Splitterwelten 01 - Zeichen
hatte. Von all den Kreaturen, denen Kieron im Lauf seines noch nicht allzu langen Lebens begegnet war, kam der Pantheride einem Freund am nächsten, und er wollte ihn nicht verlieren.
Nicht auf so grausame, sinnlose Weise.
»Herrje«, stöhnte Jago, der nicht weit entfernt am Boden hockte. »Sind das Tränen, die ich da sehe? Reiß dich zusammen, Junge! Du kannst nichts mehr für den Katzmann tun. Er hat gespielt und verloren, so ist das Leben.«
Kieron starrte ihn feindselig an. »Würdest du au-au-auch so sprechen, wenn du verwundet wärst?«
»Wohl kaum«, gab der Chamäleonid unumwunden zu, »aber darum geht es nicht, sondern darum, das Unausweichliche hinzunehmen. Das Mädchen hat recht. Der Katzenmann ist hinüber, er weiß es nur noch nicht. Aber wenn es dich tröstet – wir werden ihm schon sehr bald folgen.«
»Das tröstet mich k-keineswegs«, erwiderte Kieron gepresst. »Ich will nicht sterben – und ich will auch nicht, dass Croy stirbt. Ko-ko-komm schon«, sprach er dem Pantheriden Mut zu, »du musst durchhalten, hörst du? Bitte la-lass mich nicht im Stich, Croy. Lass mich nicht allein …«
Der Panthermann hörte ihn schon nicht mehr. Croy hatte vollends das Bewusstsein verloren.
»Bitte!« Kieron fasste die verbliebene Pranke des Pantheriden. »Du darfst mich nicht verlassen! Du bist der einzige Fff-Freund, den ich habe …«
»Du hattest den Katzenmenschen wirklich gern, was?«, erkundigte sich Shen.
»Sprich nicht von ihm, als ob er schon to-tot wäre«, erwiderte Kieron. »No-noch ist er am Leben, und wenn du nichts für ihn tun kannst oder willst, dann geh.«
»Und wenn ich doch etwas für ihn tun könnte?«, fragte die junge Frau zu Kierons Verblüffung.
»Was meinst du?«
Shen lächelte schwach, ein Grinsen huschte über ihre schönen, markanten Gesichtszüge. »Ich bin nicht immer eine Gefangene gewesen«, antwortete sie.
»Du … du bist eine Heilerin?«, fragte Kieron hoffnungsvoll.
»Das nicht. Aber ich habe mir auf meiner Heimatwelt Katana gewisse Kenntnisse erworben, die vielleicht von Nutzen sein könnten. Beispielsweise darin, wie man einen Schwerverletzten verbindet und seine Wunden versorgt.«
»Wo-worauf wartest du dann noch?«
»Was bekomme ich dafür, wenn ich der Katze helfe?«
Kieron starrte sie fassungslos an, doch das eine Auge verriet keine Regung.
»Wohltaten zu verteilen, liegt nicht in meiner Natur, Junge, das solltest du dir merken.«
»Und du solltest dir me-merken, dass ich kein Ju-Junge mehr bin«, erwiderte er trotzig und erhob sich, die Hände zu Fäusten geballt.
»Was hast du vor?« Sie musterte ihn mit demonstrativer Geringschätzung, ihr Tonfall jedoch verriet zumindest einen Ansatz von Unsicherheit. »Willst du mich zwingen?«
»Wenn es sein mmm-muss«, bestätigte Kieron ohne Zögern. »Aber ich gebe dir noch einen Grund, Croys Leben zu retten.«
»Nämlich?«
»Er ist schon einmal aus diesem Gefängnis geee-geflohen. Wenn wir also noch irgendeine Chance haben, zu entfliehen, dann nur mit iii-mit iii-mit ihm.«
»Ist das wahr?«, erkundigte sie sich bei Jago.
»Schon«, gab der Chamäleonide verdrießlich zu. »Allerdings wäre es das erste Mal, dass uns der Katzmann aus Scherereien herausholt. Bislang hat er uns immer nur welche eingetragen.«
»Croy ist die be-beste Chance, die wir haben«, bekräftigte Kieron, ohne auf den Einwurf einzugehen. »Er kennt jeden Gang und jeden Wi-Winkel in dieser Anlage. Er hatte vor zu fliehen – und wir mit ihm.«
»Wenn du uns etwas vorgemacht hast …« Shens verbliebenes Auge verengte sich kritisch.
»Hilf ihm einfach!«, fiel Kieron ihr ins Wort, auf den reglos am Boden liegenden Pantheriden deutend.
»In Ordnung«, bestätigte sie, während sie sich zu ihm niederließ, »aber ich kann nichts versprechen. Der Katzmann ist mehr tot als lebendig.«
»Ich weiß«, erwiderte Kieron gepresst. »Gibt es etwas, das ich tun kann?«
»Wir müssen etwas gegen den Wundbrand unternehmen. Opossum – ich brauche Feuer.«
Der Angesprochene, der dabeigestanden, aber kein Wort gesagt hatte, nickte und ging los.
»Darg«, wandte sich Shen dann an ihren hünenhaften Gefährten, der bislang unbeteiligt auf einem Felsblock gehockt hatte. »Leg die Katze dort drüben hin, da ist mehr Licht.«
»Und ich?«, fragte Kieron.
»Du pflückst Moos von den Wänden. Aber nur das Zeug, das im Dunkeln leuchtet.«
»Verstanden«, bestätigte Kieron. »Und wooo-wozu?«
»Willst du, dass ich deinem Katzenfreund
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