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Spuk im Hotel

Spuk im Hotel

Titel: Spuk im Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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respektieren.«
    In diesem Augenblick kehrte Mrs. Green zurück. Irgendwann hatte sie bemerkt, dass ihr Jüngster einfach sitzen geblieben war. Auch Justus hatte nicht mehr auf ihn geachtet, denn Tim hatte sein Lieblingsspiel mit der Tasse und dem Löffel unterbrochen und andächtig der Unterhaltung der Erwachsenen gelauscht.
    »Komm mit«, sagte Mrs. Green und zog ihn am Arm. »Wir gehen jetzt spazieren.«
    Genau dazu hatte Tim überhaupt keine Lust. In seiner Not griff er nach der Tasse, als könnte die ihm Halt bieten. Aber er bekam sie nicht richtig zu fassen, so dass sie mit Schwung vom Tisch fiel und auf dem Parkettfußboden säuberlich in zwei Teile zersprang.
    »Auch das noch!«, schrie Mrs. Green und gab ihrem Jungen einen Klaps, »du ungeschickter Kerl!« Sie wurde rot im Gesicht und sah sich hilfesuchend um.
    Schon war Justus zur Stelle. Er nahm die Scherben auf und fuhr Tim über den Kopf. »Ist ja nichts passiert«, sagte er beruhigend zu Mrs. Green. Aber das stimmte nur halb.

Sturz in die Tiefe
    Bob schnaufte gehörig. In dieser ersten Nacht hatte er nicht sehr gut geschlafen. Über ihm, auf der oberen Etage des Stockbetts in ihrem winzigen Zimmer, hatte Justus sich viel zu oft hin- und hergewälzt. Erst gegen Morgen war Bob in einen umso tieferen Schlaf gefallen. So hatte er von Amandas Auftritt nichts mitbekommen. Auf Frühstück spürte er keinen Appetit, also hatte er beschlossen, lieber dreimal ums Gelände zu joggen, um richtig wach zu werden.
    Der Park rund um das ›Old Star‹ war viel größer, als es zunächst den Anschein hatte. Ein Spalier von Platanen wirkte vom Haus aus gesehen wie der Abschluss des Parks, verbarg aber, dass er dahinter noch ein gutes Stück weiter ging, bis zu den fast mannshohen Hecken, die rund um das ganze Anwesen liefen. Gepflegt war das Grundstück allerdings nur bis zu den Platanen. Jenseits wucherte das Unkraut auf der Wiese und waren die Wege wohl seit Monaten nicht mehr gesäubert worden. Um das in Ordnung zu bringen, braucht man nicht Tage, sondern Wochen, überlegte Bob, während er gemächlich den schmalen Weg entlang trabte. Andererseits, warum musste man hier unbedingt für Sauberkeit sorgen? Hier lebte die Natur ihr eigenes Leben. Sie wurde nicht gestört und störte niemanden. Und Amanda schien derselben Meinung zu sein.
    Ganz am Ende des Parks, unmittelbar im Schatten der Hecke, weckte ein Schuppen Bobs Interesse. Er sah sehr alt aus. Das windschiefe Dach passte gut zu den vielen Stellen, an denen der Verputz abgebröckelt war. Bob lief quer über die Wiese auf den Schuppen zu. Die vordere Tür war verschlossen. Ob es hinten noch eine gab? Bob ging um den Schuppen herum. Unwillkürlich bückte er sich, so dass er von innen durch die niedrigen Fenster nicht gesehen werden konnte. Als er das bemerkte, grinste er. Von außen sah der Schuppen jedenfalls so aus, als wäre seit Jahrzehnten keine Menschenseele mehr drin gewesen.
    Tatsächlich war auf der Rückseite eine Art Verschlag, eine klapprige Holztür, die nur deswegen noch aufrecht stand, weil sie von zwei rostigen Riegeln oben und unten festgehalten wurde. Bob drückte sie beiseite, und schon schwang die Tür mit leisem Quietschen nach innen, als wollte sie ihn einladen, ihr zu folgen.
    Obwohl die Sommersonne schien, herrschte in dem Schuppen nur dämmriges Licht. Die beiden kleinen Fenster waren so verschmutzt, dass kaum noch Strahlen hindurchdrangen. Bob brauchte ein paar Sekunden, bis sich seine Augen an das fahle Licht gewöhnten. Er stand unmittelbar vor einer Treppe, die in den ersten Stock hinauf führte. Er setzte den Fuß auf die unterste Stufe. Sie knarrte so laut, dass er erschrocken zurückfuhr. Als Nächstes nahm er die riesigen Spinnweben wahr, die über ihm von der Decke des Dachstuhls herunterhingen. Es roch moderig. Bob zog die Schultern hoch. Sein Blick fiel auf die hinterste Ecke des Schuppens, wo sich ein paar ausrangierte Möbel stapelten und ebenfalls von einer dichten Decke aus Staub, Kalk und Spinnweben überzogen waren.
    Er zögerte. »Wenn ich schon hier bin, will ich auch wissen, wie es oben ausschaut«, murmelte er. Vorsichtig stieg er die untersten Stufen der Treppe hinauf. Jede knarrte wie verrückt. Das muss bis drüben im Hotel zu hören sein, dachte er. Seine linke Hand umklammerte das Geländer, aber auch das befand sich in keinem vertrauenerweckenden Zustand. Es wackelte bedenklich hin und her, als Bob weiterging.
    Enttäuscht starrte er auf ein riesiges Möbellager.

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