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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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»Das lässt sich mit einer halben Stunde im Badezimmer beheben.«
    Lesley sah auf die Uhr. »Ich habe keine halbe Stunde.«
    »Komm«, sagte Natalie und ergriff ihre Hand. »Ich helfe dir.«
    Nach etwa zehn Minuten war Lesley wieder in einem Zustand, in dem sie zur Arbeit zurückkehren konnte. »Ich hab’s dir immer noch nicht erzählt«, sagte sie bei den letzten Feinarbeiten vor dem Spiegel.
    »Was erzählt?«
    »Wann ich gemerkt habe, dass Stephen schwul ist.«
    »Das ist doch nicht wichtig.«
    »Ich denke, es gibt keinen genauen Zeitpunkt«, sagte Lesley. »Keine überraschenden Enthüllungen, keinen entscheidenden Moment. Irgendwann wurde es mir einfach klar – mit dreizehn oder vierzehn, glaube ich, das heißt Stephen war schon mit der Schule fertig und ging zur Universität. Mir wurde einfach klar, dass er es war. Schwul.«
    »Und es hat dir nichts ausgemacht? Ich meine, du warst nicht – ich weiß nicht – angewidert oder so? Ich versuche gerade, mich daran zu erinnern, wie ich in dem Alter war.«
    Lesley lächelte. »Nein. Er war einfach Stephen.«
    Natalie gab ihr einen flüchtigen Kuss und drückte ihre Hand. »Verschwinde lieber schnell von hier. Bevor es wieder von vorn losgeht.«
     
    Und so stellten die Medien den Vorfall vom Abend zuvor dar: Natalie hatte eine fast leere Bierflasche vom Tisch genommen und sie war ihr aus den Fingern gerutscht. Weiter nichts. Es gab Pressefotos, wie sie mit einem Blumengebinde im Krankenhaus auftauchte. Die Blumen waren für die junge Frau mit dem verletzten Auge. Die Verletzung |133| hatte sich als weniger ernsthaft erwiesen, als zunächst befürchtet; eine leichte Narbe würde zurückbleiben, aber mit der Zeit verblassen. In einem kurzen Interview für den lokalen Fernsehsender hatte die Frau den Blumenstrauß an ihren Gesichtsverband gehalten und Natalie von jeder Schuld freigesprochen. »Ein Unfall, das is’ alles. Hätte jedem passieren können.« Lesley fragte sich, ob mehr als Versprechungen im Spiel gewesen waren. So oder so, Scarman hatte ganze Arbeit geleistet.
     
    Für den Rest des Tages wurde Lesley von einer Schlammwelle an Nachrichten mitgerissen: In der Sozialsiedlung Bestwood hatte die Polizei hundertsechzig Festnahmen wegen kriminellen und asozialen Verhaltens vorgenommen; es war der erste Tag des Prozesses gegen die Männer, die man des Mordes an drei obdachlosen Frauen beschuldigte: Zwei der Leichen waren in einem leer stehenden Lagerhaus gefunden worden, die dritte in einer ausgebrannten Wohnung. Wie sich herausstellte, unterrichtete ein wegen des Herunterladens pornografischer Bilder bereits verwarnter Mann in einer Schule in East Anglia, und Elterngruppen in Nottingham forderten Zusicherungen, dass die hiesigen Schulen von solchen Fällen nicht betroffen waren. Vielleicht gab es irgendwo gute Nachrichten, aber wenn es so war, gingen sie an Lesley vorbei.
    Scarman schickte ihr per Kurier eine Karte.
Danke. Wir sollten in Verbindung bleiben! Alles Liebe, Scott
. Wie Konfetti trieben die Stückchen in der Toilettenschüssel, bevor sie verschwanden.
    Und trotz allem schossen ihr immer wieder merkwürdige Gedanken zu dem Mord an Stephen durch den Kopf.
    Irgendwann im Lauf des Nachmittags hatte Lesley fünf Minuten für sich selbst, rief bei der Polizei in Cambridgeshire |134| an und bat darum, entweder mit Detective Inspector Grayson oder Detective Sergeant Walker sprechen zu dürfen. Leider sei das nicht möglich, hieß es. Worum es bei ihrem Anruf gehe? Die Details wurden sorgfältig, ja mühsam notiert, und man versicherte ihr, ihre Nachricht würde weitergeleitet werden und jemand würde zurückrufen.
    »Noch heute Nachmittag?«, fragte Lesley.
    »Noch heute Nachmittag.«
    Aber der Anruf blieb aus.
    Als das Telefon schließlich läutete, war es James Crawford. Er hatte Besuch von der Sicherheitspolizei gehabt, zwei Beamte, die ihn höflich, aber eingehend fast eine ganze Stunde lang befragt hatten, bevor sie wieder gegangen waren.
    »Das kommt davon«, sagte Crawford.
    »Tut mir leid.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Sie sollten sich lieber freuen. Es beweist doch, dass der Lokalsender gehört wird. Wenn auch nur vom sogenannten Staatsschutz.«
    Ein Lächeln huschte über Lesleys Gesicht. Die mussten eine Unmenge von Abba und Neil Diamond über sich ergehen lassen, bevor sie auf etwas irgendwie Subversives stießen.
    »Passen Sie auf sich auf«, sagte sie.
    »Sie auch.«
    Es war nach fünf. Sie erwog, Will Grayson noch einmal anzurufen,

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