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Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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Deux mit der unwiderstehlichen Sylvia Marlowe versunken, und dann gefüllte Eier gefrühstückt hatte. Er hörte sich an wie ein Mann, der die Nacht zu Hause im Gästezimmer verbracht und dann angebrannten Porridge gefrühstückt hatte.
    »Dieser Gefallen«, sagte er. »Der Betreffende ist in Europa herumgereist. Hotels etcetera. Ist dann zurückgekommen, hat für den Parkplatz am Flughafen bezahlt, am zweiten April. Drei lokale Sachen am dritten April. Ganz normal. Das ist alles.«
    »Seitdem nichts mehr?«
    »Ich sagte, das ist alles. Kann ich noch präziser sein? Ist das ein ambivalenter Ausdruck? Wenn das nicht alles gewesen wäre, dann wäre ich darin fortgefahren, dir meine Ergebnisse mitzuteilen. Oder etwa nicht?«
    »Natürlich, Cyril. Dumme Frage, reiner Reflex. Übrigens, guck mal das Wort mehrdeutig nach. Du findest es irgendwo nach berechnend. Und nach eigennützig.«
    Ich rief Des Connors an: »Des, Jack Irish hier. Dieser Tag, an dem Sie Gary den Scheck gegeben haben, wann war das genau?«
    »Ich hol mein Scheckbuch. Bleiben Sie dran.«
    Draußen piepte ein großer Lastwagen, während er rückwärts in die Liefereinfahrt des ehemaligen Sweatshops gegenüber setzte. Ich vermisste die Frauen, die früher in den Pausen auf dem Bürgersteig gegessen und geraucht und gelacht hatten.
    »Sind Sie noch dran, Jack? Dritter April, das war das Datum.«
    »Richtig. Des, war Gary mal verheiratet oder so?«
    »Zwei. Er hat zwei gehabt. Die erste, Judy, das ist ein nettes Mädchen, da hat er Glück gehabt. Die schickt mir immer noch eine Karte zum Geburtstag und zu Weihnachten, vergisst sie nie.«
    »Wissen Sie, wo sie wohnt?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß, wo sie arbeitet. Eine kleine Milchbar in der Stadt. Hinter dem Museum. Macht da Sandwiches. Bevor meine blöde Hüfte angefangen hat, Ärger zu machen, hab ich da immer mal vorbeigeschaut.«
    »Wie hieß die Bar? Wissen Sie den Namen?«
    »Ihr Name. Judy irgendwas.«
    »Gehört ihr der Laden?«
    »Hat gut für sich selbst gesorgt, nachdem sie ihn losgeworden ist. Willst du mal bei ihr vorbeigehen?«
    »Vielleicht. Bisschen reden.«
    »Wird nichts nützen. Glaub nicht, dass sie den Kerl in den letzten Jahren überhaupt zu Gesicht bekommen hat. Hatte sie zumindest nicht, als ich sie das letzte Mal gesehen hab, und das ist schon ein Weilchen her. Grüß sie auf jeden Fall von mir.«
    »Was ist mit der zweiten?«
    »Die würd ich nicht mal erkennen, wenn sie 'ne Nummer hätte. Hab sie nie gesehen. Wusste nicht mal, dass er's aufs Neue versucht hat, bis es wieder vorbei war.«
    »Ich melde mich wieder.«
    Ich schaute Judys Laden im Telefonbuch nach, ging zu Fuß zur Brunswick Street und nahm eine Straßenbahn in die Stadt. Als wir in die Victoria Parade rumpelten, kam die Sonne heraus, und die Menschen reckten ihr die Gesichter entgegen wie Sonnenblumen.
    Ich trank mit der älter werdenden Schickeria Kaffee bei Pellegrini's und kaufte bei Hill of Content ein Buch über Duelle. Nicht, dass Duelle etwas gewesen wären, für das ich mich schon länger interessierte, aber mir gefiel der Umschlag. Er erinnerte mich an den Umgang mit meiner Schwester: Ausweichen und Angreifen.
    Ebenso gefiel mir Judy's Pantry auf den ersten Blick. Sie lag am Rand des Geschäftsviertels, eine kleine und schmale Lunchbar, die seltsam unberührt schien von den rauschenden Strömungen der Essensmoden. Die Menschen, die hier ihren Lunch kauften, wollten keine gegrillten Paprikaschoten, wollten keinen Ziegenkäse oder sonnengetrocknete Irgendwas. Sie wollten Sachen wie Batterie-Hühnchen, Formschinken, Rostbeefscheiben voller Chemikalien, deftigen Thunfisch frisch aus der Dose, kleingeschnittene hartgekochte Eier. Und auf all dem wollten sie keine sizilianische Kapern-Salsa oder Harissa oder bhutanesisches Saure-Gurken-Relish, sondern ein paar Blätter von einem unter Folie gezogenen Eisbergsalat und zwei Scheiben gut abgelagerte, künstlich gereifte Tomate. Und Judys Kunden legten auch keinen Wert darauf, dass ihre Füllungen in Focaccia, Ciabatta, Bruschetta oder peruanische Tortillas gewickelt wurden. Sie wollten sie auf weiches, milchweißes Brot geklatscht haben, das Brot ihrer Kindheit, Brot mit einer Konsistenz wie Kleenex.
    Noch kein großer Andrang. Eine Frau kam gerade heraus, als ich hineinging, eine andere Frau wurde am Tresen bedient. Die vier Tische aus Kiefernholz an der rechten Wand waren leer. Es war kurz nach zehn Uhr morgens, und die Warmhalteschüsseln waren voll, ein gutes

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