Spürst du den Todeshauch: Thriller (German Edition)
»Wenn Sie Ihren Kaffee schwarz mögen, können wir ihn auch so heiß wie möglich trinken, dann müssen wir nicht extra welchen kommen lassen.«
Ihm gefiel Mark Sloane, ihm gefiel sein fester Händedruck, ihm gefiel, dass er ihm direkt in die Augen schaute, auch wenn der junge Mann sehr groß war. Er bemerkte aber auch Sloanes Anspannung. Wer wäre unter den gegebenen Umständen nicht angespannt?, dachte Nick Greco. Es muss ganz schön hart sein, erneut das Verschwinden der eigenen Schwester zu durchleben. So plauderte er zunächst mit Mark über dessen neue Arbeit, bevor er die Akte aufschlug, in die er vorher bereits einen Blick geworfen hatte.
»Wie Sie wissen, habe ich damals am Fall Ihrer Schwester gearbeitet«, begann Greco. »Sie wurde zunächst als vermisst eingestuft, das änderte sich erst, als sie nicht zur Arbeit erschien, zwei wichtige Vorsprechtermine verpasste und sich nicht mehr bei ihren Freunden meldete.«
Er las laut aus der Akte vor: »Tracey Sloane, Alter zweiundzwanzig, verließ um dreiundzwanzig Uhr Tommy’s Bistro im Greenwich Village, wo sie als Bedienung angestellt war. Sie schlug das Angebot aus, mit einigen Arbeitskollegen noch etwas trinken zu gehen, und wollte gleich nach Hause und sich ausschlafen, da am nächsten Morgen ein Vorsprechen anstand. Ihre Wohnung in der Twenty-third Street schien sie aber nicht mehr betreten zu haben. Als sie an den beiden Folgetagen nicht zur Arbeit erschien, suchte der Restaurantbesitzer Tom King ihre Wohnung auf. Er fürchtete, sie könnte einen Unfall gehabt haben. In Begleitung des Hausmeisters betrat er die Wohnung. Alles schien in Ordnung, von Tracey allerdings fehlte jede Spur. Weder ihre Familie noch ihre Freunde haben seitdem etwas von ihr gehört oder gesehen.«
Greco blickte zu Mark. Er sah den Schmerz in dessen Augen, wie er es im Lauf der Jahre so oft bei Menschen gesehen hatte, die Angehörige oder geliebte Menschen verloren hatten. »Ihre Schwester hatte hin und wieder einen Freund, aber nach allem, was wir in Erfahrung bringen konnten, stand für sie die Karriere immer an erster Stelle. Zu einer ernsthaften Beziehung war sie nicht bereit. Nach dem Schauspielunterricht ist sie mit Kollegen manchmal noch auf einen Hamburger oder ein Glas Wein ausgegangen, aber das war schon alles. Wir haben damals ihre Nachbarn und Freunde befragt, die Leute im Schauspielunterricht, Mitarbeiter im Restaurant, alles ohne Erfolg. Sie ist spurlos verschwunden.«
Die Sandwiches wurden gebracht. Greco schenkte ihnen Kaffee ein. Als er bemerkte, dass Mark das Essen kaum anrührte, sagte er: »Mark, essen Sie bitte! Das Sandwich ist gut, das kann ich Ihnen versichern, und Sie sind ein großer Kerl, Sie müssen ordentlich reinhauen. Ich weiß, Sie sind hier, weil Sie sich Antworten erhofft haben, aber die kann ich Ihnen nicht geben. Der Fall Ihrer Schwester geistert mir ständig durch den Kopf. Ich habe mir sogar bei meiner Pensionierung eine Kopie ihrer Akte mit nach Hause genommen. Ich bin nie davon ausgegangen, dass sie zufällig das Opfer einer Entführung oder eines Mordes geworden ist. Tracey ist immer zu Fuß nach Hause gegangen, außer das Wetter war wirklich zu schlecht. Sie braucht die Bewegung, hat sie ihren Arbeitskollegen gesagt. Ich glaube nicht, dass jemand zufällig auf der Straße über sie hergefallen ist, ich vermute vielmehr, dass sie jemanden getroffen hat, den sie gekannt oder der auf sie gewartet hat.«
»Sie meinen, jemand hatte vorgehabt, sie umzubringen!«, rief Mark.
»Er hatte jedenfalls vorgehabt, sich mit ihr zu treffen – und dann ist vielleicht etwas schiefgelaufen. Es könnte jemand gewesen sein, den sie lediglich als Freund betrachtet hat, der aber mehr von ihr wollte. Vielleicht ist sie zu ihm ins Auto gestiegen. Vielleicht hat sie ihn zurückgewiesen, und ihm ist die Sicherung durchgebrannt. Ich kann Ihnen sagen, dass dieser Fall auch nach achtundzwanzig Jahren nie als abgeschlossen eingestuft wurde. Erst vor Kurzem sind die Leichen von vier Frauen gefunden worden, von denen einige seit mehr als zwanzig Jahren vermisst wurden. Sie waren alle an der gleichen Stelle begraben. Das Werk eines Serientäters. Durch DNA -Abgleich mit Proben der Familienangehörigen konnten sie identifiziert werden. Die Polizei hat dazu seit einigen Jahren eine spezielle DNA -Datei eingerichtet.«
»Weder meine Mutter noch ich sind jemals gebeten worden, DNA -Proben abzugeben«, sagte Mark. »Für mich sieht es daher durchaus so aus, als wäre
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