Spur der Flammen. Roman
gelegentliche heftige Regengüsse anfallenden Hochwasser in den Euphrat flossen. »Baskow könnte diese Tafeln auch hundert Meilen von hier vergraben haben.«
Sie verschwendeten keine Zeit.
Den Pontiac ließen sie auf höher gelegenem festen Terrain stehen, diesmal sicherheitshalber verriegelt. Vorsichtig arbeiteten sie sich durch die Klamm nach unten, wobei sie auf Markierungen an den Felswänden achteten und die geologischen Formationen studierten.
»Ist euch eigentlich schon mal der Gedanke gekommen, dass die Tontafeln vielleicht gar nicht so lange in ihrem Versteck geblieben sind?«, fragte Ian. »Ich meine, wir haben einen an Fieber leidenden Russen, der einen wertvollen Fund verstecken will. Was sollte seine Männer daran hindern, die Dinger sofort wieder auszugraben und auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen?«
»Davon hätten wir in den letzten achtzig Jahren sicherlich Kenntnis bekommen«, meinte Glenn, der einen über ihnen kreisenden Habicht beobachtete. »Irgendein Stück wäre im Lauf der Jahre garantiert in einem Museum oder in einer Privatsammlung aufgetaucht.«
»Wie hat Baskow dann seine Leute dazu gebracht, die Tafeln nicht anzurühren?«
»Vielleicht hat er mit einem guten alten Zauber gearbeitet. Die Tafeln mit einem Fluch belegt. Oder den Männern mehr Geld bei seiner Rückkehr versprochen.«
»Er könnte sie auch umgebracht haben.«
Glenn blieb abrupt stehen und sah Ian an. Dessen Augen waren hinter dunklen Sonnengläsern verborgen. »Wie kommen Sie auf diese Idee?«
»Gibt es einen sichereren Weg, den Fund unentdeckt zu lassen? Ein anderer sicherer Weg wäre, alleine hierher zu kommen, um die Tafeln ohne Hilfe und so geschickt zu verstecken, dass nicht einmal eine Maus sie finden würde.« Er kniff die Augen zusammen, als er die lange, unwegsame Strecke abschätzte, die noch vor ihnen lag. »Ich habe das grausame Gefühl, dass wir eine ziemlich anstrengende Suche vor uns haben.«
»Oder auch nicht.« Candice wies auf ein seltsames Objekt. Zu ihrer Rechten, in dreißig Fuß Höhe, stapelten sich sechs rostige Benzinkanister vor einer Felswand. Auf einem der Kanister war noch eine verblichene Aufschrift zu erkennen:
Anglo-Persian Oil Company.
»So hieß British-Petroleum in früheren Jahren«, rief Ian aus. »Diese Kanister sind mindestens achtzig Jahre alt.«
Die Kanister waren mit Sand gefüllt, um ihnen mehr Standfestigkeit zu verleihen. Als Ian und Glenn sie von dem Felsen wegrollten, kam eine Öffnung zum Vorschein. Candice leuchtete mit der Taschenlampe hinein und entdeckte einen Metallkasten. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass in dem Hohlraum keine unliebsamen Wüstentiere hausten, zog sie den Kasten behutsam hervor und trug ihn ins Freie. Es war ein alter Werkzeugkasten mit einem verrosteten Vorhängeschloss.
Glenn zog ein Schweizermesser aus der Tasche und machte sich daran, den Deckel aufzustemmen. »Wahrscheinlich liegt nach all dieser Zeit alles in Scherben«, brummte Ian missmutig. »Und wer weiß, wie Baskow mit den Dingern umgegangen ist. So lange halten sich sonnengetrocknete Tontafeln nun auch wieder nicht.«
Aber als Glenn den Deckel aufklappte, riss Ian erstaunt die Augen auf. »Großer Gott!«
»Baskow hat sie in seine Kleider eingewickelt«, sagte Candice. »Und hier, Faserreste von einem Korb. Da drin muss Esther die Tafeln aufbewahrt haben. Sie sind erstaunlich gut erhalten.«
Andächtig stand das Trio vor den kleinen Tonklumpen. Vor über zweitausend Jahren waren sie von einer Frau beschriftet worden, die, um das zu vollbringen, in Kauf genommen hatte, bei lebendigem Leib eingemauert zu werden.
Glenn und Ian sollten sich die Nachtwache teilen, aber Glenn verspürte noch keinen Wunsch, sich von Ian ablösen zu lassen. Als er Schritte hinter sich hörte, sagte er: »Ich halte noch eine gute Stunde durch.« Es war jedoch nicht Ian Hawthorne, es war Candice, die mit zwei Tassen in der Hand auf ihn zukam. »Ian hat Kaffee gekocht.«
Glenn ergriff seine Tasse, schnupperte misstrauisch daran und nahm vorsichtig einen Schluck. »Gar nicht so übel.«
Candice setzte sich, den Kaffee in der Hand, zu ihm. »Haben Sie schon etwas zu den Tontafeln herausgefunden?«, wollte er wissen.
Zunächst hatten sie an einem sicheren Ort im Schutz der Berge ihr Lager aufgeschlagen. Dann hatten sie Baskows Werkzeugkasten untersucht.
Der russische Theologe hatte die zerbrechlichen Tontafeln in Lagen zwischen seinen Leinenhemden verpackt, die Candice vorsichtig
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