Spookies (German Edition)
dass man immer das Gefühl hatte, dass man in eine stumme, andere Welt kam, wenn man die Treppe hinunterging. Als Kind hatte sich Trafker oft vorgestellt, dass sie in eine Fantasywelt gezogen werden würde, wenn sie die Klinke drückte und die Tür zum Down aufzog. Aber nun würde sie bald ihren achtzehnten Geburtstag feiern und hatte mehr gesehen, als manch anderer Mensch in seinem ganzen Leben sehen würde, und es war kein Platz mehr für solche Träumereien.
Trafker zog einen Arm durch den Ärmel der Strickjacke und verfehlte beinahe die nächste Stufe, als sich ihr Finger in den breiten Maschen des Ärmels verfing. Trafker fing sich wieder, fluchte tonlos und schob die CZ tiefer in den hinteren Hosenbund. Theodor würde meckern, wenn er sah, dass sie die Pistole dabei hatte, wo er doch so penibel darauf achtete, dass im Down keine Waffen getragen wurden. Aber die CZ war für Trafker schon immer eher ein Glücksbringer gewesen, als eine Waffe. Selbst im Einsatz benutzte sie meistens eine andere, auch wenn sie die CZ stets bei sich trug.
Irgendwie brachte sie es fertig die Treppe unfallfrei hinter sich zu bringen und sich gleichzeitig die Jacke überzuziehen und verharrte noch einen Augenblick mit der Hand am Türgriff am Ende der Treppe um noch einmal zu überprüfen, ob die CZ sicher im Hosenbund saß und die Strickjacke so zu drapieren, dass sie die verräterische Beule verdeckte. Gerade heute würde Theodor besonders wütend werden, wenn er sie damit erwischte.
Ihre Finger schlossen sich fester um den Türknauf und seltsamerweise kam ihr zum ersten Mal seit Jahren wieder das Bild in den Kopf, wie sie durch die Tür treten würde und plötzlich auf einer grünen Wiese mit Einhörnern stehen würde.
Aber der Geruch, der ihr entgegenschlug als sie die Tür endlich öffnete, war nicht der nach frischem Gras und lauer Luft.
Er war schwer und legte einen metallischen Film auf Trafkers Zunge. Sie kannte diesen Geruch, allerdings nicht in dieser Intensität und Fülle.
Blut.
An den Wänden. An den Möbeln. Auf dem gesamten Boden.
Trafker war zu paralysiert um auch nur zu würgen, als sie einen taumelnden Schritt in den Raum hinein machte und der Geruch mit voller Wucht über ihr zusammenschlug.
Feng und Alain lagen unmittelbar hinter der Tür übereinander auf dem Boden mitten in ihrem Blut und starrten aus erloschenen Augen zur Decke. Ihre Hälse und Bäuche waren zerfetzt und die Finger ihrer Hände im Todeskrampf erstarrt.
Trafkers Atem kam stoßweise und der Brechreiz setzte allmählich über den ersten Schock ein. Sie machte einen weiteren Schritt in den Raum hinein und erhaschte einen Blick auf Richard, der neben einem der anderen Tische mit dem Gesicht nach unten lag. Ihr Fuß rutschte auf dem dicken Blutfilm zur Seite weg und sie stützte sich an der Theke ab um nicht zu stürzen. Ihr Blick wanderte über die grausigen Details der Szene und saugte sie unwiderruflich in sich auf.
Sie hatte das Gefühl Stunden hier gestanden zu haben und sich an die Theke zu klammern, als ein Schatten von hinten über sie fiel und sich im nächsten Augenblick ein Arm von links um ihre Schulter schlang.
Ihr Kinn wurde gepackt und mit brutalem Ruck nach oben gerissen, dann explodierte ein heftiger Schmerz an der linken Seite ihres Halses und schlagartig wurde Trafker klar, dass hier gerade jemand dabei war sie umzubringen, indem er ihr die Kehle durchschnitt.
Der Schmerz zog sich weiter über ihren Hals und endlich siegten die mühsam antrainierten Reflexe über den Schock und Trafker warf sich mit Kraft nach links um der Klinge zu entkommen und ihren Angreifer aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Ihr Angreifer verlor durch den Ruck den Halt auf dem glitschigen Boden und lockerte seinen Griff um Trafker für einen Augenblick.
Mehr war nicht nötig.
Mit einem weiteren Ruck drehte sich Trafker vollends aus dem Griff des Angreifers, rammte ihm in der Drehung einen Ellenbogen in die Seite und riss mit der anderen Hand die CZ aus dem Hosenbund.
Blind legte sie aus der Drehung auf den Angreifer an und feuerte zwei Kugeln aus nächster Nähe ab. Der Angreifer stieß einen unterdrückten Schrei aus und versetzte Trafker einen Stoß gegen die Brust, der sie gegen die Theke schleuderte.
Trafker riss die freie Hand nach oben zu ihrem Hals im nutzlosen Versuch die klaffende Wunde zu schließen und das Blut zu stoppen, das das Leben unaufhaltsam aus ihr herausspülte. Die CZ hielt sie weiter im Anschlag als ihr Blick für eine
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