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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Himmels. Und dies«, fuhr Erik fort, auf den Wolf deutend, der so aussah, als wollte er sich jeden Moment auf sie stürzen, »ist Fenris, der Urahn der Skolls.«
    »Furchterregend«, sagte Kalliope voller Bewunderung, »und zugleich voller Schönheit. Wer ist der Künstler, der all diese Skulpturen geschaffen hat?«
    »Er steht vor Euch.«
    »Ihr?« Sie sah ihn verblüfft an.
    »Ist dieser Gedanke so abwegig für Euch?«
    »Nein«, versicherte sie rasch. »Ich hätte nur nicht geglaubt, dass …«
    »Was? Dass jemand, der ein Schwert zu führen vermag, auch in der Kunst beschlagen sein könnte? Haltet Ihr mich für solch einen Barbaren?«
    »Verzeiht, ich fürchte, es gibt noch viel, das ich lernen muss.«
    »Schon gut.« Er lächelte, und sie gingen durch das Labyrinth der Skulpturen, die sich tatsächlich wie ein Wald rings um sie erhoben. Auch Darstellungen von Gebäuden und Gegenständen waren darunter – eine Brücke, ein Turm, ein Schlitten, der von zwei gehörnten Ziegen gezogen wurde.
    »Wie ich schon sagte, wir alle tragen Fähigkeiten in uns, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind«, erinnerte er sie.
    Sie lachte auf. »Damit mögt Ihr recht haben.«
    »Und was ist Eure verborgene Eigenschaft, Kalliope?«
    »Ich habe keine.«
    »Das glaube ich Euch nicht.« Er lächelte.
    Sie blieb stehen. »Offen gestanden habe ich darüber nie nachgedacht. Als Levitatin der Gilde geht es vor allem darum, die eine Fähigkeit zu erlangen …«
    Er nickte. »Eine mächtige Fähigkeit, fürwahr. Aber was vermögt Ihr darüber hinaus? Was tut Ihr, wenn Ihr keine Levitatin seid?«
    »Levitatin zu sein ist keine Tagesarbeit, die man am Morgen beginnt und am Abend beendet«, antwortete sie mit einem Zitat aus dem Lehrbuch, »es ist eine Herausforderung, der sich eine Gildeschwester ihr Leben lang stellen muss.«
    »Und das genügt Euch?«
    Nun war sie es, die lächelte. »Das fragt Ihr nur, weil Ihr nicht wisst, wie sich die Levitation anfühlt. Sie ist mit nichts anderem zu vergleichen, das Sterbliche empfinden können. Man befindet sich in einem Zustand vollkommenen Gleichgewichts, hat das Gefühl, eins zu werden mit der Schöpfung.«
    »So wie bei der Vereinigung von Mann und Frau«, sagte er – um sich gleich darauf zu entschuldigen, als er merkte, wie sie errötete. »Verzeiht, das war töricht von mir. Ich wollte Euch nicht in Verlegenheit bringen.«
    »Das … habt Ihr keineswegs«, beteuerte sie. »Es ist nur – wir sprechen nicht über solche Dinge.«
    »Ich verstehe.«
    »Was nicht bedeutet, dass ich nicht … Ich meine …« Kalliope unterbrach sich. Sie hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen, kam sich jedoch vor wie eine ausgemachte Närrin. »Ich wäre Euch dankbar, wenn wir das Thema wechseln könnten.«
    »Natürlich, wie Ihr wünscht. Wann habt Ihr zum ersten Mal gespürt, dass Ihr jene Gabe in Euch tragt?«
    »Als ich noch ein kleines Mädchen war. Ich erinnere mich, dass ich auf einer großen Wiese war, um Blumen zu pflücken, und dass mir das Herz vor Freude überging. Die erste Levitation, müsst Ihr wissen, steht häufig mit freudigen Ereignissen im Bunde. Plötzlich stellte ich fest, dass ich ein gutes Stück über dem Boden schwebte. Ich erinnere mich noch, dass ich den Strauß, den ich gepflückt hatte, vor Überraschung fallen ließ. Die Blüten fielen zurück ins grüne Gras, das sah wunderschön aus …«
    »Und Eure Eltern?«, wollte Eric wissen. »Haben sie sich gefürchtet?«
    »Meine Eltern?« Sie sah ihn nachdenklich an. »Solange ich denken kann, befand ich mich in der Obhut der Gilde.«
    »Tatsächlich?«
    »Die Schwestern der Gilde halten auf allen Welten nach Mädchen Ausschau, die die Voraussetzungen für die Entwicklung der Fähigkeit erfüllen. Werden sie fündig, so nehmen sie das Kind mit nach Ethera, wo es zur Levitatin ausgebildet wird, sobald sich die Fähigkeit gezeigt hat.«
    »Warum nur Mädchen und keine Jungen?«
    »Weil männliche Wesen nicht … fähig sind, jenes innere Gleichgewicht zu erlangen, das für die Ausübung der Fähigkeit unerlässlich ist«, erwiderte sie. »Die Schöpfung hat es so eingerichtet, dass die Männer mit ihrer Kraft und dem Schwert über den Erdboden gebieten – die Frauen jedoch, mit ihrem Geist und Verstand, herrschen über die Lüfte.«
    »Was immerhin bedeutet, dass beide sich ergänzen«, folgerte Erik. Der Blick seiner blaugrauen Augen war so entwaffnend, dass er jedes Versteckspiel unmöglich machte.
    »Kalliope«, sagte er

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