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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Schicksal Einzelner …«
    »… oder einer einzelnen Welt«, ergänzte Kalliope.
    Prisca nickte. »Du beginnst allmählich zu begreifen.«
    »Ja«, bestätigte Kalliope, die in diesem Augenblick an Erik denken musste, an ihr dramatisches Erlebnis an der Fenrismark, an die unzähligen Gespräche, die sie miteinander geführt, an die Dinge, die er ihr über die Gilde erzählt, an das Geheimnis, das er ihr offenbart hatte, und die Ängste, die sie damit verband. »Allmählich verstehe ich tatsächlich.«
    »Und? Wie lautet deine Entscheidung?«
    Kalliopes Blick glitt zu dem bärtigen Hünen hinauf, dessen nackter Leichnam von der Rah hing.
    »Ich habe mich bereits entschieden«, sagte sie nur.
    »Du erreichst damit nichts. Jordråk wird fallen, ob du mit uns oder gegen uns bist.«
    Kalliope sandte ihrer einstigen Seelenschwester einen zweifelnden Blick. »Was ist nur geschehen?«, fragte sie, sich der Gelehrtensprache bedienend, damit die Soldaten auf Deck sie nicht verstehen konnten. »Was ist nur aus dir geworden? Wir sind Freundinnen gewesen, Schwestern in der Tat wie im Geist …«
    »Nein«, widersprach Prisca, »denn eine Schwester hätte mir niemals angetan, was du getan hast, damals, in jener Nacht.«
    »Wir haben es … beide getan.«
    »Es war ein Fehler, das wusstest du genau«, zischte Prisca, und für einen kurzen Augenblick schien sie nicht die mächtige Inquisitorin zu sein, sondern nur das verletzte Mädchen.
    »Ja, Prisca«, stimmte Kalliope leise zu. »Ich fürchte, das war es.«
    Mehrere Bewaffnete traten auf sie zu, die sie in Gewahrsam nahmen und abführten, während Prisca – nun wieder in kalter Beherrschtheit – die Verhandlungen für gescheitert erklärte und den Befehl zum Angriff gab.

9. Kapitel
    Es war nur ein Traum.
    Kieron wusste es – und dennoch erlebte er alles, was vor seinen Augen geschah, mit einer Intensität, als würde es sich tatsächlich ereignen.
    Die Schiffe hatten beigedreht … Fremdartige Schiffe mit kurzen, breiten Rümpfen und turmartigen Aufbauten, fliegenden Festungen ähnlich. Und, was Kieron am meisten verblüffte, es gab keine Tiere, die sie in der Luft hielten! Keine Sturmhaie, keine Gasatmer und keine Drachen, auf deren Schwingen sie reisten! Im Gegenteil schienen die Schiffe, die unter voller Takelung segelten, einfach nur in der Luft zu schweben, von unsichtbarer Kraft gehalten – und sie waren zum Angriff übergegangen!
    Zu einer breiten Formation aufgefächert, hatten sie begonnen, die Festung zu beschießen, die über den Klippen des Weltenrandes thronte. Langen Feuerzungen gleich zogen die Brandgeschosse ihre Bahn am glutroten Abendhimmel, ehe sie mit vernichtender Wucht einschlugen und die hölzernen Hurden in Brand setzten, die über den Mauern der Festung errichtet worden waren. Die Verteidiger der Festung leisteten erbitterten Widerstand, doch ihre Brandpfeile verfehlten meist ihr Ziel. Lediglich eines der Schiffe ging in Flammen auf, als seine Takelage Feuer fing – die anderen rückten unaufhaltsam vor.
    Schon hatte eines von ihnen die Mauer erreicht und ging längsseits. Hölzerne Stege, an deren Enden metallene Haken befestigt waren, fielen herab und überwanden die Kluft zwischen dem Schiffsdeck und den Zinnen der Burg – und schon im nächsten Augenblick stürmten Reihen in blaue Röcke gekleideter Kämpfer über die soeben geschlagenen Brücken.
    Ein heftiger Kampf entbrannte, dessen atemloser Zeuge Kieron wurde. Er konnte sehen, wie der vorderste Angreifer von den Zinnen kippte, eine klaffende Wunde im Brustkorb, die die Axt eines Verteidigers geschlagen hatte. Doch schon einen Augenblick später hatte ein halbes Dutzend weiterer Kämpfer die Kluft überwunden, und auf dem Wehrgang setzte ein entsetzliches Gemetzel ein. Die Verteidiger – wild aussehende, bärtige Männer, die gehörnte Helme trugen und breite Äxte schwangen – wehrten sich mit aller Macht, aber der zahlenmäßigen Übermacht des Feindes hatten sie nichts entgegenzusetzen. Ein Brandgeschoss schlug ein, das die Hälfte der Krieger vom Wehrgang fegte. Dann machte ein zweites Schiff fest, und der Widerstand brach endgültig zusammen.
    Die Festung stand in Flammen. Wohin er auch blickte, sah Kieron Rauchsäulen emporsteigen. Er hörte Schreie und roch den bitteren Odem des Feuers, sah Kämpfer beider Seiten sterben … und plötzlich erblickte er sie .
    Eine junge Frau.
    Sie mochte etwa in seinem Alter sein und trug ein schlichtes graues Kleid. In ihrem schwarzen Haar,

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