Splitterwelten 01 - Zeichen
das in sanften Locken auf ihre Schultern fiel, steckte eine Feder. Ihr Gesicht war blass und ebenmäßig und von sanfter Schönheit … und er konnte die Furcht in ihren blauen Augen sehen.
»Kieron! Kieron …!«
Mehrmals hintereinander rief sie seinen Namen, dann hob sie die Hand und deutete nach oben. Kieron blickte hinauf zum orangeroten Himmel – nur um zu erkennen, dass sich die Rauchsäulen, die allenthalben aufstiegen, dort zu einem Zeichen vereinigt hatten, zu einem Symbol, das er nur zu gut kannte: zwei Halbkreise, die sich im Scheitel berührten, von einem lotrechten Balken durchzogen …
»Das Symbol auf dem Schild!«
Mit einem Ruck fuhr Kieron in die Höhe. Zwar wusste er diesmal sofort, wo er sich befand und dass es nur ein Traum gewesen war – das Bild, das er zuletzt gesehen hatte, ließ ihn dennoch nicht los. »Das Symbol auf dem Schild«, wiederholte er atemlos, »ich habe es gesehen …«
»Ruhig, Junge. Ganz ruhig …«
Erst als Croys Stimme erklang, die beschwichtigend auf ihn einsprach, wurde Kieron bewusst, dass er noch immer nicht ganz wach gewesen war. Die Augen hatte er bereits offen gehabt, seine Umgebung jedoch nahm er erst jetzt wirklich wahr, und aus dem Vorhof seiner Träume kehrte er nach Bazarra zurück, in jene Höhle, die ihnen seit Tagen als Versteck diente.
Es war Nacht. Zwei Sterne waren zu sehen, um die herum sich eine schemenhafte Gestalt abzeichnete. Erst ganz allmählich wurde Kieron klar, dass es Croy war, der über ihm stand, und dass die beiden Gestirne in Wahrheit die Augen des Pantheriden waren, die prüfend auf ihn herabschauten.
»Geht es wieder?«
»Wa-wa-was ist geschehen?«
»Du hast geträumt«, erklärte Croy, »und im Schlaf gesprochen. Du kannst von Glück sagen, dass das Chamäleon auf Wache ist – andernfalls hätte er dir wohl Sand in den Mund gestopft.«
Kieron setzte sich auf seiner Decke auf und rieb sich die Schläfen. »Es war ein sss-seltsamer Traum.«
Croy brummte etwas Unverständliches und ließ sich auf die angewinkelten Hinterläufe nieder. »Willst du mir davon erzählen?«
»Iii-ich habe von Krieg geträumt.«
»Von Krieg?«
»Vom Angriff auf eine Feee-Festung.«
»Das wundert mich nicht«, meinte der Panthermann. »Im Sanktuarion toben ständig irgendwelche Kriege. Die Kaiserin ist darauf versessen, die Grenzen ihres Reiches auszudehnen, und das Handelskontor ist ihr dabei nur zu gerne behilflich – denn der Krieg, musst du wissen, ist ein einträgliches Geschäft. Unzählige Welten haben sie in ihrer Gier bereits verschlungen.«
»Vo-von diesen Dingen weiß ich n-nichts.« Kieron schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass es keine kai-kaiserlichen Schiffe waren, die ich gesehen habe.«
»Was bringt dich darauf?«
Kieron zögerte. Eben noch, in seinem Traum, war ihm alles so wirklich erschienen, so real und schlüssig. Nun, als er darüber sprechen sollte, kam es ihm plötzlich absurd vor, und es war ihm peinlich, davon zu erzählen. »Es die-dienten Menschen auf diesen Schiffen«, erklärte er. »Me-Menschen, die Krieger waren und gegen andere Menschen kämpften. Und die Schiffe wurden nicht von flie- von fliegenden Kreaturen getragen, sondern schwebten aus ei-eieigener Kraft am Himmel.«
»Aus eigener Kraft?« Croy hob die buschigen Brauen.
Kieron nickte betreten. Er konnte sich selbst keinen Reim auf das machen, was er gesehen hatte – die Vorstellung, dass Menschen nicht als Sklaven dienten, sondern Soldaten waren und gegen ihresgleichen kämpften, erschien ihm nun, im wachen Zustand, völlig abwegig. »Ist das ni-nicht ein unheimlicher Traum?«, fragte er deshalb.
»Allerdings.« Inzwischen hatten sich Kierons Augen so weit an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie Einzelheiten im Gesicht des Pantheriden ausmachen konnten. »Hast du getan, wozu ich dir geraten habe?«, wollte Croy wissen. »Hast du in deiner Vergangenheit nach Antworten gesucht?«
»J-ja«, bestätigte Kieron in Erinnerung an das Gespräch, das er mit Jago geführt hatte. »Aber ich habe keine Aaa-Antworten gefunden, sondern nur neue Fra-Fragen.«
»Was für Fragen?«
»Wie wird es mit uns wei-wei-weitergehen?«, sprach Kieron eines der Themen an, die ihn seit seiner Unterhaltung mit Jago nicht mehr aus dem Kopf gingen. »Was hast du vor?«
»Wir werden abwarten, bis man nicht mehr nach uns sucht«, gab Croy zur Antwort. »Danach werde ich den Schild benutzen, um das Kontor und den kaiserlichen Geheimdienst gegeneinander auszuspielen.«
»Ich
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