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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Material.
    Zufall?
    Zufall oder Absicht oder überhaupt nichts?

|159| 13
    Helen sah durch Wills Bürofenster hinüber zum Parkhaus und zum YMCA.   Hässliche Gebäude alle beide, die jetzt von der Dämmerung eingehüllt wurden. Vielleicht bemerkte man ihre Hässlichkeit in Cambridge umso stärker. »Ich habe darüber nachgedacht, was Bryans Schwester vorgebracht hat   …«
    »Das angeblich verschwundene Manuskript.«
    »Ja.«
    »Was ist damit?«
    »Ich habe mich mit ein paar Verlagen in Verbindung gesetzt, mit denen Bryan zusammengearbeitet hat. Bei einem hieß es, Bryan habe vor einer Ewigkeit von diesem Plan gesprochen und eine Art Exposé vorgelegt, aber sie konnten sich nicht einigen. Offenbar ist es ein eher kleiner, spezialisierter Verlag, und Bryan meinte, das Buch sei für eine größere Leserschaft bestimmt. Deshalb wollte er es gerne woanders rausbringen.«
    »Aber der Verleger hat das Buch nicht gesehen?«, erkundigte sich Will.
    Helen schüttelte den Kopf. »Nur einen Entwurf. Ein paar Notizen, sagt er. Mehr nicht.«
    »Hatte er eine Idee, mit wem Bryan sonst darüber gesprochen haben könnte?«
    »Er hat Vermutungen angestellt und mir ein paar Namen genannt. Ich habe mit einem Lektor gesprochen, der sich etwa vor einem Jahr ein paarmal mit Bryan getroffen hat. Im Wesentlichen hat er Bryan mitgeteilt, sein Verlag sei interessiert und er würde gerne die ersten Kapitel sehen, sobald sie fertig seien.«
    »Und?«
    »Und nichts. Bryan hat ihm nie etwas vorgelegt.«
    |160| »Kann er es nicht woanders untergebracht haben? Weil die Bedingungen besser waren?«
    »Ich glaube nicht. Ich habe das, so weit es ging, überprüft.«
    »Du warst fleißig.«
    »Ja.«
    »Hast aber lauter Nieten gezogen.«
    Helen lächelte und zuckte leicht mit den Achseln. »Das ist Polizeiarbeit.«
    »Ganz genau.«
    »All das überzeugt dich nicht, stimmt’s?«, sagte Helen.
    »Wenn du nichts anderes liefern kannst, ist McKusick immer noch unser heißester Tipp.«
    Jetzt war Helen an der Reihe, nicht überzeugt zu wirken.
    »Wir sollten uns noch einmal McKusicks Freunde vornehmen. Und Bryans auch«, sagte Will. »Wir sollten noch weiter zurückgehen. Wenn Rouses Geschichte von McKusicks Wutanfall stimmt, ist es schwer, zu glauben, dass so etwas nicht schon früher mal passiert sein soll. Mit ein bisschen Glück graben wir etwas aus, das unseren Bemühungen Nachdruck verleiht, wenn wir McKusick das nächste Mal in die Mangel nehmen.«
     
    Es war keine gute Nacht. Susie war um halb zwei und Viertel vor vier aufgewacht; eine halbe Stunde später war Jake in ihr Zimmer gekommen. Er hatte schlecht geträumt, weigerte sich, in sein eigenes Bett zurückzugehen, und zwängte sich zwischen sie. Fehlte nur noch, dass das Telefon läutete. Das tat es natürlich auch, und zwar gerade als beide, Will und Lorraine, wieder eingeschlafen waren.
    Lorraine ging ran.
    »Will«, sagte sie und stieß ihn an, sodass er endgültig wach wurde. »Für dich. Helen.«
    |161| Unter Stöhnen setzte er sich auf. »Was ist los?«
    »Mir ist etwas eingefallen. Es war bei Bryans Korrespondenz. Ein Brief von einem Rechtsanwalt. Eine Art Abmahnung. Hatte mit seinen Recherchen zu tun. Warte mal – ich hab ihn hier.«
    »Wo bist du überhaupt?«
    »Im Büro.«
    Will sah auf den Wecker. »Es ist noch nicht mal halb sechs.«
    »Ich konnte nicht schlafen.«
    Willkommen im Klub, dachte Will.
    »Hör zu«, sagte Helen.
    »›Mit größtem Nachdruck fordern wir Sie dazu auf, von allen weiteren Versuchen Abstand zu nehmen   …‹«
    »Abstand zu nehmen?«
    »So steht es hier. ›Von allen weiteren Versuchen Abstand zu nehmen, Mitglieder der Familie zu befragen oder anderweitig zu belästigen.‹«
    »Welcher Familie?«
    »Wird nicht deutlich. Stella Leonards, nehme ich an.«
    Will schwang herum, sodass seine Füße den Boden berührten; jetzt wo er wach war, musste er pinkeln gehen. »Woher kommt der Brief? Welche Kanzlei?«
    »Anstruther, Parks und Quince.«
    »Hier am Ort.«
    »Ja. Willst du hingehen und mit ihnen reden?«
    »Meinst du, das sollten wir tun?«
    »Ich meine, das sollten wir tun.«
    »In Ordnung. Warum wartest du nicht ein paar Stunden und machst dann einen Termin?«
    »Gut. Grüß Lorraine von mir. Es tut mir leid, dass ich sie geweckt habe.«
    »Mach ich.«
    |162| Aber Lorraine war bereits im Badezimmer und ließ den Tag angehen.
     
    Die Studentin, die beinahe gegen Will prallte, trug weiße Strumpfhosen unter einem Jeansrock, der kaum so breit war wie

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