Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman
zurück, wenn dabei nichts für ihn selbst heraussprang. »Ich rufe dich heute Abend nach neun an«, sagte er. »Einmal.«
»Danke. Ich lasse die Zeuginnen in deiner bewährten Obhut. Um es mal locker auszudrücken. Also setz es nicht auf Brendans Rechnung.«
Vor dem Prince, die Hand schon erhoben, um die Tür aufzustoßen, blieb ich stehen. Laute Stimmen von drinnen. So lebhaft hatte ich den Fitzroy-Jugendclub nicht mehr erlebt seit dem Abend, an dem sich herausstellte, dass der Fitzroy Football Club an Brisbane gehen würde. Zusammen mit einer Tasche voller Geld.
Ich trat ein und blickte durch den Raum direkt in die Augen des Wirtes. Stan lehnte an der Durchreiche zwischen der Bar und dem, was man hätte die Küche nennen können, wenn man das, was dort herauskam, hätte Essen nennen können. Er erwiderte resigniert meinen Blick.
Ich setzte mich auf die rechte Seite des Tresens. Niemand beachtete mich auch nur im Geringsten. Norm O'Neill sagte gerade mit tiefer, drohender Stimme, die Hände flach auf den Tresen gestützt, die heldenhafte Nase zur düsteren, tabak-fleckigen, mit Fliegendreck gesprenkelten Decke gereckt: »Ich nehme an, Eric, ich nehme an, dass es also vorbei ist mit dem Alten und jetzt mit dem Neuen losgeht. Einfach so.«
»Na ja«, sagte Eric Tanner, und sah aus, als sei er ein wenig geschrumpft. »Ich versteh überhaupt nicht, wo das verdammte Problem liegt. Die waren schon immer mein zweites Team.«
»Zweites Team?«, sagte Wilbur Ong. »Zweites Team? Seit wann hat man denn ein zweites Team? Kann mich nicht erinnern, dass du jemals was von einem zweiten Team gesagt hättest. Das ist schon was. Kleiner Schock. Nicht so einfach, sich an den Gedanken zu gewöhnen. Zweites Team. Wirft schon so die eine oder andere Frage auf. Wie soll ein Mann zum Beispiel den richtigen Geist entwickeln, wenn sein erstes Team gegen sein zweites im Finale steht? Was sagst du denn dazu? Was sagst du denn dazu?«
»Bei den Mannschaften«, sagte Eric, »ist das ein bisschen arg hypothetisch.«
»Oh, ist es das? Hier ein Beispiel: 1913.«
»Jetzt mach mal 'nen Punkt«, gab Eric zurück, »das war vor dem Ersten Weltkrieg.«
»O richtig, dachte nur, es wär hypothetisch. Kommt also drauf an, wann, oder?«
Eric seufzte und machte eine abfällige Handbewegung. »Ihr hängt doch alle in der Vergangenheit fest, Jungs. Man kann die Roys nicht zurückbringen, alles hat sich verändert. Na gut, es ist fast fünf, und ich werd jetzt nicht länger hier rumsitzen und in eure hässlichen Visagen glotzen, und das an einem Samstagabend.«
Norm O'Neill nahm einen kräftigen Schluck, wischte sich die Lippen ab und sagte, ohne Eric eines Blickes zu würdigen, mit so lauter Stimme, dass sie von der Decke widerhallte: »Ja, geh nur. Was ist denn schon ein ganzes Leben? Saint Kilda wartet auf dich. Der Club hält den Atem an. Die ganze Tribüne wird aufspringen, hier kommt Eric Tanner, Jungs, willkommen Eric, drei Mal hoch auf Eric Tanner, hip, hip, hurra!«
Die ganze Bar war still geworden. Ich schaute mich um. Charlie schüttelte den Kopf, was immer ein Zeichen dafür war, dass etwas getan werden musste. Ich holte tief Luft und räusperte mich. Ich fühlte mich wie damals, als ich mich auf mein erstes Plädoyer bei Gericht vorbereitete, darauf, einen Einbrecher namens Ernie Kyte zu verteidigen, einen netten Mann, aber eben etwas zu eindringlich.
»Wird Zeit, dass mal jemand das Thema anspricht«, sagte ich. Es kam laut heraus. »Entweder wir sind für Brisbane oder wir sind für jemand anderen.«
In der darauffolgenden Stille konnte man das Quietschen einer bremsenden Straßenbahn auf der Smith Street hören, dann ein Streichholz, das angerissen wurde. Wilbur Ong stieß einen langen Seufzer aus, der sich in ein leises Pfeifen wandelte.
»Jack hat recht«, sagte er.
Noch ein langes Schweigen, Norm starrte vor sich hin, zupfte an seinem langen Ohrläppchen. Ich gab Stan das Zeichen für eine Runde. Er nahm sich Zeit dafür. Als das letzte Glas serviert war, sagte Norm: »Na ja, das verdammte Brisbane ganz bestimmt nicht. Niemals. Spricht ja eigentlich nicht viel gegen die Saints. Ein paar Sachen, ja, aber nicht viel. Ich hab nichts gegen diesen kleinen Stanley Alves, der holt noch 'n bisschen mehr aus den Jungs raus. Hätte '75 den Brownlow gewinnen sollen, als sie ihn diesem Footscray-Typen gegeben haben.«
»Nichts gegen die Sainters«, sagte Wilbur. »Wenn ich so drüber nachdenke, könnt ich mich schon mit denen
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