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Sprachlügen: Unworte und Neusprech von »Atomruine« bis »zeitnah« (German Edition)

Sprachlügen: Unworte und Neusprech von »Atomruine« bis »zeitnah« (German Edition)

Titel: Sprachlügen: Unworte und Neusprech von »Atomruine« bis »zeitnah« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Biermann , Martin Haase
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hoffen. Zweitens der Kurs . Die Metapher aus der Seefahrt legt nahe, dass der Sprecher einen solchen hat und somit weiß, wohin es geht und wie man dahin gelangt. Der Kurs unterstellt überlegtes Handeln. Ein Sparkurs jedoch ist etwas völlig anderes. Denn gespart wird hier nicht, es wird also kein überschüssiges Geld für schlechtere Zeiten aufgehoben. Es werden lediglich bereits eingeplante Ausgaben gestrichen. Der Sparkurs also ist eine gern hastig zusammengeschriebene Kürzungsliste. Und das allzu oft auch noch ohne Plan und einzig nach der willkürlichen Regel des geringsten Widerstandes: Vor allem dort wird gekürzt, wo die Betroffenen sich wahrscheinlich nicht beschweren oder wo Beschwerden egal sind, da diese Menschen als Wähler keine Rolle spielen. Aber Sparkurs klingt natürlich viel besser. Siehe auch →   Sparpaket .

Sparpaket
    Sparen gilt als Tugend, für schlechte Zeiten vorsorgen kann man schließlich nie genug. Und wer freut sich nicht über ein Paket, wir bekommen schließlich alle gern Geschenke. Alles prima also. Doch halt, beim Sparpaket ist Vorsicht angebracht. Denn hier wird gar nicht gespart. In der ursprünglichen Wortbedeutung steht sparen für »schonen, schützen oder bewahren«. Wer spart, der sichert sein Vermögen, indem er überzähliges Geld beiseitelegt, um seinen Schatz zu mehren. Das Plus wird also erhöht. Das Sparen, von dem in der Politik immer die Rede ist, ist dagegen der Versuch, Schulden zu verringern, indem Ausgaben gekürzt werden. Das Minus also wird verkleinert. Normale Menschen dürfen so etwas nicht sparen nennen. Gehen Sie mal zur Bank und erklären denen, Sie möchten gern sparen, ob Sie dazu bitte zuerst einen Kredit haben könnten? Sie würden nur verwirrte Blicke ernten. Wenn Politiker so etwas versuchen, guckt erstaunlicherweise niemand verwirrt. Dabei ist das noch nicht einmal alles: In dem Wort steckt noch mehr Lüge. Denn die Politik packt Pakete vor allem dann, wenn es gilt, darin Sauereien zu verstecken. Und richtig, wer sich die in solchen Sparpaketen geplanten →   Maßnahmen anschaut, kommt schnell dahinter, dass die Vorhaben eigentlich Armenhilfekürzungsplan heißen müssten. Jene, die die Pakete packen, sind seltsamerweise nie betroffen, oder kennen Sie einen Fall, bei dem Politiker an sich selbst kürzten? Wir nicht. Um den Schriftsteller und Satiriker Eckhard Henscheid zu zitieren: An so einer »Paketlösung« werden wir alle noch »unser Päckchen zu tragen haben«.

Stabilitäts- und Wachstumspakt
    Oxymoron, also ein Widerspruch in sich: Stabilität ist die Eigenschaft, in einem Zustand zu verharren, eben stabil zu sein. Das lateinische Adjektiv bedeutet wörtlich »standhaft«, es leitet sich vom Verb stare , »stehen« ab. Was aber in einem bestimmten Zustand verharrt, kann nicht gleichzeitig wachsen. Deshalb schließen sich Stabilität und Wachstum aus. Die unsinnige Verknüpfung dieser beiden Wörter erklärt sich dadurch, dass unterschiedliche Dinge gemeint sind: Die in dieser Vereinbarung erwähnte Stabilität bezieht sich auf die Währung, deren Wert sich nicht ändern soll. Das Wachstum hingegen meint das Bruttosozialprodukt, das die Bundesregierung zu steigern wünscht. Die Finanz- und Wirtschaftspolitik der hier paktierenden Staaten soll beides sicherstellen. Nebenbei, das ist der Wunschtraum wohl jeder Regierung und jedes Bürgers. Beide Begriffe sind positiv konnotiert. Sie in einer Konstruktion zu verschmelzen ist daher mindestens ebenso clever wie die Forderung nach den sich ausschließenden Konzepten vollständiger Sicherheit und Freiheit in einem Atemzug. Beim Stabilitäts- und Wachstumspakt allerdings gibt es eine Auffälligkeit, die skeptisch machen sollte: den →   Pakt . Der hat eigentlich einen negativen Klang, ganz im Gegensatz zum synonymen Vertrag. Die militärischen Assoziationen, die in dem Wort mitschwingen, verraten, dass es sich bei dieser Absichtserklärung um Aktionismus handelt. Beziehungsweise um ein leeres Versprechen.

Stabilisierungseinsatz, robuster
    Der robuste Stabilisierungseinsatz hat, auch wenn er so klingt, nichts damit zu tun, ein schiefes Haus mittels Balken und Mörtel ein wenig standfester zu machen. Er ist vielmehr ein Beispiel aus den Untiefen der Militärsprache und also Propaganda. Davon gibt es im Zusammenhang mit Armeen und Soldaten eine Menge, denn wenn es um Mord und Totschlag geht, versuchen die Beteiligten mit allen Mitteln, ihre Tätigkeiten zu verschleiern. Vgl. →   Krieg . Und

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