Spring in den Himmel
austauschen und … ja, nicht einsam sein. So wie jetzt. Hatte sie wirklich jemals einen Freund und eine beste Freundin gehabt? Im Moment fühlte es sich nicht so an.
Die Schlange an Federicos Eisstand war lang. Jamina sah sich die Leute genau an, aber Yoyo war nicht dabei. Weit und breit keine Spur von ihr. Sie stellte sich geduldig an und wartete, bis sie dran war. Federico erkannte sie nicht. Sie nahm eine Waffel mit zwei Kugeln: Schokolade und Zitrone.
Federico schmunzelte. »Passt nicht so gut …«
Jamina nahm es als Gelegenheit, ihre Frage zu stellen: »Erinnern Sie sich an das Mädchen, das für jede Kugel eine eigene Waffel möchte?«
Federico nickte. »Ist jetzt blond.«
Jamina freute sich – das war doch eine Spur! So lange hatte Yoyo noch keine hellen Haare. Also war sie in letzter Zeit hier gewesen.
»Ich war mal mit ihr da. Als sie noch dunkle Haare hatte.«
»Hey, geht's mal weiter?«, hörte sie eine ungeduldige Stimme hinter sich. Die Schlange war gewachsen.
»War sie heute auch da?« Jamina gab noch nicht auf.
Federico schüttelte den Kopf. »Aber gestern. Und vorgestern.«
Jamina dankte ihm mit einem Lächeln für die Auskunftund ging. Sie wollte nicht noch einmal hören, dass sie den Betrieb aufhielt.
Sie setzte sich an den Eisbach und sah den Surfern zu. Wie damals, als sie zum ersten Mal mit Yoyo hier gewesen war. Der Tanz auf der Welle, das Scheitern schon vorprogrammiert, denn nach ein paar Sekunden, spätestens einer Minute war der Tanz zu Ende, das Eintauchen ins Wasser …
Wie Feuer und Wasser. Das hatte Alexander über sie und Yoyo gesagt. Der selbst ihr Fels in der Brandung war. Sie war das Wasser. Aber war sie so kraftvoll wie diese Welle? Oder war sie eher so trüb wie eine Pfütze?
Jamina aß ihr Eis zu Ende. Sie behielt den Eisstand im Auge. Aber Yoyo kam nicht. Wo könnte sie sonst noch stecken? Jamina merkte wieder einmal, wie wenig sie wusste. Dies war ihre einzige Spur. Sie war hier gewesen, sie würde vielleicht wiederkommen. Die Frage war nur: wann?
Um halb sechs Uhr stand Jamina auf, nahm ihr Rad und fuhr nach Hause. Sie war nicht sicher, ob sie diesen Versuch noch einmal wiederholen sollte. Aber sie würde ohnehin keine Ruhe finden, bevor sie nicht wusste, wer dieses Mädchen war, das ihr Leben umgekrempelt hatte und dann abgetaucht war.
Die Eltern machten gerade Abendbrot, als sie zurückkam.
»Ich habe keinen Appetit«, sagte Jamina im Vorübergehen und zog sich in ihr Zimmer zurück.
Sophia hatte eine Mail mit Fotos vom Strand geschickt.
Es ist sooooo geil hier! Nächstes Jahr kommst du mit!
Ja, das wäre schön, dachte Jamina. Sommer, Sonne, Strand. Nicht auf den Bruder aufpassen, nicht Haushalt machen, sich nicht einmal um Herrn Kamke kümmern, der sie ohnehin nur an Alexander erinnerte.
Da kam eine SMS.
Mir geht es besser. Können wir uns treffen? Ich vermisse dich sehr. Alexander
Endlich. Endlich war die Unsicherheit vorbei. Und die Angst, dass er nichts mehr von ihr wissen wollte, sie verschwand von einem Moment auf den anderen. Jamina war so erleichtert, dass sie zu weinen begann.
27. Kapitel
Jamina zählte die Stunden. Wie lange würde es noch dauern, bis sie Alexander wiedersah? Morgen Nachmittag, das machte zweiunddreißig Stunden oder hoffentlich nur einunddreißig …
»Spielst du mit mir?«
Rafik platzte um acht Uhr früh in ihre Träume. Normalerweise gab es dann Ärger, das wusste Rafik auch. Jamina hasste es, in den Ferien so früh geweckt zu werden. Aber wenn er jetzt schon fragte, dann war klar, dass er bereits seit mehr als einer Stunde darauf wartete, sich langweilte und hoffte, dass sie von selbst aufstehen würde.
»Sind Mama und Papa schon weg?«
Er nickte: »Und Yaya und Yuyu haben keine Lust mehr, mit mir zu spielen.«
Jamina schmunzelte. »Was habt ihr denn gemacht?«
»Ich wollte, dass sie über eine Legowand hüpfen, aber sie wollten nicht.«
Jamina hob die Decke, Rafik legte sich zu ihr und kuschelte sich an sie.
»Yuyu hat die Wand umgeworfen und Yaya ist außen rum gelaufen.«
»Das sind aber schlaue Tiere. Die lassen sich nicht alles gefallen.«
Rafik schüttelte missbilligend den Kopf. Das sah er natürlich ganz anders.
»Ich bin schlauer!«
»Wenn du so schlau bist, dann sag mir doch, wie viel ist ein Tag und acht Stunden?«
»Das kann ich nicht, das ist viel zu schwer.«
»Wie viele Stunden hat denn ein Tag?«
Rafik war still, bewegte aber stumm die Lippen: »Vierundzwanzig.«
»Und jetzt noch acht
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