Splitterndes Glas - Kriminalroman
besonders viel mitgenommen und der Schaden hielt sich in Grenzen. Zuerst dachte ich, es wären Jugendliche gewesen, die sich Sachen aus dem Kühlschrank genommen und Blödsinn an die Wände gekritzelt hätten.«
»Was für Blödsinn?«
»Ach, das ist nicht wichtig. Das Betrugsdezernat ermittelte immer noch und andere Mitglieder des Stadtrats waren vernommen worden. Das wusste ich, weil einige von ihnen zu mir kamen und mich beschuldigten, Unfrieden zu stiften und Lügen zu verbreiten. Ich erwiderte, dass sie sich |346| ja keine Sorgen machen müssten, wenn sie nichts Unrechtes getan hätten.«
Allens Mund war trocken und er fuhr sich schnell mit der Zunge über die Lippen.
»Dann wurde ich eines Abends spät angerufen. Der Anrufer meldete sich nicht, aber es war Prince. Das wusste ich. Er sagte … Er fragte mich, wann ich …« Allen sah zur Seite. »Er nannte den Namen eines Jungen und fragte mich, wann ich ihn zuletzt gesehen hatte. Es war ein Junge, mit dem ich … mich angefreundet hatte. In einem kirchlichen Jugendklub, den ich manchmal besuchte. Ich war im Vorstand dieses Klubs und ging regelmäßig hin, um mich davon zu überzeugen, dass … um die Leute dort zu unterstützen.«
Ein Schluchzen blieb in Allens Kehle stecken.
»Das war … Sie müssen mir glauben … da ist überhaupt nichts passiert. Aber er sagte, Prince sagte …«
Will beugte sich vor und ergriff Allens Arm. »Es ist okay«, sagte er. »Es ist okay.«
Allen schniefte und suchte nach einem Taschentuch. »Tut mir leid.«
»Alles in Ordnung.«
Allen wischte sich noch einmal übers Gesicht. »Am nächsten Morgen ging ich zu Challoner und zog meine Aussage zurück. Es war feige, ich weiß, und ich schäme mich immer noch deswegen.«
»Sie sind kein Feigling«, sagte Will. »Und was Sie getan haben, ist verständlich. Ich glaube nicht, dass Sie sich schämen müssen.«
Wieder kamen Allen die Tränen und er umklammerte Wills Hand.
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Zwei Tage vergingen. Drei. Die Handyfotos, die ins Internet gestellt worden waren, wurden bearbeitet, hatten aber bislang noch nicht zu einer eindeutigen Identifizierung geführt. Die Fingerabdrücke, die die Techniker von dem Stück Holz aus dem Fluss abgenommen hatten, kamen mit dem Vermerk ›Nicht verwertbar‹ aus dem Labor zurück. Jetzt wollten die Kriminaltechniker vor Ort das Labor des Innenministeriums in Sandridge um Hilfe bitten.
Nach wie vor drohte Adam Priestleys Familie damit, rechtliche Schritte einzuleiten. Die Beamten, die Liam Ibbotson verhörten, stellten fest, dass er einen Vetter namens Evan hatte, der in Cambridge lebte. Dieser durfte keine Heimspiele von Cambridge United mehr besuchen, und zwar wegen antisozialen Verhaltens: Er hatte schwarze Spieler verhöhnt, rassistische und schwulenfeindliche Parolen gegrölt, einen der Ordner des Clubs tätlich angegriffen, Münzen auf den Torwart der Besucher geworfen und einen der gegnerischen Fans mit einem halben Ziegelstein getroffen.
Evan wurde prompt einkassiert.
Liam, klar, den traf er hin und wieder, sie waren schließlich verwandt. Aber jetzt schon ’ne Weile nicht mehr. Zwei Monate? Nicht seit der Scheißkerl ’ne brandneue Xbox bei uns geklaut und im Pub verscheuert hat. Dieser ganze Scheiß mit rassistischen Parolen, das ist voll der Schwachsinn. Einer von meinen besten Kumpeln is’ schwarz, klar? Sein Alter kommt aus Mali, und viel schwärzer geht gar nicht. Die Sache is’ die, dass wir diese Fahne haben. Extragroße St-Georgs-Fahne. Die ham wir immer mitgehabt, Auswärtsspiele, überall. Nicht wie diese bescheuerten Idioten, die alle vier Jahre Fähnchen an ihr Scheißauto stecken, |348| weil Weltmeisterschaft is’. Nee, das ham wir jeden Samstag gemacht, auch wenn’s gepisst hat. Und die Sache is’, wenn man da is’, hängt man die Fahne hinter sich auf, dann sehn sie alle, und vielleicht gibt’s auch ’n paar Gesänge, nicht wir, könnte praktisch jeder sein, und dann denkt irgend so’n hirnloser Idiot, so einer, bei dem der Kopf da is’, wo sonst der Arsch is’, das da oben sind die Rechten. Echt krank ist das. Wir stehn da mit der St-Georgs-Fahne, der Fahne von unserm eigenen Land, und die denken, das heißt, wir sind Scheißrassisten und wolln die Nigger rausschmeißen. Verstehn Sie, was ich meine? Das ist echt voll der Schwachsinn. Okay, ich meine, ich würd vielleicht die Rechten wählen, wenn ich den Arsch hochkriegen würde. Aber das is’ ja nicht, wovon wir reden, wir reden
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