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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Meine Eltern und ich. Aber sie waren danach so mitgenommen, dass ich sie nicht allein lassen wollte.«
    Warum hat Irving mir das nicht gesagt?, fragte sich Will. |62| Aber vielleicht hatte er das, vielleicht gab es eine E-Mail oder eine Notiz, die Will noch nicht gesehen hatte.
    »Ich weiß gar nicht, ob ich Ihnen viel mehr sagen kann, als Paul Irving Ihnen bereits mitgeteilt hat«, sagte er.
    »Wirklich?«
    »Wirklich.«
    Sie bedachte ihn mit einem kritischen Blick. »Sie leiten die Ermittlung?«
    »Das ist richtig«, sagte Will. Er war in die Defensive geraten, was ihm überhaupt nicht gefiel.
    »Der Beamte, der uns betreut hat«, sagte Lesley, »Irving? Er hat die wesentlichen Fakten dargelegt, die offizielle Version, aber das war alles. Er hat uns nichts über mögliche Verdächtige gesagt oder in welche Richtung die Ermittlung geht. Ohnehin ist die Polizei bis jetzt nicht besonders mitteilsam gewesen. Was bedeutet, dass ein Großteil dessen, was die Medien bringen, reine Spekulation ist, es sei denn, es handelt sich dabei um Insiderinformationen. Ein Raub, das wird in den Zeitungen behauptet. In einigen jedenfalls. Die anderen walzen Stephens Sexualleben aus, und das ist es auch schon.«
    Ein Streifenwagen mit zwei Beamten in Uniform scherte aus einem Parkplatz neben ihnen aus, und sie traten zur Seite, um ihn vorbeizulassen.
    »Hören Sie«, sagte Lesley, »Sie können sich vorstellen, in welcher Verfassung meine Eltern sind. Alle beide können immer noch nicht glauben, was passiert ist. Wenn es etwas gibt, das ich ihnen erzählen kann, etwas Positives, wäre das eine Hilfe.«
    Will zögerte, hatte das Gefühl, in die Ecke gedrängt zu werden.
    »Ich verlange ja nicht, dass Sie Staatsgeheimnisse ausplaudern, ich möchte nur ein Gespräch. Und falls Sie sich |63| Sorgen machen: Alles, was sie sagen, bleibt unter uns. Das hier hat nichts mit meiner Arbeit zu tun. Es ist persönlich. Sie haben mein Wort.«
    »Dann kommen Sie mit hinein«, sagte Will.
     
    Während der größte Teil der Kriminalpolizei in einem Großraumbüro untergebracht war, brachte Wills Dienstgrad ihm ein eigenes Büro ein, ein Kabuff, wie er es gerne nannte, obwohl es Platz für einen bescheidenen Schreibtisch, einen Aktenschrank mit zwei Schubladen und zwei Stühle gab. Er bot Lesley Tee oder Kaffee zu trinken an, aber sie schüttelte in nüchterner Manier den Kopf. Sie zog ihren Mantel aus, folgte Wills Vorschlag und hängte ihn an die Innenseite der Tür über den North-Face-Anorak, der dort für schlechtes Wetter hing. Die Tasche stellte sie neben ihre Füße.
    »Es ist am einfachsten«, sagte Will, »wenn Sie mir sagen, was Sie wissen, und dann versuche ich, die Lücken zu füllen.«
    »In Ordnung. Aber es ist nicht viel. Das ist das Problem. Stephen wurde in seinem eigenen Haus getötet, so viel weiß ich. Er wurde erschlagen. Höchstwahrscheinlich, wie einige Zeitungen vermuten, von jemandem, den er kannte.«
    Ihre Stimme begann zu versagen und unvermittelt wandte sie den Kopf ab. Will meinte, sie würde die Fassung verlieren und in Tränen ausbrechen, aber sie fing sich und sprach weiter.
    »Außer der Vermutung, dass das Motiv eventuell ein Raub war, ist das alles. Mehr weiß ich nicht.«
    »Wie ich schon zu sagen versucht habe, kann ich kaum etwas hinzufügen«, sagte Will. »Ich wünschte, es wäre anders.«
    |64| »Aber Sie müssen doch irgendwelche Vorstellungen haben? Es muss doch Verdächtige geben? Hinweise?«
    »Es gibt Ermittlungsansätze, denen wir folgen, natürlich.« Er merkte, wie lahm das klang: wie die übliche einlullende Standard-Pressemitteilung.
    »Sie wollen damit sagen«, sagte Lesley und lehnte sich zurück, »dass Sie immer noch keinen blassen Schimmer haben, wer Stephen umgebracht hat und warum.«
    »Hören Sie   …«, sagte Will verärgert, hielt aber inne. »Wie Sie sagen, gibt es die Möglichkeit, dass die Tat im Zuge eines Raubs verübt wurde   …«
    »Glauben Sie das wirklich?«
    »Nun, der Laptop Ihres Bruders wurde gestohlen. Seine Brieftasche, die Kreditkarten und so weiter. Ein Großteil des Hauses wurde auf den Kopf gestellt, besonders das Arbeits- und das Schlafzimmer, als hätte der Täter noch nach anderen Wertsachen gesucht.«
    Lesley blickte ihn weiterhin fest an, und obgleich er ein Stück weit glaubte, was er sagte, schienen ihm seine Worte hohl zu klingen.
    »Eines ist klar«, sagte Will, »es gab keine Anzeichen eines Einbruchs. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass es sich bei dem

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