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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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einer beifallheischenden Geste beiseite. Die Zuschauer waren jedoch enttäuscht zu sehen, dass sich lediglich ein metallener Behälter darunter befand. Kurzerhand schüttete der Narr ein paar glühende Kohlen hinein, die er aus einem der Fackelkörbe entnahm, die den Thronsaal zur Abendstunde erhellten.
    »Was hast du vor?«, erkundigte sich Ardath spöttisch. »Du wirst doch nicht schon wieder versuchen, meine Burg niederzubrennen?«
    »Mitnichten, mein Gebieter«, versicherte Larax, während er wieselflink um die Esse tanzte und von allen Seiten hineinblies, um die Glut noch zu verstärken. Sodann griff er unter seinen Rock und zog etwas hervor, das wie seine Kleidung aus roter Seide gefertigt war. Rasch entfaltete er es und hielt plötzlich eine Pyramide in den Händen, die er zuerst Ardath und dann dem staunenden Hofstaat präsentierte.
    »Und nun, Hoheit, gebt acht«, rief er dazu, und zu aller Verblüffung stülpte er die Pyramide aus federleichtem Seidenstoff über die Esse, von der flimmernd heiße Luft aufstieg. »Ich, Larax, der Narr des Königs, verfüge über die Gabe der Levitation«, erklärte er dazu mit lauter Stimme, »und ich befehle dir zu fliegen!«
    In Nachahmung einer Gildemeisterin breitete er die Arme aus und verdrehte die Augen so, dass fast nur noch das Weiße zu sehen war. Es lachte allerdings niemand, denn aller Blicke waren auf die Pyramide gerichtet, die im einen Moment noch grellrot leuchtete – um einen Herzschlag später wie von Geisterhand geführt zur Decke emporzusteigen!
    Die Augen der Zuschauer weiteten sich.
    Einige schrien ihre Verblüffung laut hinaus, andere – unter ihnen auch König Ardath – sprangen von ihren Sitzen.
    »Das … das ist unmöglich, Narr!«, rief der König aus.
    »Offenkundig nicht, Majestät«, versetzte Larax, während er dem eigentümlichen Gebilde hinterherstarrte, das einige Fuß hoch gestiegen war, seine Fahrt nun jedoch merklich verlangsamt hatte. »Mit eigenen Augen konntet Ihr Euch überzeugen von meiner Macht und meinen Fähigkeiten, selbst das Unmögliche …«
    Weiter kam er nicht, denn etwas geschah, womit weder er noch irgendjemand sonst im Thronsaal gerechnet hatte.
    Die Pyramide, die eben noch in der Luft geschwebt hatte, schien plötzlich von einer unsichtbaren Faust getroffen und zerschmettert zu werden. Zu einem formlosen Etwas zerknüllt, fiel der Stoff senkrecht in die Tiefe, geradewegs auf die glühenden Kohlen. Eine Flamme leckte daran empor – und vom Traum des Narren war nur noch Asche übrig.
    »Aber wie …?«, wollte Larax fragen – als er merkte, dass aller Augen längst nicht mehr auf ihn gerichtet waren, sondern auf jemanden, der soeben den Thronsaal betreten hatte.
    Verblüfft fuhr er herum, um sich zwei Frauen in weiten Roben gegenüberzusehen.
    Die eine war jung und hatte rotes Haar.
    Die andere war alt, ihr Haupt so kahl wie Stein, und wäre sie in der Lage gewesen, mit ihrem Blick zu töten, so wäre der Narr mit durchbohrter Brust niedergesunken.
    Entsetzt erkannte Larax, dass die beiden Frauen Angehörige ebenjener Gilde waren, die er soeben vor aller Augen verspottet hatte.
    »Blasphemie!«, rief Meisterin Harona entrüstet und so laut, dass es von der hohen Decke des Thronsaals widerhallte. »Ist dies Eure Art, eine Gildemeisterin willkommen zu heißen? Indem Ihr der Schöpfung spottet?«
    Schlagartig war es völlig still geworden.
    Die Höflinge und der Adel waren verstummt und starrten auf die beiden Frauen, die die Halle so unvermittelt betreten hatten; sogar der König selbst schien überrascht, Unverständnis sprach aus seinen vom Wein geröteten Zügen.
    Prisca, die zusammen mit ihrer Meisterin den Saal betreten hatte, konnte sehen, welche Machtfülle diese verkörperte. Alle Anwesenden, die Weltenlords, die Höflinge und selbst der König, schienen vor Respekt und Ehrfurcht zu erstarren. Die Schülerin war beeindruckt. Im Lauf ihrer Ausbildung hatte sie viel von der Macht und dem Einfluss der Gilde gehört – nun sah sie erstmals seine Auswirkungen.
    »Verzeiht, wenn wir Euren Unmut erregt haben«, sagte ein Mann, der am Fuß des Thronpodests stand – ein schmächtiger, vornehm gekleideter Kerl mit langen Haaren und gepudertem Gesicht, aus dem eine Nase wie eine Pfeilspitze ragte. Der Blick seiner Augen war wachsam, und die Tatsache, dass er als Erster und noch vor seinem König die Sprache wiederfand, ließ vermuten, dass er mehr zu sagen hatte, als sein geckenhaftes Äußeres vermuten ließ. »Dies

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