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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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wollen, verbringen wir das ganze Wochenende hier. Aber die Enttarnung des Quellenführers würde Ihnen keinen Schritt weiterhelfen.«

    Veller ärgerte sich. Der Verfassungsschutz war entweder einem unzuverlässigen Informanten aufgesessen, der Honorar kassiert hatte, ohne wirklich auszupacken. In diesem Fall musste der V-Mann-Führer ziemlich naiv gewesen sein. Oder Koch log, die Quelle hatte gesprudelt, doch aus irgendeinem Grund tauchten die relevanten Fakten nicht in den Akten auf.

    Tatsächlich fand Veller keine Spur, die ihm weiterhalf. Keine Mitverschwörer, keine Sprengstoff-Connection, keine Nazis, die sich mit einem der drei Glaubensbrüder gezofft hätten. Lediglich belanglose Details aus dem frommen Alltag von Yassin und seinen Freunden.

    Das Mobiltelefon forderte Vellers Aufmerksamkeit, eine Duisburger Nummer auf dem Display – der Kollege vom Landesamt für zentrale Polizeidienste, schneller, als es Veller erwartet hatte.

    »Hast du die Funkzellenauswertung?«, fragte Veller.

    »Ja«, meldete der Beamte. »Die betreffende Wabe umfasst vier Häuserblocks. Und so gut wie jeder, der dort wohnt, scheint ein Handy zu besitzen. Rate mal, wie viele Nummern mir vorliegen, die zur fraglichen Zeit in eines der Netze eingewählt waren!«

    »Schick mir alles, was du hast«, antwortete Veller und buchstabierte seine dienstliche E-Mail-Adresse. Dann wandte er sich an Anna: »Kommst du allein zurecht?«

    »Natürlich.«

    Er berührte ihre Hand und sagte leise: »Bis später.«

    Anna nickte. Sie war blass, die Haare strähnig. Am liebsten hätte Veller sie geküsst.

    Er nickte Koch, der am Fenster lehnte, einen knappen Gruß zu und machte sich auf den Rückweg.

63.

    Moritz nannte es den Kennedy-Effekt. Ein frühes Ableben half ungemein, jemanden zur Ikone zu stilisieren. Carola als Lady Di der Freiheitlichen, als Kanzlerin der Herzen. Die unerschrockene Islamkritikerin, die für Deutschland eine Art von Märtyrertod gestorben war. Nur unverbesserliche Miesmacher konnten die Tragödie als Fahrfehler einer Betrunkenen abtun. Wer so redete, war ein Komplize jener Kräfte, die Carola auf dem Gewissen hatten.

    Seit dem frühen Morgen arbeitete Moritz an der Legendenbildung.

    Daneben leierte er die Produktion von Fanartikeln an – die Wahlkampfhelfer auf den Straßen wurden mit Kapuzenshirts versorgt, die das Konterfei Carolas im Che-Guevara-Stil trugen, und die Homepage der Partei bot eine ganze Produktpalette zur Bestellung per Kreditkarte an: Carola-Ott-Kaffeebecher, -Schirme, -Mützen in Schwarz, Schilf oder Khaki.

    Dass die morgigen Demonstrationen in mehr als vierzig Städten der Republik ein Erfolg werden würden, zeichnete sich schon jetzt ab. Die Beisetzung Carolas am Montag sollte den Rummel noch toppen. Moritz nutzte seine Kanäle, um die Medienpräsenz zu sichern. Das dritte Programm des WDR wollte die Trauerfeier sogar live übertragen. Moritz würde die Rede halten – Professor Dr. Petersen, der Witwer, hatte zugestimmt. In einer Reihe mit dem älteren Herrn und seiner kleinen Tochter würde Moritz auf dem Bildschirm gut rüberkommen.

    Ihm fiel das Wanzenspürgerät ein. Er holte es aus der Aktentasche und drehte am Regler. Das Ticken ging ansatzlos in ein Heulen über.

    Er schreckte zusammen und regelte die Empfindlichkeit so weit zurück, dass gerade noch die erste Leuchtdiode glomm. Henning hatte ihm alles vorgemacht, aber Technik war nicht Moritz’ Ding.

    Er zielte mit dem Antennenstummel auf die Wand.

    Tack-tack-tack – ganz normal.

    Lichtschalter, Steckdose, Pflanzenkübel. Die Deckenlampe und die Düse der Sprinkleranlage. Nirgendwo eine Reaktion.

    Moritz richtete das Gerät auf seinen Schreibtisch. Jetzt jaulte es auf. Er regelte weiter herunter und näherte sich, um die Quelle des Alarms zu orten.

    Tack-tack-tack.

    Das Telefon – nichts.

    Moritz ließ die Antenne wandern. Wieder heulte es. Das Ding, auf das der Detektor zielte, war sein Handy.

    Moritz wusste, dass jedes eingeschaltete Mobiltelefon Signale von sich gab. Er nahm es, presste den Aus-Knopf und das Ding meldete sich mit dem Jingle des Netzbetreibers ab.

    Tack-tack-tack – ruhig, wie zuvor.

    Moritz nahm den Telefonhörer ab. Sofort schrillte der Detektor los.

    Jetzt war er wirklich fündig geworden: Der Ton des Freizeichens hatte den Sender einer Wanze aktiviert.

    Moritz legte den Detektor beiseite und hebelte mit einem Schraubenzieher die Plastikschale des Hörers auf. Lange starrte er auf das

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