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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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wieder an ihrem Herd. »Bei uns in den Bergen nannten wir sie immer den ›Country Club‹, aber nach dem Zweiten Konzil sollen sie ja fromm geworden sein. Die Katholiken sind lockerer geworden, und die anderen mußten strenger werden.«
    »Ich bezweifle, daß die Katholiken lockerer geworden sind«, sage ich, auch wenn mir das von Vicki einen wilden, warnenden Blick einbringt.
    Lynette kommt plötzlich wieder, nickt mir ernst zu und zupft sich eine Locke feuchter orangefarbener Haare aus der Stirn. Ich sehe in ihr immer noch jemanden, den man mögen kann. »Keiner von uns sollte zu lax werden, bei dem Kurs, den diese Welt steuert«, sagt sie.
    »Lynette arbeitet für die katholische Krisenhilfe in Forked River«, erklärt Vicki in einem müden Singsang.
    »Genauso ist es, Schätzchen.« Lächelnd zieht sich Lynette wieder zurück und fängt an, lautstark in einer Schüssel zu rühren. Vickis Miene macht deutlich, daß sie alles nur widerlich findet.
    »Im Grunde sitzt sie nur dort und wartet auf Anrufe«, flüstert Vicki, aber laut genug. »Und das nennen sie eine Krisenleitung.« Sie wirft sich wieder auf die Couch, drückt das Kinn gegen das Schlüsselbein und starrt die Wand an. »Was Krisen angeht, kann ich mitreden. In Dallas unten kam einmal einer zu uns, der hatte sein Ding bei einem Freund in der Tasche stecken, und wir mußten ihm sein bestes Stück wieder annähen.«
    »Der Rückzug ins Private hat nämlich nicht funktioniert.« Lynettes Stimme in der Küche klingt jetzt energisch. »Das bekommen wir jetzt von den Colleges zu hören. Die Leute wollen jetzt haufenweise umkehren, gleichsam in die Welt zurückkommen. Und ich versuche gar nicht erst, ihnen meine Religion aufzuzwingen. Bis zu acht Stunden hab ich manchmal einen an der Strippe, und er ist nicht mal katholisch. Anschließend lieg ich natürlich zwei Tage im Bett. Wir haben alle unsere Kopfhörer.« Lynette kommt zur Tür und hält in der Art einer Bäuerin eine große Steingutschüssel in den Armen. Obwohl sie das geduldigste Lächeln der Welt zur Schau trägt, sieht sie aus wie eine Frau, die etwas anfangen will. »Nicht bei allen Krisen fließt gleich Blut, Vicki-Schatz.«
    »Hipp, hipp, hurra«, sagt Vicki und verdreht die Augen.
    »Sie sind doch Schriftsteller, richtig?« fragt Lynette.
    »Ja, das ist richtig.«
    »Also, das ist auch eine schöne Sache.« Lynette blickt liebevoll in ihre Schüssel, während sie darüber nachdenkt. »Haben Sie auch schon mal religiöse Traktate geschrieben?«
    »Nein, das nicht. Ich schreibe für ein Sportmagazin.«
    Vicki gibt dem Fernseher die Anweisung, sich wieder einzuschalten, und seufzt. Auf dem Bildschirm springt ein winziger dunkelhäutiger Mann von einem hohen Felsen herab in die weiße Brandung einer schmalen Bucht. »Acapulco«, murmelt Vicki.
    Lynette blickt mich nun lächelnd an. Meine Antwort, wie sie auch ausgefallen sein mag, hat ihr genügt, und sie will nur diese Gelegenheit wahrnehmen, mich gründlich anzusehen.
    »Warum so zurückhaltend, Lynette, glotz Frank doch gleich eine Stunde lang an.« Vicki brüllt es fast hinaus und verschränkt wütend die Arme.
    »Ich will ihn doch nur sehen, Schatz. Ich mag es, wenn ich die Chance habe, einen Menschen mal als Ganzes zu sehen. Dann kenn ich ihn. Das tut keinem weh. Frank weiß bestimmt, daß ich es nur gut meine, nicht wahr, Frank?«
    »Absolut richtig.« Ich lächle.
    »Ein Glück, daß ich nicht hier wohne«, giftet Vicki.
    »Deshalb hast du ja eine schöne Wohnung, ganz für dich allein«, sagt Lynette voller Liebenswürdigkeit. »Ich bin dort natürlich noch nie eingeladen gewesen.« Sie schlendert in die dampfende, vom Bratengeruch erfüllte Küche und läßt uns beide auf der Couch zurück, allein mit den mexikanischen Todesspringern.
    »Wir müssen mal miteinander reden«, sagt Vicki finster, und sie hat plötzlich Tränen in den geröteten Augen. Die Lüftung schaltet sich wieder ein und attackiert uns beide mit einem kalten, mechanischen Luftstrom. Elvis Presley trottet zur Tür und blickt uns an. »Mach, daß du rauskommst, Elvis Presley«, sagt Vicki. Elvis Presley macht kehrt und trottet ins Eßzimmer.
    »Worüber denn?« Ich lächle erwartungsvoll.
    »Dieses und jenes.« Sie wischt sich mit den Fingerspitzen die Augen, wozu sie mit dem Kopf nach unten gehen muß.
    »Über dich und mich?«
    »Ja.« Sie zeigt jetzt einen ausgeprägten Schmollmund. Und wieder einmal hämmert mein armes Herz wie wild. Warum nur? Um mich zu retten? Ich

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