Splitterndes Glas - Kriminalroman
zu.
»Stephen Bryan«, sagte er, »wie oft haben Sie ihn getroffen? Insgesamt?«
»Ich sagte doch, nur das eine Mal.«
»Erzählen Sie uns davon. Wie Sie Stephen kennengelernt haben.«
Johnson wiederholte mehr oder weniger genau die Geschichte, die sie schon gehört hatten.
»Und das war das einzige Mal, dass Sie ihn gesehen haben? Diese eine Nacht? Der Morgen danach?«
»Ja.«
»Sind Sie sicher?«
|144| »Natürlich bin ich sicher.«
»Und warum?«
»Ich verstehe nicht.«
»Angenommen, Sie haben sich gut verstanden, wie kommt es, dass Sie ihn nur dieses eine Mal gesehen haben?«
»Das hat Stephen ganz deutlich gemacht. Vorher, wissen Sie. Bevor ich mit zu ihm gegangen bin.«
»Und danach hat er seine Meinung nicht geändert?«
Johnson schüttelte den Kopf. »Eine einmalige Sache. Das hat er gesagt.«
»Sie haben nicht versucht, ihn umzustimmen?«, fragte Helen.
Johnson nickte, ohne ihren Blick zu erwidern.
»Entschuldigung?«, sagte Helen.
»Ich … Doch, ich habe es versucht. Ich habe ihn gefragt …« Johnson schüttelte den Kopf.
»Sie mochten ihn also?«
»Ja.«
»Was haben Sie gedacht, als er ermordet wurde?«
»Ich habe nicht … Ich konnte es nicht glauben … Das kann man nicht, oder? Nicht von jemandem, den man kennt. Den man gekannt hat. Es war schrecklich. Furchtbar. Was passiert ist. Was in der Zeitung stand.«
Johnson schloss die Augen.
»Ich möchte, dass Sie gut nachdenken«, sagte Will. »Hat Stephen Bryan irgendetwas zu Ihnen gesagt, das von Belang sein könnte für das, was später geschehen ist?«
Johnson sah auf. »Was sollte das sein?«
»Irgendetwas. Irgendeine Bemerkung.«
»Mir fällt nichts ein …«
»Lassen Sie sich Zeit.«
Nach ein paar Augenblicken schüttelte Johnson den Kopf. »Tut mir leid.«
|145| »Hat er andere Leute erwähnt?«, sagte Helen. »Andere Männer, Zufallsbekanntschaften vielleicht?«
»Nein. Eigentlich nicht. Ich habe ihn gefragt, ob es jemanden gäbe. Etwas Ernsthaftes, wissen Sie, und er sagte, nein, nicht mehr.« Johnson fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, als wären sie plötzlich ausgetrocknet. »Da stand ein Foto neben dem Bett. Stephen mit einem Mann. Ich habe ihn gefragt, ob das der Betreffende sei, und er sagte Ja. Ich weiß gar nicht, warum ich es immer noch da stehen habe, sagte er. Er … er drehte es um, bevor wir … bevor wir ins Bett gingen.«
»Hatten Sie den Eindruck, dass er andere Männer getroffen hat, seit diese Beziehung zu Ende war?«, fragte Will.
»Ich glaube nicht. Ich meine, ich habe ihn nicht gefragt, nicht direkt, und er hat nichts gesagt. Aber nein, das war nicht mein Eindruck. Obwohl …«
Er zögerte, war unsicher.
»Obwohl was?«
»Als wir ankamen, in seinem Haus, war da eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Stephen schaltete ihn quasi automatisch ein, aber sobald er die Stimme hörte, schaltete er wieder ab.«
»Erinnern Sie sich daran, worum es dabei ging?«, hakte Will nach.
»Nicht so genau. Ich habe nicht weiter darauf geachtet.« »Aber Sie haben etwas gehört?«
Johnson nickte. »›Ich meine es wirklich ernst.‹ Ich glaube, das war es. Jedenfalls etwas in der Art.«
»›Ich meine es wirklich ernst.‹«
»Ja.«
»Waren das die genauen Worte?«
»Ich weiß nicht. Ich glaube, ja.«
»Und das ist alles, woran Sie sich erinnern?«
|146| »Ja. Aber, wie gesagt, Stephen hat sofort ausgeschaltet.«
»Was für eine Stimme war es?«, fragte Helen. »Männlich, weiblich?«
»Männlich, ganz sicher.«
»Wie alt?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe nicht genug gehört.«
»Denken Sie nach. Ihr Alter? Älter?«
»Bestimmt älter.«
»Vierzig? Fünfzig? Noch älter?«
Johnson schüttelte den Kopf. »Mitte vierzig vielleicht. Schwer zu sagen.«
»Irgendein Dialekt?«
Johnson dachte darüber nach. »Ein leichter, ja. Nicht sehr stark. Aber keine Standardaussprache. Irgendwie nördlich, glaube ich. Yorkshire vielleicht. Südliches Yorkshire. Sheffield. Ich hatte einen Freund an der Uni, der war aus Sheffield. Der hörte sich so ähnlich an.«
»Und war diese Stimme wütend? Ruhig? Sachlich?«
»Nein, nicht wütend, eher fest. Entschlossen. Als würde der Sprecher kein Nein akzeptieren.«
»Dann war sie drohend?«
»Ja, ich denke schon. Drohend. Das könnte man sagen.«
»Und wie hat Stephen reagiert? Außer dass er abgeschaltet hat? Wirkte er eingeschüchtert?«
»Nein, nicht eingeschüchtert. Wenigstens glaube ich das nicht. Eher verärgert. Sauer,
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