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Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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dreist. Sie glauben wohl, Sie kämen damit durch, die Zeit eines vielbeschäftigten, hochbegabten Vorstadtanwaltes zu verschwenden. Indem Sie ihn mit Anrufen belästigen.«
    Sie drehte den Kopf, wandte mir ihr Halbprofil zu. Mir fiel wieder ein, dass ich gedacht hatte, sie habe ein reizloses Gesicht. »Das hatte ich gehofft.«
    »Wo wir jetzt gerade dabei sind«, sagte ich, »muss ich gestehen, dass ich neulich Abend darüber nachgedacht habe, Sie anzurufen. Allerdings in der Erwartung, eine Habdieses-Jahr-keine-Zeit-mehr-Sie-können's-ja-nächstesJahr-noch-mal-probieren-Antwort zu bekommen.«
    Wir blickten uns an.
    »Also«, sagte sie, wieder das Lächeln. »Also, dann sind wir jetzt quitt?«
    Wir schauten beide ins Feuer, unsicher darüber, wie der nächste Schritt aussehen sollte.
    »Ich hab gar nicht an was zu essen gedacht«, sagte sie. »Man vergisst, dass andere Leute nicht um vier Uhr nachmittags zu Mittag essen. Ist es bei Ihnen vor oder nach dem Essen?«
    »Wahrscheinlich jenseits davon«, sagte ich. »Ich hatte zum Kaffee eine Pastete. Diese Pasteten, die es bei mir gibt, haben die Tendenz, einem den Gedanken an Essen für eine Weile zu verleiden. Tage. Manchmal Wochen.«
    »Dann hol ich die andere Hälfte«, sagte sie. »Er muss ein bisschen atmen. Sagen die Leute zumindest.«
    »Mit den Leuten würde ich mich nicht anlegen«, sagte ich. »Die wissen alles.«
    Ich sah ihr nach, wie sie aus dem Raum ging, bewunderte ihren schmalen Hintern. An der Tür drehte sie sich um, ertappte mich. Das Lächeln. Ich stand auf und stellte mich neben den Kamin.
    Sie kam mit einem großen Teller zurück, Käse und ein Päckchen Kräcker. Unter dem Arm eine weitere Flasche Hill of Grace. Sie stellte den Teller auf den Couchtisch, fand einen Waiter's Friend auf dem Kaminsims und zog den Korken wie ein Profi.
    Dann ging sie um die Sofas herum und stellte sich direkt vor mich. Wir schauten uns an. Sie trug keinen Lippenstift. Ich schluckte. »Sehr professionell mit dem Korkenzieher«, sagte ich, hörte die Verlegenheit in meiner Stimme.
    »Sehr geschickt mit dem Schürhaken«, antwortete sie. Sie streckte die Hand aus, fuhr rasch und leicht über meine Schulter, eine geisterhafte Berührung, die ich bis in mein Innerstes, bis in meine Lenden spürte.
    Ich legte die Fingerspitzen auf ihren Mund, strich über ihre volle Unterlippe. Eine leichte Röte überzog ihre Wangenknochen.
    Ihre Hand wanderte hinter meinen Kopf, lange, starke Finger, dann zog sie mich nach unten, küsste mich auf die Lippen, ein voller Kuss, Mund leicht geöffnet, hart, dann sanft.
    Ich legte meine Hände auf ihre Hüften, deutlich spürbare Hüftknochen, zog sie an mich, fühlte ihr Schambein an meiner Erektion, ein Schauer lief mir den Rücken hinunter bis ins Becken hinein. Als meine Hände unter ihren Baumwollpulli glitten, die Haut über ihrer Taille berührten, erbebte sie.
    »Mein verehrter Freund«, sagte sie, ihr Atem in meinem Gesicht, die Stimme noch tiefer als sonst. »Tun wir's einfach.«
    Wir kamen gerade noch rechtzeitig nach unten zurück, um das Feuer zu retten.
    »Probier den kompromisslosen Ziegenkäse mit irgendwas«, sagte sie. »Den mit der Asche drauf. Hab ich in Richmond gekauft.« Sie schnitt ein Eckchen ab, kaute nachdenklich. »Das mit der Asche hab ich noch nie verstanden«, sagte sie. »Muss was Religiöses sein.«
    »Aschermittwoch. Bußfertige Käse. Asche auf die Stirn malen. Du könntest recht haben.« Ich probierte ein bröckeliges Stückchen mit einem Schluck Hill. Die Kombination der beiden Geschmäcker zwang mich dazu, die Augen zu schließen. »In diesem Fall ist die religiöse Verbindung eindeutig«, sagte ich. »Ich glaube, mir ist soeben vergeben worden.«
    Sie schnitt Käse ab, schob den Teller zu mir. »Dieses andere Zeug ist auch nicht übel. Wird von einer Frau in Tasmanien gemacht.«
    Wir aßen Käse, tranken Wein, redeten, jegliche Fremdheit war verflogen. Sie wusste überhaupt nichts über Football, schien aber alarmierend viel über eine Menge anderer Dinge zu wissen und lachte oft.
    Ich stand auf, um noch etwas Holz aufs Feuer zu legen.
    Der Wind hatte aufgefrischt, ein hohles Fauchen im Kamin. Ich lehnte mich an das Kaminsims.
    Lyall saß mit dem Rücken an die Armstützen des Sofas gelehnt, die Beine auf der Sitzfläche, den Schein des Feuers auf dem Gesicht, schöne Gesichtszüge, die ich einst für reizlos gehalten hatte. Sie hob ihr Glas. »Sexy Abend«, sagte sie. »Viel netter, als sich allein hier

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