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Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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mit ihr verbunden. Stirbt sein Leib, muss er für immer den magischen Strömen folgen. So bin ich gefangen in den Trümmern meiner Stadt, die so schön und fröhlich war, ehe ihr den Untergang heraufbeschworen habt.« Aus ihren Augen rannen Tränen. »Nun soll ich erwachen! Eine Macht zieht mich aus den Schatten. Ein Kind mit goldener Maske will mich ins Leben zurückholen. Ich kann es nicht verhindern. Ich muss seinem Ruf folgen.«
    Aelarian hatte sich wieder gefangen. Als Kahida ihm das Amulett heruntergerissen hatte, war Mondschlunds Stimme verhallt. Er war wieder Herr der eigenen Sinne. Rasch zog er die Schattenfiguren hervor. »Vielleicht kann man dieses Kind aufhalten. Du kennst die Macht dieser Figuren, Kahida. Wenn selbst deine Geister sie fürchten, wird auch der Knabe vor ihnen zurückschrecken.«
    Angst zeichnete sich in ihrem Gesicht ab. »Die Schattenbrut? Weißt du denn nicht, was sie ist? Geformt aus dem Schwarzen Schlüssel, gefangen in der Dunkelheit, seelenlos und ohne Willen. Mondschlund ließ sie auf die Menschen los, und sie drangen in ihre Körper und machten sie zu seinen Sklaven. Dies war sein Plan – eine Stadt zu erschaffen, in der nichts lebt und nichts stirbt, in der alles unter seiner Herrschaft steht. Eine Stadt unter leerem Himmel, kein Mond und keine Sterne, ringsum kein Land und kein Meer, alle Zeit bedeutungslos.« Sie wies auf die Scherenschnitte. »Zerreiß sie! Wirf sie fort! Wenn die Schatten Gharax beherrschen, ist alle Hoffnung dahin. Und bist du nicht deshalb ein Mondjünger geworden, weil du dir eine bessere Welt erhofftest? Hast du dich nicht deshalb der Magie zugewandt und die Mondsichel angelegt? Zerreiß die Figuren, wenn du frei sein willst.«
    Aelarian zögerte. »Nicht, ehe ich den Auserkorenen gefunden habe. Bringe mich zu dem Jungen mit der Maske … und zu Rumos.«
    Er hatte nur kurz den Blick von ihr abgewandt. Als er aufsah, hatte sich Kahida in das kleine Mädchen zurückverwandelt. Traurig blickte sie ihn an.
    »Warum verlangst du das von mir? Seine Maske wird mich zwingen, ihm zu gehorchen. In ihr wohnt Sternengängers Macht! Er wird mich zwingen, ihm zu dienen; er wird mich in den Kampf gegen Mondschlund hetzen. Aber das wird neues Unheil heraufbeschwören.« Sie sank auf die Steinplatten nieder. »Ich fürchte mich so, Aelarian.«
    Zum ersten Mal sagte sie seinen wahren Namen. Er achtete nicht länger auf die Windgeister, die über ihm durch den Saal schwirrten, nicht auf die anderen Kinder, die hinter der Säule hervorlugten. Langsam reichte er Kahida die Hand.
    »Wir müssen uns ihm stellen. Ich muss erfahren, ob aus den Scherben dieser Welt etwas Neues entstehen kann, das es zu lieben lohnt … so wie du deine Stadt liebst und der Schattenspieler seinen Park. Denn ich bin ein Mensch, ich lebe – und sterbe ich, will ich in Frieden gehen und kein Geist werden wie du. Hilf mir, Kahida! Hilf mir, ihn aufzuhalten.«
    Ihre Hand legte sich in die seine. Kalte, geisterhafte Finger, kaum zu spüren. »Dann komm«, sagte sie. »Lass uns zu meinem Grab gehen; dort wird der Knabe erscheinen, wenn er mich erwecken will. Die Nebelkinder werden uns nicht sehen, wenn du an meiner Seite bist.«
    Sie zog ihn mit sich, und Rosenduft stieg in Aelarians Nase, süß und unwirklich wie eine Erinnerung, die sich kaum festhalten ließ.
     
    Die Sonne ging unter. Ihre letzten Strahlen tauchten die Trümmer in rotgoldenes Licht. Die Säulen warfen lange Schatten. Athyr’Tyran versank in Dunkelheit.
    Nur in einer Ruine flackerte Licht. Flammenschein tanzte auf den Mauern, huschte über Felsbrocken, spiegelte sich in den Augen von Rumos Rokariac. Der Körper des Bathaquari zitterte. Seine Augen waren auf Laghanos gerichtet und auf die Maske, unter der Flammen loderten.
    Laghanos lag regungslos auf der Steinplatte. Nur seine Brust hob und senkte sich.
    »Er lebt, Carputon … ja, und leben muss er!« Rumos’ Finger gruben sich in den Sand. »Bald kehrt er zurück, und sieh, seine Maske … sie schmilzt! Der Auserkorene gewinnt an Kraft! Bald schlägt die Stunde, die wir ersehnten … die Stunde der Bathaquar. Durta Slargins Plan ist gescheitert, Mondschlunds Lügennetz durchschnitten … und ich, Carputon, befreie mich endlich von dir!« Er hielt kurz inne. »Von mir, o mein Herr Rumos? Weil du mich fürchtest, weil du spürst, dass Laghanos zu stark sein wird für deine Kraft! Niemals wird dieses Kind dein treuer Knecht wie ich, o Rumos … ich, ein Teil von dir, den du hasst und

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