Sportreporter
auch.
Vicki holt eine Merit Light aus ihrem kleinen Handtäschchen und zündet sie an. Sie ist nicht der Frauentyp, der raucht, zündet sich aber gern eine an, wenn sie nervös ist. Ich greife über ihre prallen Oberschenkel hinweg und ziehe sie auf Tuchfühlung zu mir heran. Sie öffnet ihr Fenster einen Spalt und bläst den Rauch in die Richtung. »Wann hast du eigentlich Geburtstag?«
»Nächste Woche.«
»Das sagt man so, ich weiß. Nun aber ehrlich.«
»Es ist die Wahrheit. Ich werde neununddreißig.« Mit einem verstohlenen Blick versuche ich zu erkennen, ob die Reaktion darauf ungünstig ausfällt. In den acht Wochen, die ich sie kenne, haben wir noch nicht über mein Alter gesprochen. Ich nehme an, sie hält mich für jünger.
»Ist doch nicht wahr. Du lügst.«
»Ich fürchte, es stimmt«, sage ich und versuche zu lächeln.
»Nun gut, vielleicht schenke ich dir einen tollen Recorder und nehm alle meine Lieblingsstücke für dich auf. Wie findest du das?« Es kommt keine weitere Reaktion auf mein Alter. Ich kenne Frauen, denen das Alter eines Mannes wichtig ist, und andere, denen es nicht wichtig ist. X fand es wichtig, und ich habe das immer für ein Zeichen von Vernunft gehalten. Was aber Vicki betrifft – daß ihr mein Alter nicht wichtig ist, hat möglicherweise mit einer schlechten ersten Ehe und mit dem Wunsch zu tun, diesmal einen Mann zu heiraten, der wenigstens ein gutes Herz hat –, so ist ihr Nichtreagieren nur ein neues Glied in einer wachsenden Kette angenehmer Überraschungen. Vielleicht werden wir in Detroit heiraten, zurückfliegen und uns in Pheasant Run ansiedeln und wie all unsere anderen amerikanischen Mitbürger ein glückliches Leben führen. Was wäre daran auszusetzen?
»Ich würde das gut finden«, sage ich.
»Du warst nicht sauer auf mich, weil ich wie ein Flittchen im Auto gewartet habe?«
»Du bist viel zu hübsch, als daß man sauer auf dich sein könnte.«
»So was Ähnliches haben sich diese beiden Blödmänner wohl auch gedacht.«
Wir kommen auf die Mautstraße, lösen unsere Karte und machen uns auf den Weg nach Norden über die flache, nichtssagende, vom Regen aufgeweichte Jersey-Ebene – eine ideale Landschaft für leicht zu spielende Golfplätze, Ventilfabriken und Flohmärkte.
Daß Vicki Angst hat, ich könnte sauer sein, weil ich nicht dazu kam, sie an ihrer Tür abzuholen, liegt daran, daß sie weiß, wie sehr ich es schätze, sie mit diesem Ritual zu unseren Verabredungen abzuholen, selbst wenn ich Hoffnung habe, die Nacht bei ihr verbringen zu können. Normalerweise gehört zu dem Ritual, daß ich ihr ein Geschenk mitbringe, etwas, das ich bei meinen Verabredungen mit X schon früh aufgegeben habe. Allerdings haben X und ich dann zusammengelebt, und solche Dinge sind rasch vergessen. Doch Vicki bringe ich gewöhnlich etwas aus New York mit, wo sie erst ein einziges Mal gewesen ist und wo sie es angeblich nicht aushalten kann. Was sie betrifft, so ist sie immer beinahe fertig und tut so, als hetzte ich sie, läuft mit Haarnadeln zwischen den Lippen oder am Hinterkopf hochgesteckten Haaren ins Schlafzimmer, muß noch einen Saum vernähen oder einen Faltenrock bügeln. In dem Punkt sind wir Atavisten, geradewegs aus einem früheren Zeitalter, aber ich mag dieses nervöse und übertriebene Hin und Her zwischen uns. Wir scheinen zu wissen, was sich der andere wünscht, ohne daß wir einander richtig kennen, was zwischen X und mir am Ende zum Dilemma wurde. Anscheinend pflegten wir nicht mehr den gleichen Ton. Es könnte aber auch einfach sein, daß ich mich in meinem Alter mit weniger zufriedengebe, und mit Dingen, die weniger kompliziert sind.
Was auch der Grund sein mag, ich freue mich jedenfalls immer über die Einladung, eine Nacht oder auch nur eine Stunde in der unverdorbenen und krankenschwesterlichen Sauberkeit von Vickis kleiner Zweizimmereigentumswohnung zu verbringen, die ihr Dad bezahlt hat und die von den beiden mit einer Blitztour zum »Möbelwunderland« in Paramus an einem Tag eingerichtet worden ist.
Alles war von Vicki selbst ausgewählt: pastellfarbene Vorhänge, ein Spiegel in Form einer Sonne mit Strahlenkranz, Teppiche in leuchtenden Farben mit abstrakten Mustern, ein altmodisch gemustertes Sofa für zwei, eine Minießzimmergarnitur aus Ahorn, ein tiefschwarz lackierter Couchtisch, durchgehend braune Geräte und eine gigantische Anlage von Sony. Wade Arcenault hatte nicht mehr zu tun, als einen fetten Scheck auszustellen und das Leben
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