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Spritztour - Roman

Spritztour - Roman

Titel: Spritztour - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Behrens
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an. »Ein Mädchen wie ich? Sag mir bitte, wie bin ich denn? Ian, weißt du, wie ich bin?«
    »Ich halte mich aus diesem Gespräch raus. Ich bin hier bloß der alte, stinkende Hund.«
    »Ach, jetzt beruhige dich mal, Felicia«, sagte Lance. »Das meine ich doch nicht böse. Ich meine einfach Mädchen, die nicht viele Freundinnen haben. Du hängst mit Typen ab – mit mir und mit Ian. Solche Mädchen sind generell prüder. Ähm … als Gruppe betrachtet.«
    »Ich habe Freundinnen!«, erklärte Felicia. »Sie sind vielleicht nicht so eine Art beste Freundinnen, aber ich habe welche.«
    »Okay, wer denn zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel Tanya Turcott. Sie ist eine gute Freundin von mir.«
    »Sie ist weggezogen, als wir in der Neunten waren.«
    »Wir reden noch miteinander«, sagte Felicia wenig überzeugend. Sie überlegte einen Moment. »Und Beverly Gishblatt.«
    »Das war eine Referendarin in der zehnten Klasse.«
    »Peggy Swain.«
    »Mann, das ist Joeys Mutter.«
    »Chris Puddleman.«
    »Chris ist ein Junge.«
    »Aber sehr feminin.«
    »In der dritten Klasse hast du ihm eine fette Abreibung verpasst, weißt du noch? Du hast gedacht, er hat deine Früchterolle geklaut – was nicht stimmte –, und hast ihm dein Cafeteria-Tablett über den Kopf gezogen. Das war übel.«
    »Okay, okay. Also habe ich im Moment nicht viele Freundinnen. Aber das liegt nicht daran, dass ich Mädchen nicht mag. Und ich habe mich schon oft in meinem Leben ziemlich mädchenhaft verhalten. Glaubst du denn, ich bin nicht auf Mein kleines Pony abgefahren? Oder auf Emily Erdbeer ? Oder auf Das Mädchen Jem und die beschissenen Holograms ?« Sie stockte. »Mit Mädchen befreundet zu sein ist eben manchmal schwierig. Sie müssen immer was haben. Andauernd. Sobald es um Jungs geht, kriegen sie feuchte Augen. Sie reden mehr über sich selbst, als ich ertragen kann. Mit euch ist es halt einfacher.«
    »He«, sagte Lance. »Du rennst offene Türen ein.«
    »Und außerdem«, fügte sie hinzu, »ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich euch mal nicht gekannt habe. Andere, die ziehen her, dann ziehen sie wieder weg. Aber ihr beide seid immer da gewesen. Ich hänge sehr an euch. Es gibt einfach Leute, an denen bleibt man kleben.« Sie lächelte. »Selbst wenn sie einem wegen so einer Internet-Schrulle die Hucke volllügen.«
    Nach dieser Erklärung verbrachten sie die nächsten Meilen schweigend. Ians Gestank verflog langsam. Als das Zeug endgültig trocken war, zog er sein T-Shirt wieder an. Die Sonne verschwand hinter den Baumwipfeln. Auf den Schildern wurde die Entfernung nach Charleston angezeigt. Ian wurde immer nervöser. Außerdem wurde er immer orangefarbener. Lance war der Erste, der es aussprach.
    »So richtig braun scheinst du nicht zu werden, oder?«
    »Was meinst du? Ich bin dunkler.« Ian untersuchte seine Arme.
    »Du siehst aus wie eine Mohrrübe«, sagte Felicia und stieß ein Lachen aus, das sie schon mehrere Meilen lang unterdrückt hatte.
    »Mmm. Eher wie ein Orange-Fruchteis, finde ich«, sagte Lance. »Aber im Prinzip stimmt es. Du siehst einfach ziemlich orange aus.«
    »Ach was«, sagte Ian. Aber objektiv betrachtet, musste er zugeben, war es richtig.
    »Vielleicht ändert sich die Farbe noch, Alter. Du könntest immer noch ein bisschen dunkler werden.«
    »Glaube ich nicht«, sagte Felicia. »Es sind jetzt schon fast zwei Stunden. Ich denke, er ist vollkommen durchgebacken.«
    »Findet ihr das echt so schlimm?«, fragte Ian.
    Seine Freunde nickten nur.
    »Und … was kann ich tun?«
    »Vielleicht abwaschen?«, schlug Lance vor.
    »Ich glaube, das hätte ich vor, ach, keine Ahnung, vor zwei Stunden tun sollen !« Ian rutschte auf seinem Sitz herum, starrte aus dem Fenster Richtung Westen, dann schlug er mit der Hand aufs Armaturenbrett, klappte die Sonnenblende herunter und begutachtete sein Gesicht im Spiegel.
    »Ich kann echt nicht glauben, dass ihr mich zu diesem Scheiß überredet habt. Ich meine, ich bin nicht sicher, ob Danielle auf mich abgefahren wäre, so wie ich, na ja, wie ich heute Morgen ausgesehen habe. Aber das hier – echt, das ist doch ein bisschen zu heftig, oder?«
    Er fuhr herum und blickte Felicia an, mit seiner orangefarbenen Haut, dem gegelten Haar und den unnatürlich schmalen Augenbrauen, die sich bogen wie ein McDonald’s-Logo. Felicia fing wieder an zu lachen, diesmal ohne jede Hemmung. Die Räder der Kreatur berührten kurz den Seitenstreifen der Autobahn. Sie brachte den Wagen sofort zurück in die

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