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Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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glaubten, es könnte nur Unheil daraus entstehen. Und haben sie am Ende nicht recht behalten?« Kahidas Stimme wurde kräftiger. »Es war nie meine Absicht, sie zu hintergehen. Ich wollte Freundschaft mit ihnen schließen, ich wollte Frieden für alle, die auf Tyran lebten. Wir litten doch so unter der Sphäre, unter den Verfolgungen und Morden. Ich habe das Blutvergießen beendet … mit dem Pakt!«
    Sie trat wieder ins Licht. Nun war sie kein Kind mehr, kein Mädchen mit zerzaustem Haar, sondern eine erwachsene Frau. Sie trug ein prächtiges rotes Kleid. Ihr Bauch und ihr Busen waren voll, das Haar hatte sie hochgesteckt und mit einer Rose geschmückt. Ein breiter, lächelnder Mund beherrschte ihr Gesicht … Nur die Augen waren fremd wie zuvor.
    »Der Pakt, mein Mondschlund, war gut und gerecht. Die Welt den Sphärenwesen und Tyran den Menschen … diese Insel sollte eine Zuflucht werden, und das Eiserne Tor war das Pfand für den Frieden. Diese eine Quelle sollte uns Menschen gehören. Die Sphärenwesen selbst legten ihr Fesseln an.« Kahida lehnte verträumt den Kopf gegen die Säule. »Wie schön war der Frieden! Weißt du noch, wie sich die Stürme legten? Wie das Grollen der Felsen verstummte und auf toten Steinen Blumen sprossen? Rosen … auf der ganzen Insel wuchsen sie und dufteten. Die Geister kamen neugierig in die Dörfer und mischten sich unter das Volk. Die Windgänger trugen die Kinder in die Lüfte empor, die Wellengeister begleiteten unsere Fischerboote aufs Meer und trieben Schabernack mit den Fischern. Und ich ließ Athyr’Tyran errichten; eine Stadt mit Parks und Kanälen, mit bunten Dächern und Rosenfeldern.«
    Rings um Aelarian hellte sich der Saal auf. Auf den Bodenplatten glommen die Rosensymbole golden auf. Ihr Licht blendete ihn.
    »Glückliches Tyran«, fuhr Kahida fort. »Aller Hass war verschwunden. Nur die Nebelkinder hielten sich nicht an den Pakt. Sie krochen nachts durch die Türschlitze in unsere Häuser und mordeten weiter. Ich musste die Menschen vor ihnen schützen.«
    Die Geister schwirrten herbei. Sie schleiften zwei Gefangene mit sich. Es waren Goldéi, gefesselt mit silbernen Ketten. Ölig glänzende Schuppenhaut, hässliche Echsenschädel, in den aufgerissenen Mäulern messerscharfe Zähne …
    »Die Goldéi!« Fasziniert starrte Aelarian die Echsen an. Sie regten sich nicht. Ihre schillernden Augen ruhten zornig auf Kahida.
    »So nennst du sie heute, mein Mondschlund?« fragte Kahida erstaunt. »Damals waren sie als die Rastlosen bekannt, da sie im Krieg gegen uns Menschen keine Ruhe gaben. Drei von ihnen waren besonders unversöhnlich und stachelten die anderen an: Sazeeme, Quazzusdon und Aquazzan. Oft habe ich auf sie eingeredet, sie angefleht, den Weg des Friedens zu wählen. Aber sie wollten nicht hören.
    So zwang ich ihnen eine andere Gestalt auf, wenn sie aus der Sphäre nach Tyran kamen. Jeder Mensch sollte sie auf Anhieb erkennen und fürchten, denn sie waren unsere Feinde und sind es geblieben.«
    Aelarian erinnerte sich an die Nebelwesen, die ihn auf dem Weg in den Talkessel überholt hatten. »Und doch haben sie ihre fremde Hülle abgestreift. Sie sind nicht mehr in ihrer Schuppenhaut gefangen.«
    »Ja, denn die Sphäre verändert sich. Die Nebelkinder befreien sich von meinem Zauber. Nur in meiner Nähe wirkt er noch. Dort draußen sind ihre Körper frei – aber ihre Macht schwindet überall auf Gharax. Spürst du es nicht, mein Mondschlund?« Sie faltete die Hände, als wolle sie ihn um Verzeihung bitten. »Aber nein, du bist es ja nicht, du trägst nur sein Zeichen. Es verwirrt mich. Was willst du von mir? Warum zerrst du mich ins Licht und stellst all diese Fragen? Etwas Furchtbares geschieht auf Tyran … an meinem Grab sah ich ein Kind mit einer goldenen Maske, so mächtig, dass ich geblendet war. Kurz glaubte ich, es wäre dein Freund Sternengänger, aber ich habe mich wohl getäuscht.«
    Aelarian horchte auf. »Ein Kind? War es allein? War jemand bei ihm?«
    »Ja … da war ein Mann an meinem Grab, sein Geist war verwirrt. Sein ganzes Leben lang suchte er die Rosen von Athyr’Tyran und konnte sie nicht finden … nur die Ewige Flamme entdeckte er. Sie brennt in ihm und höhlt ihn aus, denn sie ist nicht für den Menschen bestimmt. Du, Mondschlund, du und dein Freund Sternengänger – ihr habt es gewagt, sie nach Gharax zu tragen! Wie töricht! Ich hätte euch dafür bestrafen sollen.« Kahida stolperte auf Aelarian zu, packte sein Gewand.
    »Was

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