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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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blumengeschmückten Altar schweben. »Und wir nehmen, o Herr, diesen Tag als ein großes, großes Geschenk. Ein Versprechen, daß dieses Leben von neuem beginnt. Hier auf dieser Erde leben wir … unser tägliches Brot …« Fort und fort, wie vorherzusehen. Mit großen Augen höre ich zu, als werde mir ein großes neues Geheimnis enthüllt, eine versprochene Botschaft, die ich in eine ferne Stadt tragen müsse. Und ich empfinde … was, genaugenommen?
    Eine gute ökumenische Frage für einen Mann wie mich, der gute Vorkenntnisse mitbringt. Doch die Antwort ist schlicht und einfach, sonst wäre ich gar nicht hier.
    Ich empfinde genau das, was ich empfinden wollte und womit ich auch rechnen konnte, als ich die scharfe Linkskurve machte und auf den Parkplatz zurückgerast kam – eine sanfte und wachsende priesterliche Inbrunst und ungehinderte Erhebung aus der Niedergeschlagenheit, ein schwindelerregendes, heißes Prickeln bis hinunter in die Zehenspitzen, vergleichbar mit den Empfindungen von Matrosen, wenn der Präsident ihr Schiff besucht. Plötzlich bin ich zu Hause, ohne Angst und Sorge, ja, im Grunde genommen ohne jede beschwerliche Ehrfurcht. Ich laufe hier nicht einmal Gefahr, in religiösen Dingen übertroffen zu werden – die Sorte von Kirche ist das hier nicht – und kann mit mir selbst und meinen Mitmenschen verdammt zufrieden sein. Eine außergewöhnliche Immanenz füllt mich aus: Dinge weichen und verschwinden mit dem Versprechen, daß hier mehr dahintersteckt, auch wenn es natürlich eine Täuschung ist, die nur anhalten wird, bis ich in meinem Auto sitze. Aber besser das als gar nichts. Oder, schlimmer noch, als dumpfen Kummer zu empfinden. Oder Bedauern. Oder von der bitteren Tatsache des Alleinseins aus der Bahn geworfen zu werden.
    Dann plötzlich: »Erheb, o Seele, deinen Sinn, was hängst du an der Erden? Hinauf, hinauf, zum Himmel hin, denn du mußt himmlisch werden …« Meine Stimme erhebt sich, kräftig und eindeutig, und hinter mir höre ich Big Al mit seinem Bariton im Chor der zuversichtlichen, bußfertigen Vorortbewohner. (Ich habe nie begriffen, was die Worte bedeuten oder auch nur andeuten.) Die Orgel bringt die Fenster zum Klirren, hebt das Dach, jagt uns Schauer über den Rücken, rüttelt uns alle im Innersten auf – Jim, die Helfer, den Prediger.
    Und dann bin ich draußen.
    Ein verstecktes Zeichen für Big Al, der mich und alles andere perfekt versteht und seine großen Steigbügelhände vor seinem Leib zu einem freimaurerischen Ein-Mann-Handschlag zusammengelegt hat. Es ist Zeit für den »Wettlauf zum Grab«, und ich habe keinen Bedarf an Botschaften, nachdem ich alles aufgenommen habe, was ich will und mir zunutze machen kann; ich bin auf die einzige für mich mögliche Art ( pro tempore ) »gerettet« und bin bereit, mit flatternden Fahnen auf die dunkle Zeitbedingtheit loszumarschieren.

Zehn
    Unter der Sonnenblende habe ich eine Johnny Horizont-Karte mit dem Motto »Räumen wir auf in Amerika«, zur Zweihundert-Jahr-Feier gedruckt, und am Armaturenbrett einen mit Klebeband befestigten Zettel mit Vickis handschriftlicher Beschreibung des »schlauen« Weges nach Barnegat Pines. Auf der 206-A zur 530 Ost, auf der 70 dann nach Süden und (mit einem kurzen Schwenk in nördlicher Richtung) auf eine unnumerierte Landstraße, die sie nur die Schreckensstrecke nennen und die dich angeblich blitzsauber ans Ziel bringt.
    Ihre Instruktionen führen mich durch die gewöhnlichsten – wenngleich befriedigenden – New Jersey-Regionen, die dich an andere Gegenden erinnern, die du in deinem Leben gesehen hast, die aber in New Jersey wie die Klötze eines Puzzles angeordnet sind. Es ist der richtige Zeitpunkt, das Verdeck aufzumachen und die Winde hereinzulassen.
    Im großen und ganzen sieht es neben den Straßen natürlich genauso aus wie überall sonst im Staat, und die krumm verlaufenden Grenzen machen es zu einer kniffligen Aufgabe, die Himmelsrichtungen zu bestimmen. Wenn du nach Süden und Osten fährst, hast du das Gefühl, daß es nach Süden und Westen geht und daß du dich verfahren hast, oder manchmal, daß es überhaupt nirgends hingeht. Saubere Industriebetriebe überwiegen. Ventilfabriken. Ein Congoleum-Werk. Großgaragen eines Autoverleihs. Eine Kiesgrube und in der Nähe eine Glashütte. Ein Zwinger mit Airedale-Terriern. Das Quäkerheim für geistig Verwirrte. Ein Einkaufszentrum mit einem durchgehenden Schiffahrtsmotiv. Mehrere Schilder mit der Aufschrift HIER ! Plötzlich

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