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Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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lange er nun schon in der Sphäre gefangen war, seit wie vielen Tagen er Mondschlunds Lügen las. Die Legende einer Stadt, die niemals hätte entstehen dürfen. Wahnwitzige Bauten aus Glas, ersonnen von Sardresh dem Schwärmer, doch letztlich erschaffen von mir … ja, von mir. Bitter war die Erkenntnis, dass sein Ehrgeiz, seine Machenschaften dazu beigetragen hatten, Mondschlunds Plan wahr werden zu lassen. Baniter hatte die Ehre seiner Familie retten wollen; doch statt dessen war er einem vorgezeichneten Pfad gefolgt, hatte das Leben seiner Frau und seiner Kinder aufs Spiel gesetzt. Jundala … ich sehne mich nach dir. Wo immer du bist – es soll dir gut gehen, dir und den Mädchen; meiner tapferen Sinsala, der kleinen Marisa, diesem Raufbold, und Banja mit ihrem ernsten Gesichtchen …
    Die Ohnmacht ließ ihn fast den Verstand verlieren. Dass er hier gefangen war und das Schicksal seiner Familie in Sternengängers Händen lag, war mehr, als er ertragen konnte. Und so las er weiter, voller Zorn, seine Worte kraftlos … Lügen um Lügen, von Mondschlund in die Welt gebracht.
    Baniter las.
    Doch dann spürte er ein jähes Brennen auf der Stirn; ein Schmerz, der seinen Kopf wie ein glühender Speer durchstieß. Baniter brüllte auf. Riß die Hände empor. Das Buch fiel polternd auf die Tischplatte.
    Er blickte auf.
    Vor ihm, auf dem Tisch, stand ein Mann. Sein Körper glühte; verbrannte Tücher hingen in Fetzen von seinem Leib. Flammen schlugen aus ihnen hervor. Nur der rechte Arm war nicht vom Feuer ergriffen; er wirkte schwarz und tot. In den Händen hielt er einen goldenen Stab, dessen Spitze auf Baniters Stirn gerichtet war.
    »Nhordukael«, entfuhr es Baniter. Sein Mund war trocken, er konnte den Namen kaum sprechen.
    Mondschlunds Gesang brach ab. Der letzte Ton seiner Melodie verhallte im Saal, der in roten Flammenschein getaucht war. Auf den Schemeln krümmten sich die Geister; sie duckten sich vor dem Auserkorenen.
    »Ich wusste, dass ich Euch finden würde, Baniter.« Nhordukael senkte den Stab. Ein Tropfen geschmolzenen Goldes traf zischend auf die Tischplatte. »Gefangen in den Tiefen der Sphäre …«
    Er reichte dem Fürsten die Hand. Baniter ergriff sie; sie war so heiß, dass er sie vor Schreck fast wieder losließ. Doch Nhordukael zerrte ihn empor. Mit zitternden Knien stand Baniter vor dem Tisch, starrte auf seine Hände und auf das Buch, in dem die Luchszeichen glänzten.
    »Der Schwarze Schlüssel … er hat mich losgelassen!« Er hielt sich an der Tischkante fest. »Wer hat dir diese Macht verliehen, Nhordukael … die Macht, mich zu finden und diesen Bann zu brechen?«
    Nhordukael stieß mit dem Stab vorsichtig gegen das Buch. Die Seiten färbten sich schwarz. »Mondschlund hat Euren Körper in die Sphäre entführt. Doch Ihr seid ihm nicht freiwillig gefolgt; er musste Euch den Schwarzen Schlüssel mit Gewalt in die Hände zwingen. Euer Wille war ungebrochen, er hinterließ eine Spur in der Sphäre. Dieser Spur bin ich gefolgt.«
    »Dann hatte es wohl doch sein Gutes, dass Sai’Kanee mich in die Mauer stieß.« Baniter blickte auf das Buch, dessen Seiten sich kräuselten und unter dem Stab zerschmolzen. »Aber du kommst zu spät, Nhordukael. Ich habe Mondschlund meine Stimme geliehen. Ich habe seine Stadt erweckt.«
    »Das ist wahr. Niemand kann es ungeschehen machen.« Nhordukael wandte sich zu Mondschlund um. »Aber er wird nicht länger über diese Stadt gebieten. Nie wieder.«
    Der Zauberer hatte die Augen geöffnet. Sie waren tiefschwarz; Furcht glitzerte in ihnen. Mondschlund wimmerte, zerrte an seinen Ketten.
    »Nhordukael«, presste er hervor. »So große Hoffnungen habe ich in dich gesetzt!« Das Sprechen fiel ihm schwer, seine Stimme klang dünn. »Ach, hättest du mir nur vertraut und den Harnisch übergestreift. Wie willst du ohne ihn die Sphäre durchschreiten? Wie willst du Sternengänger ohne mich zu Fall bringen?«
    Nhordukael hob den Stab. »Ich brauche deine Hilfe nicht, Mondschlund. Gharax braucht sie nicht. Du wirst uns verlassen. Endgültig.«
    Mondschlund öffnete gequält den Mund. Er versuchte noch einmal zu singen, ein leises, zaghaftes Lied. Doch er brachte nicht mehr als ein Krächzen hervor.
    Nhordukael holte aus. Dann trieb er ihm mit aller Kraft das Ende des Stabs in den Mund, so fest, wie einst Magro Fargh ihm den Silberstab zwischen die Zähne gestoßen hatte. Zähne zersplitterten. Mondschlund würgte. Von den Lippen troffen Speichel und Blut.
    »Und

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