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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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hat?«
    Will nickte. »Nick Moyles macht die Runde.«
    Detective Sergeant Moyles war in der Vereinigung schwul-lesbischer Polizisten aktiv, und trotz seines gelegentlichen Protests wurde er oft bei Ermittlungen hinzugezogen, die mit der schwulen Szene zu tun hatten.
    »Dafür ist er dir sicher dankbar«, sagte Helen.
    Will zuckte die Achseln. »Freigetränke in der Arbeitszeit.«
    »Aber bisher keine Ergebnisse?«
    »Nichts.«
    Ausnahmsweise fanden sie einen Parkplatz, und Will parkte gekonnt ein. Es war kalt geworden, und die Temperaturen sollten nachts noch weiter fallen.
    »Ich komme in einer Minute nach«, sagte Helen, als sie aus dem Wagen gestiegen waren. »Ich rauche nur eine Zigarette.« Will bedachte sie mit seinem Deine-Beerdigung-Blick. »McKusick«, fuhr Helen unbeteiligt fort, »ist immer noch dein Kandidat, richtig?«
    Das Foto von McKusick und Bryan stand Will vor Augen, der zerbrochene Rahmen, das Foto: zerrissen und |57| noch einmal zerrissen.
Ich will dein Gesicht nicht mehr sehen
. »Deiner nicht?«
    Helen klopfte eine Zigarette aus der Packung. »Vielleicht. Ich bin mir nicht so sicher.«
    Will nickte und wollte gehen.
    »Es tut mir leid«, sagte Helen. »Wegen vorhin. Dass ich dir so zugesetzt habe. Ich hatte nicht die Absicht, dir auf die Nerven zu gehen.«
    Will lächelte. »Ja, das ist dir gelungen.« Er trat zur Seite. »Bis gleich, ja?«
    »Ja.« Helen ließ das Feuerzeug klicken und verkleinerte die Flamme mit dem Daumen.

5
    Und wenn eins deiner Kinder am frühen Morgen nach Hause kommt und blutet, weil es vergewaltigt wurde, was sagst du dann?
Wills Spiegelbild starrte ihn aus der Fensterscheibe an. Auch nachdem sie gefüttert worden war, war Susie nicht zur Ruhe gekommen, und damit Lorraine weiterschlafen konnte, hatte Will sie aus dem Bettchen genommen und sorgfältig in eine Decke gewickelt. Jetzt hielt er sie, wie sie es mochte: Sie lag in seinem Arm und an seiner Brust, ihr Kopf direkt über der Armbeuge an der weichen Innenseite seines Oberarms. Die Haut über ihren geschlossenen Augen war zart malvenfarbig und hauchdünn.
Was sagst du dann?
Er legte seine Fingerspitzen auf ihre Stirn, um das Haar zur Seite zu streichen, und ohne aufzuwachen, bewegte sie sich.
    Wie so oft hatte sich der Schlaf für Will als eine heikle Angelegenheit erwiesen, war überhaupt keine Erholung gewesen, denn er hatte dagelegen und versucht, all die einzelnen Teile zu einem Ganzen zusammenzubringen. |58| Die neuesten Ergebnisse aus dem Labor waren am späten Nachmittag eingetroffen. Die Form und Größe verschiedener Impressionsfrakturen an Stephen Bryans Schädel verwiesen auf den Gebrauch eines recht schmalen Gegenstandes mit harten Kanten, eher hart als scharf und eher aus Holz, wie bestätigt wurde, als aus Metall.
    Mehrere Haare, die nicht Bryan gehörten, waren auf dem Sofa im Wohnzimmer gefunden worden, einige auch im Schlafzimmer, und eines an der Badezimmertür, wo es sich an der unebenen Kante verfangen hatte. Die Analyse der DNA hatte ergeben, dass die Mehrzahl der Haare von McKusick stammte, was nicht wirklich überraschend war.
    Spuren von Sperma hatten sich auf einem der Handtücher befunden, die im Korb für die schmutzige Wäsche lagen: Ein Teil davon stammte von Bryan, jedoch nicht alles. Von McKusick war es allerdings auch nicht. Die Probe wurde weiter untersucht, um festzustellen, ob es eine Übereinstimmung der DNA mit einem der vereinzelten Haare gab, die nicht zugeordnet werden konnten. So oder so, die Entdeckung des Spermas wies darauf hin, dass Bryan im Widerspruch zu McKusicks Beteuerungen irgendwann in der vorangegangenen Woche Sex mit jemandem gehabt hatte, der bis dato noch unbekannt war.
    Jemand, der ihn getötet haben könnte.
    Wenn Mark McKusick es nicht gewesen war.
    Natürlich konnten sie jetzt noch nicht in Erfahrung bringen, ob die Person, mit der Bryan Sex gehabt hatte, und die Person, die ihn getötet hatte, ein und dieselbe war. Es konnte sich ebenso gut um zwei verschiedene, noch nicht identifizierte Männer handeln. Und wenn es zwei Männer waren, überlegte Will, bestand irgendeine Verbindung zwischen ihnen? Möglicherweise durch Bryans Sexualität? Oder waren es Fremde? Die sich nie getroffen hatten?
    |59| Susie bewegte sich noch einmal in seinem Arm und kam dann zur Ruhe. Will bemerkte, dass die Ecken des Fensters beschlagen waren; das Fenster selbst war um der Aussicht willen besonders breit: ein großer Streifen Himmel, überraschend wenige Sterne, der Mond in

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