Splitterndes Glas - Kriminalroman
Will.
»Er ist ziemlich selbstsicher, das ist das eine«, sagte Parsons. »Er und sein Bruder sind wie Tag und Nacht.«
»Könnte Fassade sein.«
»Könnte sein.«
»Er ist einmal davongekommen – mit der Brandstiftung, meine ich – und denkt, dass er wieder davonkommen wird. Wenn er nebenbei Sachen für Prince erledigt, hat er sich vielleicht gestern bei ihm gemeldet, und Prince hat ihm |386| geraten, hartnäckig zu leugnen. Hat versprochen, sich um ihn zu kümmern und ihm einen guten Anwalt zu besorgen, wenn es hart auf hart kommt.«
»Vorausgesetzt, er hält den Mund.«
»Das vorausgesetzt.«
»Das ist ein großer Bogen, den Sie da schlagen«, sagte Parsons. »Prince und Bryan. Prince und dieser junge Mann, Maitland.« Er ging ans Fenster und sah hinaus. »Dieses verdammte Wetter. Ich will schon ewig mit meinen Kindern zelten gehen. In Derbyshire, wissen Sie. Ich denke immer: Okay, es wird schon besser werden. Vielleicht am nächsten Wochenende. Und immer, wenn es eigentlich wärmer werden sollte, fällt die Temperatur noch mal um fünf Grad, oder es ist einer dieser Tage, an denen man die ganze Zeit mit Standlicht rumfährt wie im Nebel.«
»Es ist nun mal England, Chris.«
»Soll das heißen, es ist immer so?«
»Meistens.«
»Warum ist es dann immer eine Überraschung?«
Will trat von dem Aktenschrank weg. »Weil wir Optimisten sind? Immer auf das Beste hoffen?«
»Was halten Sie von einer Gegenüberstellung?«
»Was haben wir zu verlieren?«
»Können Sie sich mit dieser Journalistin in Verbindung setzen?«
Will nickte.
Parsons griff nach seinem Telefon. »Dann packen wir die Sache mal an.«
Auf der linken Gesichtshälfte hatte Lesley immer noch blaue Flecken, und ihre Hüfte tat beim Gehen weh. Der Beamte, der die Gegenüberstellung durchführte, erklärte das Vorgehen ganz genau, aber auf eine Weise, dass Lesley |387| das Gefühl bekam, eine Prüfung zu machen, bei der sie nicht versagen dürfte. Der Einwegspiegel, versicherte er ihr, würde ihr erlauben, die acht Männer deutlich zu erkennen, ohne dass sie selbst zu sehen sei.
Acht junge Männer, die ungefähr gleich groß waren und eine bunte Auswahl an Trainingsanzügen und Jeans trugen.
Bevor Lesley hereingekommen war, hatte Lee Maitland einen flüchtigen Blick auf das Blatt mit den Verfahrensregeln geworfen und dann seine Unterschrift daruntergesetzt. Wenn Howard Prince ihm den Anwalt in seiner Begleitung besorgt hatte – einen gelangweilten Dreißigjährigen in einem schäbigen Anzug, der an ihm runterhing wie Wäsche von der Leine –, dann hatte er nicht tief in die Tasche gegriffen.
Maitland lehnte eine der Personen aus der Reihe ab, und einem jungen Police Constable wurde gesagt, er solle sich schnell etwas Geeignetes anziehen und einspringen. Maitland wählte sich seinen Platz in der Reihe, überlegte es sich anders und fand einen neuen.
Erst dann wurde Lesley in den Raum gebracht. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie ging langsam und sah in jedes Gesicht, blieb stehen, drehte sich um und lief zurück. Dort, der vierte in der Reihe, war da der Anflug eines Lächelns in seinen Augen? Sie bemühte sich, sein Gesicht mit dem des jungen Mannes zu vergleichen, der auf dem Platz so plötzlich aufgetaucht war. Mit dem Gesicht, das sie gesehen hatte, als der Mann mit der Hand ausholte, die Faust schwang.
Sie ging weiter. Wieder am Anfang angelangt, kehrte sie um und lief noch einmal an dem Einwegspiegel vorbei.
»Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen«, sagte der Beamte.
»Können Sie sie etwas sagen lassen?«, fragte Lesley.
|388| »Sicher. Aber ich muss Sie darauf hinweisen, dass die Teilnehmer dieser Gegenüberstellung nur aufgrund ihrer körperlichen Erscheinung ausgewählt wurden, nicht aufgrund ihrer Stimme.«
Lesley erwiderte, das verstehe sie.
»Was sollen sie denn sagen?«
»Ich möchte, dass sie sagen: ›Lass los, du miese Nutte!‹ Und das sollen sie laut ausrufen.«
Es dauerte mehrere Minuten, das zu arrangieren, und dann riefen sie es tatsächlich, einige mit Genuss, einige eher zaghaft, weil sie Angst hatten, sich gehen zu lassen.
Diese Augen, lächelten sie dieses Mal unübersehbar?
Eigentlich nicht, nein. Es gab nichts mehr, das sie tun konnte.
»Befindet sich die Person, die Sie auf dem Commerce Square überfallen und versucht hat, Ihnen die Handtasche zu rauben, unter diesen Männern?«, fragte der Beamte.
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte Lesley. »Es tut mir leid, aber ich bin
Weitere Kostenlose Bücher