Spuk im Hotel
halten«, sagte ihr Mann. »Denn über eins müssen wir uns doch im Klaren sein.« Er zögerte.
»Über was müssen wir uns im Klaren sein?« Ängstlich blickte Mrs. Hartford ihren Mann an. Sie sah aus, als fürchtete sie ständig irgendwelche unangenehmen Enthüllungen.
»Wenn der oder die Täter nicht unter dem Personal sind«, fuhr Mr. Hartford bedächtig fort und belud seinen Teller mit einem kleinen Berg Cornflakes, »dann sind sie unter uns Gästen.« Für ein paar Sekunden war es ganz still.
»Ich habe es nicht nötig, mich derartigen Verdächtigungen auszusetzen«, sagte Mrs. Green empört. »Kommt, wir gehen!« Sie stand auf, Mr. Green und zwei der Kinder folgten ihr gehorsam zum Ausgang. Nur Tim, der freche rothaarige Junge, fand es viel spannender zu bleiben, nahm seinen Löffel und hämmerte damit aus Leibeskräften gegen seine Teetasse. »Unter den Gäschten schind Gangschter«, krähte er vergnügt, »ganz fiesche Gangschter!«
In diesem Augenblick betraten Mrs. Silverstone und hinter ihr Peter den Raum. Peter hatte sich wieder ausstaffiert wie der verwöhnte Sohn eines Multimillionärs. Die Krawatte war noch schreiender als am Vortag. Festgehalten wurde sie durch eine goldene Krawattennadel. Sein Vater wird sie schmerzlich vermissen, dachte Justus.
»Wenn Sie erlauben«, sagte Peter mit einer knappen Verbeugung vor Mrs. Silverstone, »leiste ich Ihnen beim Frühstück Gesellschaft.«
Sie reagierte nicht. Justus, der schon am Vorabend bemerkt hatte, dass sie ziemlich schwerhörig zu sein schien, schaltete sich ein. »Mr. Shaw bittet um die Erlaubnis, mit Ihnen frühstücken zu dürfen«, sagte er laut und deutlich und wedelte mit seiner Serviette über den Tisch, an dem Mrs. Silverstone Platz genommen hatte.
»Wenn es Ihnen Vergnügen macht, Mr. Shorr«, sagte sie.
Peter begriff. »Entschuldigung, aber mein Name ist Shaw«, sagte er.
Das hörte Mrs. Silverstone schon nicht mehr. Sie war bereits eingehend mit dem Konfitürebehälter beschäftigt, der nicht gleich aufgehen wollte.
Diesen Moment nutzte Mr. Simpson. »Wissen Sie schon, was passiert ist?«, fragte er in vertraulichem Ton und beugte sich über Mrs. Silverstone. Aber die schien bloß den Schatten über sich wahrzunehmen und sah erstaunt auf.
»Haben Sie einen Wunsch?«, fragte sie. Justus und Peter hatten Mühe, sich das Lachen zu verbeißen.
»Ich fragte«, wiederholte Simpson, »ob Sie schon wissen, was passiert ist.«
Mrs. Silverstone legte eine Hand an ihr rechtes Ohr. »Pariert? Wer hat pariert?«
Simpson sah wütend auf sie herunter. Jetzt überlegt er, dachte Justus, ob diese schrullige Dame ihn auf den Arm nimmt oder womöglich taub ist.
Bevor die Situation noch peinlicher werden konnte, mischte sich Peter ein. »Was ist denn passiert?«, fragte er Simpson, biss herzhaft in sein Schinkenbrötchen und sagte mit vollem Mund zu Justus, er möge ihm doch eine Flasche Mineralwasser besorgen. Justus sah ihn mit funkelnden Augen an. Am liebsten wäre er ihm an den Kragen gegangen.
»Passiert ist«, berichtete Simpson eifrig, »dass die Besitzerin dieses Hotels heute Nacht von Einbrechern heimgesucht wurde.«
Mrs. Silverstone war inzwischen mit der Konfitüre fertig geworden und bestrich sorgfältig eine Brotscheibe. Alles andere schien sie nicht im Geringsten zu interessieren.
»Und dies nun schon zum dritten Mal innerhalb von zwei Wochen«, fuhr Simpson fort.
Peter tat, als fiele er aus allen Wolken. »Aber das ist ja unerhört!«, rief er theatralisch. Justus konnte es nicht mehr mit ansehen und floh in die Küche, zu Georgette. »Da draußen ist ein Gast«, sagte er zu ihr, »einfach unausstehlich.«
Georgette rührte gerade den Teig für einen Kuchen an. Sie fing seinen sehnsüchtigen Blick auf und erlaubte ihm, mit dem Finger am Rand der Schüssel entlangzufahren. Er schleckte den süßen Teig und verdrehte genießerisch die Augen.
»Erstes Gebot: Ein Gast ist niemals unausstehlich.« Sie zwinkerte ihm zu.
»Ausnahmen bestätigen die Regel«, seufzte Justus, nahm eine Kanne mit frischem Kaffee und ging zurück in den Speisesaal, wo Simpson diesmal für Peter die verschwundenen Objekte aufzählte.
»Ein tolles Ding!«, rief Peter. Und Justus überlegte, ob er nicht zu Amanda gehen und kündigen sollte.
»Hat denn eigentlich noch niemand die Polizei eingeschaltet?« Mr. Garfield war aufgestanden. Fragend sah er Justus an. Der schüttelte den Kopf. »Mrs. Black wünscht keine Polizei im Haus. Das müssen wir
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