Spürst du den Todeshauch: Thriller (German Edition)
wie ein König leben. Dazu kommt noch der Grund, der allein ein Vermögen wert ist. Warum sich also die Mühe machen, alles wieder herzurichten?«
Vier unbeschädigte Möbellaster mit der Aufschrift CONNELLY STILMÖBEL-MANUFAKTUR fuhren langsam an ihnen vorbei in Richtung Ausfahrt. Frank Ramsey bemerkte, dass nach wie vor ein Lkw in der Halle stand. Er ging hinüber und betrachtete die verbeulten Türen, die eingeschlagene Windschutzscheibe, die verrostete Karosserie und die platten Reifen; Schäden, die offensichtlich nicht von der Explosion herrührten. Der Laster musste bereits eine geraume Weile in diesem Zustand hier gestanden haben. Warum ist er nicht verschrottet worden?, fragte er sich. Jack Worth scheint doch sonst ein gewissenhafter Betriebsleiter zu sein. Andererseits hat er auch nicht auf Überwachungskameras bestanden, vielleicht ist er doch nicht so gewissenhaft, wie er tut. Allerdings hatte Worth gesagt, dass Douglas Connelly das dafür notwendige Geld nicht lockermachen wollte. So oder so, es hätte doch kaum ein Vermögen gekostet, den Laster auf einen Schrottplatz zu bringen.
Frank ging um das Fahrzeug herum und zog am Griff der Hecktüren, ohne zu erwarten, dass sie sich öffnen ließen. Zu seiner Überraschung gingen sie auf, und zu seiner noch größeren Überraschung bot sich ihm ein Anblick, der darauf schließen ließ, dass der Laderaum bewohnt gewesen war. Auf dem Boden lagen leere Weinflaschen, überall war Zeitungspapier verstreut. Er griff sich das nächste Blatt und sah aufs Datum.
Mittwoch. Der Tag vor der Explosion.
Wer immer den Laster als Übernachtungsplatz genutzt hatte, war in der fraglichen Nacht wahrscheinlich hier gewesen. Frank Ramsey schloss die Türen.
Für ihn stand jetzt fest, dass es sich bei dem Betriebsgelände um einen höchst komplizierten Tatort handelte.
36
M ark Sloane hatte sich am Montagmorgen für dreizehn Uhr mit Nick Greco verabredet. Er hatte Greco erklärt, er habe gerade erst eine neue Arbeitsstelle angetreten und könne sich daher mit ihm nur in der einstündigen Mittagspause treffen, keinesfalls länger. Die Alternative wäre ein Treffen erst nach siebzehn Uhr.
»Ich fange sehr früh an, damit ich noch den Zug um siebzehn Uhr zwanzig nach Hause bekomme«, sagte Greco. »Darf ich vorschlagen, dass Sie bei mir in der Mittagspause vorbeikommen, und wir bestellen uns dann was von einem Imbiss?«
Nick Greco war von durchschnittlicher Größe und hatte den sehnigen Körper eines langjährigen Joggers. Das ehemals dunkle Haar war mittlerweile zum größten Teil grau. Eine randlose Brille betonte die dunkelbraunen Augen, mit denen er abgeklärt und wachsam die Welt betrachtete. Greco, der schon immer an Schlaflosigkeit litt, stand in der Regel um drei oder vier Uhr morgens auf und zog sich in sein von seiner Frau als nächtliche Höhle bezeichnetes Zimmer zurück, wo er ein Buch oder eine Zeitschrift las oder sich im Fernsehen die neuesten Nachrichten ansah.
Vergangenen Donnerstag kurz nach fünf Uhr hatte er während der Frühnachrichten die ersten Bilder vom Brand auf dem Gelände der Connelly Stilmöbel-Manufaktur in Long Island City gesehen. Sofort war sein nahezu fotografisches Gedächtnis auf Touren gekommen. Die Einzelheiten einer Tragödie standen ihm wieder vor Augen, die sich vor fast drei Jahrzehnten abgespielt hatte. Damals hatte sich ein Bootsunfall ereignet, den nur einer der Brüder, Douglas Connelly, überlebt hatte.
Manche scheinen das Unglück regelrecht anzuziehen, hatte sich Greco gedacht. Erst verliert er seine Frau, seinen Bruder und seine Freunde, und jetzt liegt seine Tochter im Koma, und sein Unternehmen ist zerstört. Dann berichteten die Medien von Mutmaßungen, wonach Kate Connelly und Gus Schmidt, ein ehemaliger Mitarbeiter, die Explosion absichtlich verursacht hatten. Was, überlegte Greco, gab es Schlimmeres, als seine Tochter zu verlieren, außer man stellt fest, dass die eigene Tochter nicht nur das Lebenswerk zerstört, sondern auch noch ein Menschenleben auf dem Gewissen hatte?
Aber daran dachte er nicht, als die Sekretärin die Ankunft von Mark Sloane ankündigte. »Schicken Sie ihn rein«, sagte Greco, stand auf und ging zur Tür. Kurz darauf schüttelte er Mark die Hand und bat ihn, am Konferenztisch in seinem geräumigen Büro Platz zu nehmen.
Sie einigten sich auf Roggenbrot mit Schinken und Käse. Greco bat die Sekretärin, die Bestellung aufzugeben. »Ich habe eine gute Kaffeemaschine«, erklärte er Mark.
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