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Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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anfreunden. Ist nicht dasselbe, aber ich könnt's.«
    »Jack?«, sagte Norm. »Mir fällt gerade ein, dass dein alter Herr gern heimlich mit diesem Bray ein paar Ales getrunken hat, der war mal ein nützlicher Spieler für die Saints.«
    »Sind schon die Besten von allen, die Saints«, sagte ich.
    Einen Moment lang herrschte noch Unentschlossenheit, dann sagte Norm: »Gib uns mal den Speiseplan, Stan. Lasst uns doch mal 'nen Blick drauf werfen, in welcher Reihenfolge wir die alten Bastarde treffen.«
    Stan ging in sein Büro und kehrte mit einem halben Dutzend Listen zurück. »Gut, gut«, sagte er. »Die Saints. Gut, gut. Heißt das, ich kann die Fotos jetzt verkaufen?«
    Alle durchbohrten ihn mit ihren Blicken, zusammengekniffene Augen, Kampfhundaugen.
    »Nein? Heißt das, ich kann nicht? Es heißt nein.«
    »So«, sagte Eric, während er seine Liste studierte. »Die Handtäschchenträger von Geelong. Das ist ein Volltreffer.«
    Im Büro klingelte das Telefon. Stan ging hinein, kam zur Tür, zeigte auf mich.
    Nach beträchtlichem Zögern betrat ich das nicht abgestaubte, nicht katalogisierte und nicht aufgeräumte Museum der fünfzigjährigen Misswirtschaft einer Kneipe. Nur ganz bestimmte Leute riefen mich hier an. Ich wollte, dass es Linda war, und wollte es doch nicht.
    »Jack, ich bin's.«
    Linda. Kein Herzklopfen. Das bedeutete nichts Gutes. Man weiß das immer sofort.
    »Hör zu«, sagte sie, »am Wochenende klappt es nicht, hier ist alles im freien Fall. Ich muss morgen nach Queensland, dieser Politfritze, Webb, der zurückgetreten ist. Seine Frau könnte sich vielleicht dazu überreden lassen, vor die Kamera zu treten: ›Mein notgedrungener Dreier mit dem Gatten und Nutten aus Brisbane.‹«
    Sie sprach doppelt so schnell wie sonst.
    »Wow«, sagte ich. »Du reibst dich aber wirklich auf. Solche Storys, das ist ja schon kein Job mehr, das ist eine Berufung.«
    Schweigen. »Jack. Ich hab bei solchen Sachen keine Wahl.«
    »Ich verstehe. Dann sag ich jetzt Goodbye. Hier ist auch alles so gut wie im freien Fall. Der Boden kommt mir schon entgegen.«
    Ich legte auf, bedauerte es im selben Augenblick, wartete, dass sie wieder anrief, wartete, wartete, rief den Sender an, unter der Durchwahl des Produzenten. Eine freundliche Dame ging dran. Alle waren schon nach Hause gegangen.
    Zu Hause im alten Stall erwarteten mich nichts außer Tiefkühlessen und unruhigem Schlaf. Ich setzte mich mit einem Glas von dem restlichen Rotwein in einen Sessel und dachte über Linda nach.
    Ich wählte die Geheimnummer. Der Anrufbeantworter sagte: »Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht. Wenn Sie möchten, dass der Angerufene per Pager benachrichtigt werden soll, sagen Sie bitte, dass Ihre Nachricht dringend ist.«
    Ich sagte: »Die Nachricht lautet: Die Stühle in meinem Wohnzimmer sehen leer und nackt aus. Jack.«
    »Dringend?«
    »Nein.«
    Im Bett versuchte ich einen Roman namens Der Berg in der Ferne zu lesen, den Linda bei ihrem letzten Besuch mitgebracht hatte. Ziemlich bald wusste ich, dass es a) um Männer und ihre Väter ging, und dass b) ich mich schwer damit tun würde, ihn zu Ende zu lesen.
    Männer und ihre Väter.
    Hatte Linda mir irgendetwas damit sagen wollen, als sie dieses Buch hier liegen gelassen hatte? Gab es da etwas, das ich mir bewusst machen sollte? Warum verschwendete ich eigentlich meine Zeit mit Gary Connors? Da steckte für mich rein gar nichts drin. Setzte ich Des mit meinem Vater gleich? Natürlich tat ich das. Er war dabei gewesen, als mein Vater und meine Mutter sich kennen gelernt hatten, Sinneslust über die Klassenschranken hinweg.
    Ich sah Des nicht als Vaterersatz. Ich sah ihn als einen anständigen alten Mann, der aus seinem Haus geworfen zu werden drohte, weil er einmal, entgegen allen Erfahrungen und in einem schwachen Augenblick, seinem Sohn vertraut hatte. Jemand musste ihm helfen.
    Wo sollte ich anfangen? Woottons Nachforschungen könnten mich direkt zu Garys Tür führen. Es war seltsam, wie viele Leute, die einigermaßen bei Verstand waren, weiterhin ihre Kreditkarten benutzten, während sie ansonsten große Anstrengungen unternahmen, um ihren Aufenthaltsort zu verschleiern.
    Aber Gary war ein Ex-Cop. Ex-Cops würden nicht so dumm sein. Andererseits war er dumm genug gewesen, sich dazu zwingen zu lassen, ein Ex-Cop zu werden.
    Es bestand Hoffnung.

ootton hörte sich nicht gerade wie ein Mann an, der die Nacht in einem Luxushotel verbracht hatte, in einen zutiefst befriedigenden Pas de

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