Spring in den Himmel
freche Grinsen, immer noch die Zigarette im Mundwinkel.
»Ich bin jetzt ein völlig neuer Mensch«, sagte sie und umarmte Jamina spontan. »Ein bisschen spießiger, aber ich dachte, das könnte dir gefallen.«
Jamina sah den argwöhnischen Blick von Sophia, die an ihnen beiden vorüberging. Sie hörte die Pfiffe der Jungs und Yoyo wandte sich wirklich zu ihnen um und freute sich über die johlende Anerkennung.
»Rafik hat mir mehr SMS geschickt als du, weißt du das?«
»Und du hast auf keine geantwortet.«
Yoyo ignorierte den Vorwurf. »Angeblich hat er mir auch einen Brief geschrieben und ihn dir gegeben. Hast du ihn zufällig dabei?«
Sie streckte die Hand aus.
Jamina kramte in ihrer Tasche. Seit Tagen trug sie ihn bei sich. Jeden Tag fragte Rafik, ob sie Yoyo endlich getroffen und ihr den Brief gegeben hatte. Jeden Tag dieselbe Enttäuschung in seinem Gesicht.
Yoyo nahm den Umschlag, machte ihn auf, las undlächelte. »Wie süß! Soll ich ihm zurückschreiben oder kann ich gleich mitkommen?«
Jamina wusste nicht, ob sie sich freuen sollte oder nicht.
Weißt du, was ich mir überlegt habe? Ich wechsle an deine Schule. Jetzt sehe ich ja auch nicht mehr so strange aus, da werden sie mich schon nehmen. Okay, ich bin nicht gerade die beste Schülerin. Aber ich hab da an deinen Traum gedacht, das Medizinstudium. Und wie schön das wäre, wenn ich auch so einen Traum hätte, ein Ziel, eine Idee. Ich hab mir dann ausgemalt, wie es wäre, wenn wir gemeinsam aufs Abi lernen und vielleicht auch miteinander studieren. Hey, du guckst so zweifelnd. Traust du mir das nicht zu? Ah, da fällt mir was ein, hab ich fast vergessen.
Yoyo zog einen Seidenschal aus ihrer neuen Tasche und band ihn Jamina um den Hals. »Der hat dir doch so gut gefallen. Voilà, c'est pour toi. Merkst du, ich hab schon ein bisschen Französisch gelernt. Wollen wir noch ein Eis bei Federico essen, bevor wir zu dir gehen?«
Wie anders das Leben auf einmal war. So leicht, so spontan und zugleich so unberechenbar wie Yoyo selbst. Jeden Moment konnte man einem Traumprinzen über den Weg laufen oder von der Erde verschluckt werden. Eine Nacht mit tausend Sternschnuppen und alle Wünsche gehen in Erfüllung. Das war genauso möglich wie ein Erdbeben. Yoyo war wieder da.Rafik stimmte ein Indianergeheul an, das gefühlte zwei Stunden nicht mehr verstummte. Yoyo bedankte sich bei ihm für den Brief, nachdem sie endlich zu Wort kam. Auch die Mutter begrüßte Yoyo herzlich: »Schön, dass du da bist.«
Yoyo sah in diesem Moment unbeschreiblich glücklich aus und auch Jamina spürte, wie sehr ihr die Freundin gefehlt hatte.
»Warum bist du jetzt blond?«, fragte Rafik beim Mittagessen und Yoyo sah ihn ernst an.
»Weißt du, eigentlich habe ich hellbraune Haare. Aber irgendwann hatte ich das Gefühl, dass die Welt schlecht ist und düster und traurig. Da habe ich mir nur noch schwarze Klamotten gekauft und die Augen schwarz geschminkt und – klaro – auch die Haare gefärbt. Aber irgendwie ist meine Welt heller und schöner …«, sie sah lächelnd in die Runde, »… seit ich euch alle kenne.«
Rafik setzte sich zu Yoyo auf den Schoß: »Bitte, geh nie wieder weg.«
Den ganzen Nachmittag lernten sie eifrig. Yoyo hatte in Französisch tatsächlich schon etwas aufgeholt. Dann machten sie Mathematik, da hatte sie üble Lücken.
»Vielleicht sollte Alexander mal mit uns lernen«, überlegte Jamina. »Ich blick bei den meisten Sachen so einigermaßen durch, aber er ist echt ein Crack in Mathe.«
»Erstens bist du gut genug für mich und zweitens willst du bestimmt lieber mit ihm allein sein.«
»Ich seh ihn kaum. Er lernt wie doof fürs Abi.«
Yoyo sagte nichts mehr und versuchte, eine Matheaufgabe zu lösen, was ihr nicht gelang.
»Bleibst du über Nacht?«, fragte Rafik beim Abendessen und Yoyo sah zu Yamina.
»Ist das okay?«
»Schlaf bei mir«, bat Rafik.
Die Mutter schüttelte den Kopf. »Yoyo ist doch Jaminas Freundin. Wie fändest du es, wenn Fabian bei Jamina schlafen würde und nicht bei dir?«
Wie selbstverständlich es wieder war, dass Yoyo blieb! Sie hatte noch gar nichts dazu gesagt, dachte Jamina, doch es war schon entschieden. Und wenn sie ehrlich war: Sie freute sich darüber.
Yoyo nahm die Matratze, die noch in Jaminas Zimmer an der Wand lehnte, bezog das Kopfkissen und die Decke und legte sich hin. Schlief zusammengerollt wie ein Baby.
Jamina betrachtete sie eine Weile. Die blonden Haare standen ihr tatsächlich gut. Sie sah
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