Spuren des Todes (German Edition)
tatsächlich bestand. Besonders in den frühen Jahren, die ich auswertete, wurde bei Tötungsdelikten ein sexuelles Motiv häufig ausgeschlossen, wenn es keine Aussagen vom Täter oder von Zeugen dazu gab und bei der Obduktion der Leiche weder nachgewiesen werden konnte, dass Geschlechtsverkehr stattgefunden hatte, noch Verletzungen im Genitalbereich des Opfers gefunden wurden.
Am Ende blieben hundertneunundzwanzig Fälle mit hundertneun weiblichen Opfern und zwanzig männlichen. Sechsundachtzig Fälle davon waren aufgeklärt und die Täter rechtskräftig verurteilt worden. Bei den anderen dreiundvierzig konnten entweder keine Täter ermittelt werden, oder es war nicht gelungen, den Tatverdächtigen die Tat nachzuweisen.
Aufschlussreich war die Statistik, die ich im Zuge meiner Studien herausfilterte, auch in anderen Punkten: Das Alter der Opfer lag zwischen sechs und zweiundneunzig Jahren. Beinahe die Hälfte von ihnen war unter dreißig Jahre alt gewesen, als sie umgebracht wurden, fast ein Fünftel war über sechzig. Bei den Tätern fiel die Spannbreite nicht so groß aus. Der Jüngste war vierzehn gewesen, der Älteste vierundsechzig, und mehr als die Hälfte hatte zum Tatzeitpunkt die Dreißig noch nicht überschritten gehabt. Die Mehrheit der Täter – fünfundsechzig Prozent – hatte Alkohol konsumiert, bevor sie tötete. Und fast genauso viele waren vorbestraft, etwa ein Drittel davon »einschlägig«, das heißt wegen Sexual- oder Tötungsdelikten.
Die Erkenntnis, dass die Taten am häufigsten spätabends oder nachts verübt wurden, überraschte mich wenig. Dagegen fiel mir keine plausible Erklärung ein, warum Täter bestimmte Wochentage bevorzugen könnten. Die meisten Fälle waren an einem Freitag geschehen, gleich dahinter lag der Dienstag. Am seltensten tauchte der Montag als Tattag auf. Aber wahrscheinlich war das Zufall.
Als häufigste Todesursache kam Strangulation, entweder in Form von Erdrosseln oder Erwürgen oder in Kombination, vor, gefolgt von scharfer Gewalt, womit hauptsächlich Stich-, Schnitt- oder Hiebverletzungen gemeint waren. Dagegen starben lediglich zwei Opfer durch Schüsse, beide Male abgefeuert aus einer Pistole, Kaliber 7 , 65 . Zwei andere überlebten jeweils eine anale Pfählung nicht. Bei beiden hatte sie zu einer Entzündung des Bauchfells geführt, die schließlich todesursächlich war.
Häufig wurden mehrere Arten von Gewalt angewendet, um das Opfer zu töten, zum Beispiel Strangulation in Kombination mit stumpfer oder scharfer Gewalt. Diese Mehrfachanwendung von Gewalt, die jede für sich zum Tod geführt haben konnte, hatte nicht selten zur Folge, dass die Rechtsmediziner später nicht sicher klären konnten, welche Art der Gewalteinwirkung nun tatsächlich todesursächlich gewesen war.
Nicht jedes Mal wurde hinterher eine Tatwaffe gefunden. Und es konnten auch nicht immer anhand der am Opfer festgestellten Verletzungen Rückschlüsse auf ein mögliches Tatwerkzeug gezogen werden. Trotzdem hatte ich am Ende eine ziemlich lange Liste beieinander, mit zum Teil recht ungewöhnlichen Gegenständen. Dass Schals, Halstücher, Krawatten, Kabel, Strumpfhosen, Drahtschlingen, Stricke und Gürtel verwendet wurden, um ein Opfer zu drosseln – gut, sich das vorzustellen, erforderte keine besondere Phantasie. Aber in meiner Übersicht fanden sich auch solche Dinge wie: Stoffhund, Taschentuch, Gehwegplatte, Gullideckel, Säge, Aschenbecher, Bajonett, Weinflasche, Pfeffermühle, Nagelfeile, Hammer, Toilettenbürste, Ondulierstab, Äther, Salzsäure. Dass es so viele waren, hatte damit zu tun, dass sie unterschiedlichen Zwecken gedient hatten. Neben der eigentlichen Tötungshandlung waren sie benutzt worden, um Kontrolle über das Opfer zu erlangen, um eine Verhaltensänderung des Opfers herbeizuführen, sie hatten der Befriedigung von Täterbedürfnissen gedient oder zur Opferbeseitigung. Die Salzsäure zum Beispiel, um die Leiche aufzulösen.
Was im Zusammenhang mit den Tatwerkzeugen auffiel: Bis auf wenige Ausnahmen hatte keiner der Täter eine Waffe oder einen Gegenstand mitgebracht, der im Nachhinein darauf hätte schließen lassen, dass er mit dem festen Vorsatz erschienen war, sein Opfer zu töten.
Der Stoffhund etwa, der in meiner Liste der Tatwerkzeuge auftauchte, war zum Knebeln eines Opfers benutzt worden. Wahrscheinlich hatte der Täter nach dem nächstbesten Gegenstand gegriffen, der ihm für sein Vorhaben geeignet erschien.
Ein wesentlicher Aspekt, um
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