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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Unterstützung für Sie.« Moritz öffnete seine Faust und hielt Still die Wanze hin. »Und schon gar nicht für Ihre Methoden!«

    »Wo haben Sie das Ding her?«

    »Aus meinem Telefon.«

    »Hier oder bei Ihnen zu Hause?«

    Moritz musste lachen. Still wollte ihn einschüchtern, und wenn Moritz nicht gestern mit Henning, dem Hacker, seine Wohnung überprüft hätte, wäre er auf den Bluff hereingefallen.

    »Verschwinden Sie aus diesem Büro«, sagte Moritz. »Carola Otts Fußstapfen sind zu groß für Sie.«

    Still hob den Zeigefinger. »Ich habe über jeden auf dieser Etage ein Dossier, vor allem über Sie!«

    »Im Sammeln von Daten scheinen Sie Ihre Bestimmung gefunden zu haben, nicht wahr? Vermutlich leiten Sie alles brühwarm an den Verfassungsschutz weiter. Der Ministerpräsident wird Ihnen dafür sicher einen Orden anstecken. Ist es das, was Sie antreibt?«

    »Sie haben nichts begriffen.«

    »Dann erklären Sie’s mir doch.«

    »Leute wie Sie glauben an Begriffe wie Zivilisation und Gesellschaft, doch das sind Luftschlösser, die nur real erscheinen, solange die Menschen einander vertrauen. Eine absurde Täuschung. Die Menschen kennen einander nicht und hoffen trotzdem, dass sie irgendwie alle dasselbe wollen. Sie sind förmlich süchtig danach, einander zu vertrauen. Und selbst wenn sie von Managern und Politikern enttäuscht sind, glauben sie, es ginge irgendwie weiter. Aber nur solange dieser Irrtum nicht auffliegt, schlagen sie sich nicht die Schädel ein.« Still wischte sich Schweißperlen von der Stirn. »Die Leute träumen, Lemke. Als PR-Profi verstehen Sie es, mit diesen Träumen zu spielen, aber letztlich träumen auch Sie.«

    »Nur Sie besitzen den Durchblick, was?«

    »Wer so viel weiß wie ich, kann das Gerede vom Miteinander der Kulturen nur für Träumerei halten. Die Vertrauensblase wird platzen. Wenn nicht jetzt, dann in der nächsten Wirtschaftskrise. Ohne Kontrolle wird das Dach, unter dem Sie so ruhig schlafen, einstürzen, noch bevor Sie richtig aufgewacht sind. Und dann herrscht Krieg. Das Ende der Moral. Ihre Aufregung wegen der Wanze ist kindisch, Lemke. Nur Kontrolle kann das Schlimmste verhüten.« Still streckte die Hand aus. »Geben Sie mir die Wanze zurück und machen Sie sich vom Acker.«

    »Sie reden, als hielten Sie sich für Gott.«

    Es klopfte an der Tür, die offen stand. Moritz bemerkte Heike, die Sekretärin. Sie trug schwarze Sachen und hatte sich ebenfalls die Gedenkschleife angesteckt. Ihre Augen wirkten noch immer verheult – sie war Carolas größter Fan gewesen.

    »Da sind Leute von der Polizei«, sagte Heike.

    Drei Männer und eine Frau drängten sich an ihr vorbei in das Büro. Zwei Uniformierte und ein Pärchen in Zivil, Kripoleute.

    Still ignorierte sie. »Was man Gesellschaft nennt, Lemke, ist in Wirklichkeit ein einziger Boxring. Jeder prügelt auf den anderen ein. Und der Stärkste definiert die Regeln und darf mit Applaus rechnen.«

    Moritz spürte, dass ihn der Mann anwiderte und zugleich faszinierte. »Wie können Sie mit einer solchen Einstellung leben?«, fragte er.

    »Sie halten sich für einen tollen Hecht, nicht wahr, Lemke? Und das nur, weil Bucerius Ihnen das eingeflüstert hat.«

    Der Anführer der Polizisten, ein blonder Enddreißiger, der mit etwas Fantasie Ähnlichkeit mit Paul Newman besaß, zeigte seine Dienstmarke. »Wer von Ihnen ist Norbert Still?«

     
    Anna konnte es nicht fassen. Die beiden Parteiheinis philosophierten über Gott und die Welt und ignorierten die Polizei.

    Paul hob die Stimme: »Herr Still, oder soll ich Michael Winner sagen?«

    Der Kerl hinter dem Schreibtisch, ein Hagerer mit dicker Brille, sah auf. »Was wollen Sie?«

    Anna stellte fest, dass er in etwa der Beschreibung der Türkin entsprach. Der Mann im Treppenhaus.

    Paul antwortete: »Wir nehmen Sie jetzt fest wegen des Verdachts der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und dreifachen Mordes. Zuerst werden wir Sie durchsuchen.«

    Die uniformierten Kollegen aus der Wache am Jürgensplatz traten nach vorn. Der jüngere richtete die Waffe auf Still, der ältere schob Still gegen die Wand, schubste ihm die Füße auseinander und tastete ihn sorgfältig ab, bevor er ihm Handschellen anlegte. Die abgebrühte Routine des Kollegen erinnerte Anna an Martin Zander, den Padre.

    Still alias Winner brummte: »Von mir bekommen Sie keine Aussage.«

    Die Uniformierten führten ihn hinaus. Die Sekretärin schlug die Hand vor den Mund und machte große

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