Splitternest
zurückkehren. Binhipar soll seinen Triumph nicht lange auskosten.«
Rauch und Nebel, Grau und Weiß, trockene Hitze und eisige Nässe. Die alten Feinde trugen ihren Streit über dem Palidonischen Hochland aus; fegten über glühende Felsen hinweg, mischten und durchtränkten sich in einer wilden Schlacht. Hier band ein vom Nebel gelöster Wassertropfen den Ruß und gerann zur schwarzen Träne, die zischend zu Boden fiel. Dort scheuchte ein Gluthauch, von Funken durchwirkt, den Nebel auf und schwärzte ihn mit Asche.
Der Weg der Pracht war im Dunst kaum zu erkennen. Wenig war von der mächtigen Straße geblieben; eine schwarze Linie zwischen geborstenen Steinen. Erbaut von den Arphatern, erweitert vom Kaiserreich – und nun vernichtet von den Feuern. Die Straße des Geronnenen Blutes, jene alte Verbindung zwischen Vara, Thax und Pryatt Parr war nur mehr eine dunkle Spur, das Pflaster geschmolzen. In der Ferne schwelten die Trümmer von Thax, und ringsum glühten die Ebenen des Hochlands. Der Berg Arnos rumorte, spie neuen Rauch aus, um den Nebel zu besiegen. Aber dieser ließ sich nicht verdrängen; geboren vom Nebelriß und getrieben von starken Winden, bettete er sich über das brennende Land.
In seinem Schutz wandelte das Heer der Goldéi, halb mit ihm vereint, halb von ihm getragen. Es kam nur langsam voran. Die Nebelkinder vermieden es, den Boden zu streifen, und doch konnten sie sich nicht ganz von ihm lösen. Goldene Schwerter blitzten auf. In ihren schwarzen Augen tanzte der Feuerschein.
Es mochten wohl eintausend Goldéi sein, die auf dem Weg der Pracht entlangzogen. Sie schwebten in langen Reihen, ihre Körper dicht an dicht; die Eroberer von Bilmephal und Larambroge, die Zerstörer von Kyrion, Nagyra, Harsas und Praa. Sie hatten die falschen Echsenhüllen abgestreift und waren nun wieder ganz Wesen der Sphäre. Doch der Feldzug und die Macht der befreiten Quellen hatten sie geschwächt. Ihre Bewegungen waren schleppend, sie vermochten die Schwerter kaum zu tragen. Die unsteten Finger glitten an den goldenen Griffen ab. Aber sie gaben nicht auf. Ihr Ziel war die Stadt Vara; die wichtigste Bastion der Menschen, die es zu vernichten galt.
An der Spitze schwebte der Scaduif Sazeeme, einer ihrer drei Wegführer. Seine Stimme hallte ihnen voraus; ein zartes Klagen. Es galt den Gefallenen, die auf dem Feldzug ihr Leben verloren hatten, und jenen, die in den vergangenen Jahrhunderten von den Quellen ausgezehrt worden waren. Wenige waren übrig geblieben, und diese waren des Kämpfens überdrüssig. Sie ließen sich vom Nebel tragen, verloren sich fast in ihm. Nur Sazeemes Stimme hielt sie zurück, riss sie aus den Träumen von der Welt, die sie verloren hatten.
Ihr Weg führte über eine Hügelkette hinweg. Hinter dieser erstreckte sich eine weitere Ebene. Glühende Lava floss in tiefen Furchen. Die Rauchwolke, die der Brennende Berg ausstieß, schleuderte Asche auf die Eindringlinge herab. In Flocken blieb sie auf ihren Körpern haften, verfärbte ihr weißes Fleisch. Sie spürten es kaum. Erst, als Sazeeme verstummte, schreckten sie auf.
Vor dem Berg Arnos warteten die Weißstirne. Sie hatten ihre Klingen erhoben. Flammen zuckten an ihnen empor, ihre Augen brannten. Sie waren vereint durch das Auge der Glut, und entschlossen, den Zug der Nebelkinder aufzuhalten.
Der Auserkorene stand ganz vorn, seine Füße umflossen von Glut. Sie tauchte ihn in unheilvolles Licht. Die Flammen, die aus seinen Augen hervorstoben, brannten so hell, dass sie schon von weitem zu sehen waren.
Hinter Sazeeme erscholl ein Kreischen. Die Reihen der Nebelkinder öffneten sich, der Dunst zerriss. Unförmige Nebelwesen lösten sich aus dem Heer; die Gehäuteten! Sie brüllten ihren Schmerz in die Welt hinaus und stürzten Nhordukael entgegen. Ihre Glieder entfalteten sich; Zacken aus festem Nebel. So warfen sie sich auf ihn, ihr Kreischen klang verzweifelt.
Er wich nicht zurück, wirbelte nur den Stab in seinen Händen umher und fegte die Angreifer beiseite, als wären sie Spinnweben. Die Macht des Schwarzen Schlüssels riss tiefe Wunden in ihr Fleisch. Nun sprangen ihm Drun und andere Weißstirne zur Seite, ließen ihre Flammenschwerter auf die Gehäuteten niedergehen. Es war, als ob ihre Klingen in Zuber mit kaltem Wasser glitten, denn aus den zerfallenden Körpern schoss Dampf empor. Das Zischen übertonte die Todesschreie.
Nhordukaels Augen loderten hell. »Wie viele sollen noch sterben?« schrie er. »Wie viele
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