Spuren des Todes (German Edition)
eine Tat rekonstruieren und gleichzeitig wichtige Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und seines Motivs ziehen zu können, ist die Art der Verletzung, die er dem Opfer zugefügt hat, und vor allem der Zeitpunkt, an dem das geschah. Durch die Bestimmung des Alters einer Wunde lässt sich beispielsweise feststellen, ob jemandem Verletzungen über einen längeren Zeitraum zugefügt wurden, während er noch lebte, oder ob sie Bestandteil der eigentlichen Tötungshandlung waren. Ersteres könnte für eine sadistisch motivierte Tat sprechen. Sadisten ziehen Befriedigung aus der Reaktion ihrer Opfer, die sie daher möglichst lange quälen. Sie gehen oft sehr planend vor.
Aufschlüsse über die Psyche und das Wesen eines Täters liefert oft auch sein Verhalten nach der Tötungshandlung, besonders wenn dieses die Zerstückelung oder Verstümmelung des Opfers beinhaltet. Damit meine ich weniger Täter, die ihr Opfer postmortal in Stücke zerteilen, um es besser beseitigen zu können. Interessanter – aus psychologischer Perspektive – sind die, denen es ein inneres Bedürfnis ist, zu solchen Maßnahmen zu schreiten, aus Rache zum Beispiel oder aus einem sexuellen Bedürfnis heraus.
Auch in dieser Hinsicht hatten die untersuchten Fälle einiges aufzuweisen, das schaurig zu nennen keineswegs übertrieben war. Gleich in drei Fällen hatten die Täter ihren Opfern, Frauen zwischen zweiundvierzig und einundfünfzig Jahren, nachdem sie tot waren, mit einem Messer die Brüste ab- und die Genitalregion herausgeschnitten und anschließend mit Hilfe einer Säge Arme, Beine und Kopf vom Körper abgetrennt. Einem einundfünfzigjährigen Mann wurde der Penis abgeschnitten – von einem Täter, der erst vierzehn war. Ähnlich verstümmelt sah die Leiche eines Einundvierzigjährigen aus, ihm fehlten Penis und Hoden. Einem jungen Mann wiederum, der im Strichermilieu verkehrte, wurden außer den Extremitäten und dem Kopf auch Penis und Zunge entfernt. Der Täter hatte dabei ein Messer, eine Säge und eine Axt benutzt.
»Seelische Abartigkeit aufgrund sadistisch gefärbter Vernichtungstendenzen« bescheinigte ein psychiatrischer Gutachter einem vierundzwanzigjährigen Arbeitslosen, der in der Wohnung einer befreundeten Nachbarsfamilie ein wahres Blutbad hinterlassen hatte. In den Akten fand ich Fotos, die im Elternschlafzimmer entstanden waren, dem Tatort. Eines zeigte einen Jungen. Er lag in einem Schlafanzug, der blutverschmiert war, auf dem Bett, neben ihm ein Säbel. Damit hatte ihm der Täter zahlreiche Stich- und Schnittverletzungen im Brust- und Bauchbereich zugefügt. Außerdem hatte er mit der gleichen Waffe den Schädel des Jungen durchbohrt. Bei der Obduktion fand man heraus, dass sämtliche Verletzungen zu Lebzeiten entstanden waren. Der Junge, gerade zehn Jahre alt, war verblutet.
Auf einem anderen Foto war die fünfunddreißigjährige Mutter des Jungen zu sehen. Sie lag nackt neben dem Bett rücklings auf dem Boden. Um ihren Hals war eine Kinderstrumpfhose geknotet. Der junge Mann hatte sie stranguliert. Aber das war ihm offenbar nicht genug gewesen. Der Frau fehlten beide Brüste. Er hatte sie ihr mit einem Messer abgeschnitten. Außerdem war die Bauchhöhle eröffnet. Neben der Leiche lagen Teile des Darms und ein Teil ihres Magens. Und auch die Gebärmutter hatte er ihr herausgeschnitten. Die befand sich in der Mundhöhle des Opfers. Die Organe, die noch in der Bauchhöhle waren, wiesen mehrere Stichverletzungen auf, die postmortal entstanden waren, also nach Eintritt des Todes.
Aber damit hatte das Grauen noch kein Ende. Quer über dem rechten Bein, auf Höhe des Knies, lag eine dritte Leiche, die der achtjährigen Tochter. In ihrer Brust steckte ein Bajonett. Es war durch den kompletten Körper hindurchgespießt. Auch der Bauchraum des Mädchens war eröffnet worden. Der Dünndarm lag seitlich neben der Leiche. Stattdessen hatte ihr der Täter den der Mutter in den Bauch gesteckt. Aber all das musste der Täter verursacht haben, nachdem er das Mädchen getötet hatte. Auch um den Hals der Achtjährigen war eine Strumpfhose geknotet. Sie war auf die gleiche Weise wie ihre Mutter gestorben.
Gefunden hatte die Leichen der Familienvater. Man kann sich den Schock nicht vorstellen, den er erlitten haben muss.
Der junge Mann, der das Massaker angerichtet hatte, lebte nur ein paar Schritte von der Familie entfernt, in der Wohnung seiner Mutter. Sie alle kannten sich, der Täter war bei der Familie ein und
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