Spring in den Himmel
nicht ähnlich?«
Jamina fand die Situation ganz und gar nicht vergleichbar, aber sie schwieg und dachte nach. Yoyo und eifersüchtig … gut möglich.
»Weißt du, wir fanden es auch nicht toll, dass du uns nicht mehr über Alexander erzählt hast. Und das wird Yoyo genauso gehen.«
Jamina empfand die Worte der Mutter als Vorwurf. Sie stand auf, holte die Dose mit Kakao heraus.
»Möchtest du auch einen?«
Die Mutter nickte, doch sie gab ihre Gedanken nicht auf.
»Rede offen mit Friederike, das ist das Einzige, was hilft. Frag sie direkt, was sie kränkt oder ärgert.«
»Sie ist doch auch nicht offen«, platzte es aus Jamina heraus. Sie wollte der Mutter nicht sagen, dass sie sogar an Yoyos Namen zweifelte.
»Dann mach du den Anfang.«
Jamina kochte den Kakao, goss ihn in zwei Tassen und kam zurück an den Tisch. Sie spürte, wie ihre Mutter sie genau beobachtete, ihren Blick suchte.
»Auch wenn ich am Anfang etwas skeptisch war: Sie ist ein sehr nettes Mädchen. Und sie hat es nicht leicht.Keine Familie, kein richtiges Zuhause. Kein Wunder, dass sie so gerne bei dir ist.«
»Mir ist es manchmal ein bisschen zu viel.«
»Du wirst doch nicht eifersüchtig sein, weil wir sie gerne hier haben? Das wolltest du doch selbst!«
»Manchmal hätte ich eben gerne meine Ruhe, mein Zimmer für mich …«
»Das hast du doch die meiste Zeit.«
Jamina schwieg. Offenbar konnte sie ihrer Mutter nicht erklären, was sie meinte: wenn Yoyo sich ihre Pullover nahm, wenn sie Eselsohren in ihre Bücher machte, wenn sie das Poster aufhängte, wenn sie in der Familie mitredete, als würde sie dazugehören.
»Sie ist deine Freundin und in einer schwierigen Situation. Ich finde, du solltest sie nicht im Stich lassen.«
»Das tue ich doch gar nicht.« Es klang so, als müsste sie sich verteidigen.
»Du hast dich irgendwie verändert«, sagte die Mutter nun leise. »Dein Vater findet das auch.«
»Wir haben uns alle verändert, seit Yoyo so oft da ist.«
»Manchmal erkenne ich dich kaum wieder. Weil du so wenig mit uns redest. Und das hat nichts mit Friederike zu tun.«
»Ach, bin ich jetzt das Problem?«
Die Mutter ließ sich nicht provozieren.
»Nein, aber wenn du ein Problem hast, dann kannst du jederzeit zu uns kommen. Und mir ist sehr, sehr wichtig, dass du das weißt und immer daran denkst.«
Jamina nickte nur und rührte in ihrem Kakao. Die Worte der Mutter, ihre Nähe und Aufmerksamkeit brachten sie völlig durcheinander.
»Du bist blass«, sagte die Mutter. »Geh bald ins Bett – heute hast du ja dein Zimmer für dich allein.«
Sie konnte nicht schlafen. Durch ihren Kopf wirbelten Dutzende von Gedanken. Warum hatte sie das Gespräch mit der Mutter nicht genutzt, um ihr von dem Geld zu erzählen, das Yoyo mitgenommen hatte? Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen. Doch die Mutter hatte ihr mangelnde Offenheit vorgeworfen und für Yoyo Partei ergriffen. Als würde sie einen Streit zwischen Schwestern schlichten, als würde Yoyo zur Familie gehören.
Du bist nicht mehr die, die du warst … So ähnlich hatte sich die Mutter ausgedrückt. Ja, das stimmte. Sie hatte in den letzten Wochen viele Dinge erlebt, die mit dieser kleinen Familienwelt überhaupt nichts zu tun hatten. Die Eltern hätten ihre Jamina nicht wiedererkannt, als sie vor den Kontrolleuren in der U-Bahn weggelaufen war, als sie mit Yoyo sprang … Sie hatte von all dem nichts erzählt. Trotzdem: Sie war doch immer noch Jamina, die hierher gehörte, die hier lebte, die hier zu Hause war.
Alexander … sollte sie ihn anrufen? Sie erwischte nur die Mailbox und war eigentlich erleichtert. Denn was sollte sie ihm erzählen? Dass sie das Geld von seinem Opa heimlich fürs Studium sparte, an ihren Eltern vorbei? Würde er das verstehen? Dass Yoyo es ihr weggenommen hatte? Könnte er ihr raten? Ihr helfen? Sie beruhigen?Jamina hörte, wie die Mutter zu Bett ging. Der Vater würde erst gegen Mitternacht kommen. Sie schaltete das Licht wieder an und zog ihre Kiste hervor. Blätterte in ihrem Tagebuch. Hatte sie wirklich so viele schreckliche Dinge über Yoyo geschrieben? Sie begann zu lesen. Der Bungee-Sprung. Nein, hier stand nur ehrliche Begeisterung. Die Irritation, wie schnell sie zu ihren Eltern Zugang gefunden hatte. Okay, da war die Bewunderung mit Verwunderung gemischt. Das hatte sie doch ziemlich erstaunt. Die Zweifel an den Geschichten, die nicht zusammenpassen wollten. Na gut, das konnte man schon als Nachspionieren verstehen.
Jamina legte das
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