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Splitterfasernackt

Splitterfasernackt

Titel: Splitterfasernackt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Lindner
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    Die nächsten Tage sind lustig, aufwühlend und beängstigend zugleich. Alex ruft im Stundentakt auf Amys Handy an, um herauszufinden, wo sie sich gerade befindet, und es würde mich nicht im Geringsten wundern, wenn die Hälfte unserer Kunden Freunde von ihm wären, die er vorbeigeschickt hat, um auszuspionieren, ob Amy noch im Passion arbeitet.
    Aber wir sind ja auch nicht dumm. Bevor wir die Tür öffnen, guckt Amy durch den Spion, um zu sehen, ob ihr Freund oder jemand aus seinem Freundeskreis dort steht. Und am Telefon sagen wir immer, dass Amy leider, leider nicht mehr bei uns arbeitet – das macht sie schließlich auch nicht.
    Sie heißt jetzt nämlich Nina.
    Ihre neuen Fotos sind abstrakt, mit blonder Perücke und in schwarzen Strapsen, sie hat sich nicht einmal selbst erkannt, aber ihre Stammkunden wissen alle über den Namenswechsel Bescheid, und so hat sie genug Termine.
    »Was soll ich bloß machen?«, fragt Amy am dritten Tag, an dem sie offiziell nicht mehr im Passion arbeitet.
    Sie starrt verängstigt ihr Handy an, weil Alex in den letzten vier Stunden mindestens fünfzehn Mal angerufen hat.
    Und wahrscheinlich weiß sie nicht einmal, wovor sie mehr Angst hat, davor, ihn zu verlieren, oder davor, was er ihr antun könnte. Soweit ich das Ganze beurteilen kann, ist Alex ein gutaussehender Vollidiot, von dem man sich so weit entfernt wie möglich aufhalten sollte
    »Ich will doch wirklich aussteigen!«, murmelt Amy.
    Sie sitzt neben mir auf dem Sofa und wirft einen verzweifelten Blick nach dem anderen auf ihr Handy, als wäre es eine Atombombe, die jeden Moment in die Luft gehen könnte.
    »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht so viel gelogen wie jetzt«, fügt Amy mit unsicherer Stimme hinzu. »Aber er versteht einfach nicht, wie das für mich ist. Er ist so wütend, weil ich nicht sofort im Passion aufhören wollte. Weißt du, Lilly, ich brauche doch das Geld, ich muss erst einen anderen Job finden, und ich habe meiner Mama versprochen, dass ich im nächsten Monat nach Russland komme, wie soll ich das denn bezahlen? Ich freue mich schon so darauf, sie endlich …«
    Das Klingeln von Amys Handy unterbricht sie mitten im Satz, und für einen Moment steht sie stocksteif und stumm neben mir.
    »Oh, nein«, flüstert sie dann und sieht mich hilflos an. »Was sage ich denn jetzt schon wieder? Wo könnte ich gerade sein? Bitte hilf mir!«
    »Sag ihm, dass du bei mir bist«, schlage ich vor, weil mir auf die Schnelle nichts anderes einfällt. »Wenn er dir nicht glaubt, dann gib mir das Telefon, ich rede mit ihm.«
    Amy geht also an ihr Handy und schnattert unsicher drauflos. Alex scheint ihr kein Wort davon abzunehmen, was kein Wunder ist in Anbetracht der Tatsache, dass sie sich in jedem Satz mindestens einmal verhaspelt. Schließlich fragt er sie, wo ich denn wohnen würde, und als sie ihm die Straße durchsagt, brüllt er so laut ins Telefon, dass ich das Gefühl habe, er stünde direkt neben mir: »Willst du mich verarschen?! Das ist direkt um die Ecke vom Passion!«
    »Nein, nein«, jammert Amy, »sie wohnt wirklich da! Wir kennen uns noch aus der Schule, ich habe dir schon von ihr erzählt. Ich bin nicht im Passion, Alex, glaub mir doch bitte!«
    Alex grummelt irgendwas, das ich nicht verstehe, und legt wieder auf. Amy wird leichenblass im Gesicht und lässt langsam die Hand mit ihrem Handy sinken.
    »Was hat er gesagt?«, frage ich.
    »Er will vorbeikommen«, haucht Amy so leise, dass ich mich anstrengen muss, überhaupt etwas zu verstehen. »Er hat gesagt, er fährt gleich los und ist in dreißig Minuten da. Was mache ich denn jetzt? Lilly, er bringt mich um!«
    Dann fängt Amy wieder an zu weinen, und der Moment fühlt sich ziemlich nach dem tragischen Showdown einer Fernsehserie an. »Dann müssen wir eben schneller sein als er!«, sage ich schließlich schulterzuckend.
    Wir sehen uns einen Augenblick lang an, unbeweglich. Dann muss ich grinsen und Amy auch, obwohl es definitiv der falsche Zeitpunkt dafür ist.
    Lachend hetzen wir beide durch das Zimmer, suchen unsere Kleidung zusammen und stopfen den Großteil von Amys Sachen in ihre Tasche, dann flitzen wir los.
    Sieben Minuten später stehen wir ziemlich außer Atem in meiner Wohnung, und Amy ist noch blasser im Gesicht als ich, wenn ich drei Tage lang nichts gegessen habe.
    »Ich verschwinde wieder ins Passion, sonst wird Eriko noch sauer«, sage ich und zeige Amy schnell die wichtigsten Sachen in meiner Wohnung. »Fühl

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