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Spur der Flammen. Roman

Spur der Flammen. Roman

Titel: Spur der Flammen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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heraushob, bis sie auf ein seidenes Halstuch stieß. Was sie darunter entdeckte, ließ sie erschrocken zurückfahren. Auf dem Boden des Kastens lagen keine Tontafeln, sondern verschieden große Keramikstücke, die mit Tinte beschriftet waren – und nicht etwa in der Geheimschrift, sondern auf Hebräisch! Hatte Esther etwa zwei Geschichten niedergeschrieben?
    »Zu meinem Kummer«, flüsterte Candice Glenn zu, obwohl sie in dieser weiten, nächtlichen Wüste bestimmt niemand hörte, »kann ich die Tontafeln ohne die Duchesne-Chiffrierung nicht entziffern. Aber Ian arbeitet an den Keramikstücken. Womöglich werfen diese ein Licht auf unseren Fund.«
    Sie nippte an ihrem Kaffee. »Was macht Ihr Knie?«
    »Mein Knie?«
    Erstaunt sah sie ihn an. »Sie haben mir erzählt, dass Sie nach dem Unfall mit Ihrem Knie das Klettern aufgegeben hätten. Auf Dschebel Mara haben Sie sich aber wacker geschlagen.«
    »Und Sie erst! Noch besser als wacker.«
    Er hatte erwartet, dass sie von ihrer Panik auf dem Gipfel sprechen würde. Stattdessen sagte sie: »In Los Angeles ist mir aufgefallen, dass Sie im Dienst keine Waffe tragen«, und deutete auf die Pistole in seinem Schoß.
    »Ich ziehe Gespräche dem Austausch von Kugeln vor.«
    »Macht es Ihnen etwas aus, tagtäglich mit Gewalt konfrontiert zu werden?«
    Jeden Tag, dachte er. »Es geht nicht immer nur um Autojagden und Schießereien.«
    Sie sah, dass er in sich hinein schmunzelte. »Erzählen Sie.«
    Bedächtig nahm er einen Schluck Kaffee. Hawthorne mochte so manchen Fehler haben, aber Kaffee konnte er kochen. »Nun ja, bevor ich Detective wurde, fuhr ich Streife. Mein Partner und ich bekamen einen Anruf, dass Tiere ausgebrochen seien. Es war eine ländliche Gegend, also nichts Ungewöhnliches. Da fanden wir diesen Ziegenbock auf der Straße. Wir kriegten ihn irgendwie an die Leine, und als wir ihn aufs Polizeirevier führten, stand da so ein angesäuselter Typ rum und glaubte seinen Augen nicht zu trauen. »›Ich denke, ihr arbeitet sonst immer mit Deutschen Schäferhunden.‹«
    Sie bogen sich vor Lachen. Glenn rieb sich die Augen. »Jetzt würde mir ein bisschen Elmore James gut tun.«
    »Warum ausgerechnet Blues«, fragte Candice.
    »Warum nicht? John Lee Hooker. Ike Turner. Lightnin’ Hopkins.
    Die Besten. Ich habe sogar die Originalaufnahme von
Come On In My Kitchen,
von Robert Johnson, 1936 . Der Stolz meiner Sammlung.« Er sah sie an. »Blues ist der Soundtrack der Wirklichkeit. Welche Musik mögen Sie?«
    »Bitte nicht lachen: John Denver.«
    Er lachte.
    »Und was nun?«, fragte sie.
    Glenn wusste, worauf sie anspielte. »Wir haben, was Philo will, und er weiß, wo wir uns aufhalten.« Glenn hob den Kopf, als erwarte er, dass Hubschrauber aus dem Nichts auftauchen, Männer in Kampfanzügen mit gezückten Waffen herausspringen, Thibodeau gelassen aus dem Cockpit steigen und die Hand nach den Tontafeln ausstrecken würde.
    Glenn verstand das alles nicht. Er hatte damit gerechnet, dass Philo oder zumindest seine Handlanger hier auftauchen würden. Warum waren sie nicht gekommen?
    »Vielleicht erwartet er, dass wir die Fundstücke nach Damaskus bringen.«
    Das wäre eine Möglichkeit. Aber das würde nicht geschehen. Jedenfalls jetzt nicht. Die Tontafeln den Behörden zu übergeben, kam auch nicht mehr infrage, abgesehen davon, dass dieser Plan garantiert fehlgeschlagen wäre. Wie Candice richtig bemerkt hatte, konnte Philos Reichtum jeden Weg in jedes Bankgewölbe ebnen und ganze Armeen von Wachen bestechen. Glenn sah es mittlerweile als persönliche Aufgabe an, diese Tafeln zu beschützen.
    Und nicht nur sie.
    Die kleine Wunde an Candices Hals hatte ihm deutlich gemacht, was er vorher übersehen hatte: Philos Komplize hatte sie im Haus ihrer Mutter nicht umgebracht, weil das gar nicht zu Philos Absichten gehörte. Er hatte Candice und ihren archäologischen Sachverstand gebraucht, um die Tontafeln zu finden. Aber nun hatte sie ihren Zweck erfüllt.
    Mithin war sie überflüssig.
    Und somit hatte Glenn zwei kostbare Schätze in seiner Obhut. Mit wachsendem Unbehagen nippte er an dem heißen, kräftigen Kaffee. Irgendetwas stimmte nicht. Er ließ die letzten acht- undvierzig Stunden noch einmal im Geiste ablaufen und kam zu dem Schluss, dass sie Palmyra viel zu überstürzt verlassen hatten. Hatte Philo ihnen eine Falle gestellt?
    »Detective«, setzte Candice an.
    »Glenn«, korrigierte er sie und hätte das Angebot am liebsten gleich wieder zurückgenommen. Sich beim

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