Sportreporter
schuld, mit deinem ewigen Gequatsche.« Mit leicht verdrehten Hüften steht sie im Wind. Bei ihrem Anblick packt mich ein übergroßes Verlangen. »Du machst keine Spiele mit, aber du schreibst die ganze Zeit über sie. Das ist doch verkehrt.«
»Ich mag’s so.«
»Wie findest du den ollen Cade? Ist er nicht großartig?«
»Der Junge ist in Ordnung.«
»Wenn er sich von mir einkleiden ließe, würde er viel mehr darstellen, das kann ich dir sagen. Cade muß sich eine Freundin anschaffen. Er sieht sich schon bei der Polizei, etwas anderes hat er nicht im Kopf.« Sie kommt herüber und setzt sich auf die nächsttiefere Stufe, schlingt die Arme um die Knie und rafft ihren Rock zusammen. Ihre Haare duften angenehm. Sie hat vorhin, als sie weg war, eine ganze Menge Chanel Nr. 5 benutzt.
Ich wollte, wir könnten jetzt über etwas anderes als über Cade reden, aber ich habe da nicht viel anderes anzubieten. Vicki interessiert sich nicht für die bevorstehenden Spielerkäufe und -verkäufe in der National Football League oder für den tollen Start der Tigers in die Baseballsaison oder für den weiteren Verlauf des Spiels mit den Knicks, und so bin ich zufrieden, wie ein fauler Grundbesitzer auf der Veranda zu sitzen, die Meeresluft einzuatmen und in den Himmel zu gucken, wo bereits der Mond aufgegangen ist. Es ist durchaus eine anregende Beschäftigung.
»Wie gefällt’s dir denn so hier draußen?« Vicki blickt über die Schulter zu mir hoch und dann wieder hinüber zu dem Haus auf der anderen Straßenseite – es hat auch versetzte Stockwerke, dazu aber eine orientalische Fassade und stark betonte Gesimse, und das Ganze ist chinarot gestrichen.
»Ganz prächtig.«
»Du paßt hier überhaupt nicht her, das weißt du.«
»Ich bin hier, um dich zu besuchen. Ich versuche erst gar nicht, hierherzupassen.«
»Du hast wohl recht«, sagt sie und zieht ihre Knie noch fester heran.
»Wo ist eigentlich dein Dad? Ich hab irgendwie das Gefühl, er geht mir aus dem Weg.«
»Ach was, überhaupt nicht.«
»Ich kann mich nämlich ganz schnell verdrücken, wenn es meinetwegen hier den geringsten Ärger gibt.«
»Genau, nichts als Ärger hat man mit dir. Schlägst die Einrichtung kaputt, wirfst Essen auf den Fußboden, mißhandelst den armen Cade. Vielleicht solltest du wirklich verschwinden.«
Sie dreht sich um und sieht mich ganz anders an, so wie man vielleicht einen Mann ansehen würde, der versucht, das Vaterunser in einer Babysprache aufzusagen. »Sei doch kein Idiot«, sagt sie. »Der Mann geht keinem aus dem Weg. Der ist im Kellergeschoß unten bei seinem Hobby. Wahrscheinlich hat er gar nicht mitgekriegt, daß du da bist.« Sie starrt wütend in den turbulenten Himmel. »Wenn’s hier überhaupt Ärger gibt, dann mit du weißt schon wem da drin. Aber dazu kann ich nichts sagen. Es ist sein Gift, soll er’s doch trinken.«
»So wie du meines bist.« Ich rutsche eine Stufe tiefer, damit ich ihr einen Arm fest um die Schultern legen kann. Das interessiert keinen Menschen in dieser Straße, wo es völlig anders zugeht als im besonnenen Michigan. Ich habe hier draußen das Gefühl, wir könnten schmusen und knutschen, bis uns die Arme abfallen, und die Leute fänden das völlig in Ordnung.
Ihre Schulter sträubt sich erst und schmiegt sich dann in meine ungestüme Umarmung. »Ich bin nicht nur lieb und nett«, sagt sie.
»Ich will jetzt keine schlechte Nachricht hören.«
Sie runzelt die Stirn. »Nein, sieh mal …«
»Es ist ja okay. Ich gebe dir mein Wort: Was es auch ist, es kann bis später warten.« Dicht an ihren warmen Haaren atme ich gewaschenen Liebreiz ein.
»Aber ich hab dir wirklich was zu erzählen.«
»Ich will mir einfach diesen Nachmittag nicht verderben.«
»Vielleicht kommt’s gar nicht dazu.«
»Muß ich es wirklich gehört haben?«
»Ich finde schon, ja.« Sie seufzt. »Du erinnerst dich doch an den schmierigen alten Quacksalber, mit dem du neulich am Flughafen geredet hast? Den ich mit einem einzigen Blick zur Schnecke gemacht habe?«
»Ich will nicht wissen, was mit dir und Fincher war«, sage ich. »Es würde mir den Tag gründlich ruinieren. Du wirst es mir nie erzählen, das ist ein Befehl.« Mein Blick geht zu dem unruhigen grünen Himmel. Eine kleine Cessna durchquert brummend unseren Luftraum und hält bestimmt Ausschau nach einem sicheren Landeplatz in Manahawkin oder Ship Bottom, bevor das Unwetter losbricht. Von Ostern ist jetzt nichts mehr zu spüren, es ist nur noch ein
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