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Spring in den Himmel

Spring in den Himmel

Titel: Spring in den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Kinskofer
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Geheimnis?«
    »Ich wünschte, ich könnte es dir erklären.« Und das meinte sie genauso, wie sie es sagte. Aber wie sollte sie dem Vater erklären, dass sie manchmal das Gefühl hatte, Yoyo wolle sie aus der Familie drängen, ihren Platz einnehmen? Das klang verrückt, das konnte doch niemand glauben. Wieder ein Geheimnis, wieder keine Offenheit. Sie konnte ihren Eltern nicht sagen, wie viel Angst sie hatte, dieses Zuhause durch Yoyo oder an Yoyo zu verlieren.
    Es wurde ein stilles Wochenende. Jamina verließ kaum ihr Zimmer, sie bekam eine Mail von Alexander und einmal rief er auch kurz an. Eine MMS von Sophia aufihrem Handy. Sophia am Strand mit einem Surfbrett. Ja, so weit wäre Jamina jetzt auch gerne weg.
    Sie versuchte zu lesen, aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Als sie die Musikanlage anmachte, fiel ihr ein, dass diese Yoyo gehörte. Sie schaltete wieder aus, riss das Poster von Amy Winehouse von der Wand, ertrug den weißen Fleck, der noch vom Poster mit dem Pinguin herrührte.
    Die Eltern hingen in ihrem alten Streit fest. Schwiegen sich an. Und wenn sie redeten, dann waren da die üblichen Vorwürfe.
    »Du hättest mehr aus dir machen können.«
    »Wir haben doch alles, was wir brauchen.«
    »Ja, findest du? Ich würde schon mal gerne wieder wegfahren, ausgehen, was von der Welt sehen so wie andere auch.«
    Die alten Wunden waren wieder aufgerissen. Sie hasste diese Auseinandersetzungen, die kein Ziel und keinen Sinn hatten. Die nur von Enttäuschung und verkorkstem Leben handelten. Zu dem sie dazugehörte.
    Sie konnte der Mutter nicht die ganze Zeit aus dem Weg gehen. Als sie sich in der Küche Tee kochte, spürte sie, dass die Mutter hinter ihr stand und sie beobachtete.
    »Wir finden es seltsam, dass Yoyo uns dein Geld geschickt hat.«
    Wir. Offenbar verstanden die Eltern sich wieder besser.
    »Ja, ich fand das auch seltsam.«
    Sie klang giftig, das hörte sie selbst.
    »Du hast ihr das Geld also nicht gegeben …«
    »Nein, sie hat in meinem Tagebuch gelesen und mir die Kohle geklaut, wenn du es genau wissen willst.«
    Jamina konnte sich nicht beherrschen, sie wurde laut. Die Mutter sah sie nachdenklich an.
    »Warum sollte deine Freundin so etwas tun?«
    »Du traust mir nicht mehr, oder?«
    »Wundert dich das?«
    Jamina platzte der Kragen.
    »Toll, wenn ihr Yoyo mehr glaubt als mir. Kommt eine Fremde in unsere Familie, nistet sich ein, macht sich bei euch beliebt …«
    »Du hast Friederike mitgebracht, wenn ich dich daran erinnern darf. Wir haben sie lediglich aufgenommen – und das wolltest du doch.«
    »Aber nicht, dass sie mich beklaut und bei euch verpfeift!«
    Jamina wollte an der Mutter vorbei, doch die hielt sie auf.
    »Es geht nicht darum, was Friederike getan hat. Es geht um uns, wie wir miteinander umgehen.«
    »Ich weiß, ich hätte euch das mit dem Geld sagen sollen.«
    »Du kannst es behalten, du darfst auch einen Freund haben, das ist alles okay. Aber dass du so verschlossen bist, das macht uns wirklich zu schaffen.«
    Jamina musterte ihre Mutter zornig.
    »Erzählt ihr mir denn alles?«
    »Das ist doch ganz was anderes!«
    »Wie kann ich dir sagen, wie gerne ich Medizin studieren möchte, wenn du dann immer davon anfängst, dass Papa auch gescheitert ist.«
    »Ich möchte dir so eine Erfahrung ersparen.«
    »Und ich will mein eigenes Leben leben.«
    »So hättest du früher nie mit mir gesprochen.«
    »Bedank dich bei Yoyo.«
    Alexander ging nicht ans Handy. Deshalb setzte sie sich an den Laptop und schrieb ihm eine Mail. Sie schilderte die ganze Geschichte. Warum sie das Geld beiseitegelegt hatte, dass Yoyo es gefunden und mitgenommen hatte, die Auseinandersetzung mit den Eltern.
    Sie war manchmal so unberechenbar und sie hat Geschichten erzählt, die nicht stimmten. Sie hat mich kritisiert und im nächsten Moment war sie wieder unheimlich nett. Ja genau, das ist das Wort: unheimlich. Mal ganz nah, mal ganz fremd. Mal total lustig, mal todtraurig. Es war, als ob sie zu dieser Familie gehört. Ich bin nicht eifersüchtig, aber ich hatte das Gefühl, dass sie meinen Platz einnimmt. Mir ist fast alles zerbröselt, was wichtig war: die Familie, die Freundschaften, mein Alltag, mein Leben … Sie hat es mir genommen. Weißt du, früher habe ich gedacht, meine Eltern würden mich nie im Stich lassen. Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Wenn ich genau darüber nachdenke, dann bleibst mir eigentlich nur noch du.
    Von Alexander kam keine Antwort. Als sie ihm eine SMS schickte,

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