem Kerl die Nase blutete. Er war höchstens achtzehn Jahre alt, vermutlich jünger. Sein Spiegelbild verschwand, als von innen die verglaste Sprechluke geöffnet wurde und ein müder Apotheker grußlos mit dem Kopf nickte. In der Hand hielt er noch die Fernbedienung, mit der er bis zu dieser ungewollten Störung durch die TVKanäle gezappt hatte. Marc zog den Plastik streifen hervor, aus dem bereits alle Tabletten herausgedrückt waren, und gab ihn dem Mann, der laut dem Schild auf seinem Kittel auf den Namen A. Steiner hörte.
    »Axemnosphalt?«, las er ungläubig von der Rückseite ab, als hätte Marc nach Heroin verlangt. « Haben Sie dafür ein Rezept?«
    Marc schüttelte den Kopf. Bisher hatte er das Mittel immer in der Klinikapotheke nach den Verbandswechseln

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