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Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
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noch dagegen. Somit blieb es am Ende ein
open verdict
.
    Der Coroner kann sich auch für ein
narrative verdict
entscheiden. Dabei fasst er die Umstände zusammen, die zum Tod geführt haben, ohne den Fall einer bestimmten Kategorie zuzuordnen. Auch das hilft den Hinterbliebenen oft schon.
    Inquests können sehr emotional sein. Einen werde ich niemals vergessen. Er fand am Coroner’s Court in Portsmouth statt, ungefähr vor drei Jahren. Es ging um einen zweiundfünfzigjährigen Mann, der bei einem Minenräumeinsatz im Sudan ums Leben gekommen war. Der Vorfall lag etwa ein halbes Jahr zurück. Fast eine Woche hatte es damals gedauert, bis der Leichnam des Mannes nach England überführt worden war. Am Tag darauf hatte ich ihn zu obduzieren, auch in Portsmouth.
    Wenn ich dort arbeite, fahre ich frühmorgens mit dem Auto hin. Ich nehme die A  3 in südlicher Richtung, die sich außerhalb von London zu einer zweispurigen Schnellstraße mausert und irgendwann in die Autobahn M  27 übergeht. Dann bin ich auch fast schon da. Die Obduktionen führe ich in einem Krankenhaus durch, das über einen Sektionssaal verfügt. Ein fensterloser Raum im Erdgeschoss, zirka einhundert Quadratmeter groß. Acht Sektionstische stehen darin, sie sind quer nebeneinander aufgereiht.
    An dem Tag standen drei Obduktionen an: die Leichen von drei Männern. Die ersten zwei – einer war neunundsiebzig Jahre alt gewesen, der andere fünfundachtzig – hatte ich nach etwas mehr als einer Stunde erledigt. Beide waren an einer Lungenentzündung gestorben, nichts Aufregendes.
    Bevor ich mit dem dritten anfing, ging ich hinüber zur Pathologie und fragte, ob jemand einen Fotoapparat zur Verfügung hätte. Dieser Fall schien mir besonders sensibel zu sein. Deshalb wollte ich, bevor ich an die eigentliche Obduktion ging, alle äußeren Verletzungen dokumentieren.
    Zu jedem Leichnam erhalte ich einen Auftragszettel, den
Coroner’s Officers Report
. Darauf stehen die wichtigsten Daten, und die Umstände des Todes sind kurz beschrieben, all das, was die Coroner’s Officers bis dahin an Informationen zusammentragen konnten, das meiste stammt von der Polizei. So erfuhr ich nicht nur Name und Alter des Mannes, sondern auch, dass er lange Taucher bei der Royal Navy gewesen war und zuletzt für eine humanitäre Organisation als Minenräumexperte gearbeitet hatte.
    Umgekommen war er bei einem Einsatz im Südsudan, der ihn mit seinem Team in die Gegend um Kapoeta geführt hatte, einer Kleinstadt hundert Kilometer nördlich der Grenze zu Kenia. Dort war eine Antipersonen-Tretmine beim Entschärfen hochgegangen. Ein israelisches Fabrikat, fast zwanzig Jahre alt, von der Form eines Ziegelsteins, nur kleiner. Ihre Sprengladung hatte aus einhundertachtundachtzig Gramm TNT bestanden.
    Nachdem ich einen Fotoapparat aufgetrieben hatte, führte ich die äußere Besichtigung durch. Die Leiche des Mannes war einbalsamiert worden, wie das üblich ist bei Überführungen aus dem Ausland. Dadurch sah die Haut wächsern aus. Die Ausdünstungen der Balsamierungsflüssigkeit brannten mir in den Augen. Auf die formaldehydhaltige Substanz reagiere ich jedes Mal empfindlich.
    Es hatte offenbar schon eine Sektion stattgefunden, wohl noch im Sudan. Über die Körpervorderseite zogen sich Nähte in der typischen T-Form. Das Gesicht war durch mehrere Risswunden, Abschürfungen und schwarze Anhaftungen in Form sogenannter Staubtätowierungen entstellt. Solche »Tätowierungen« entstehen, wenn kleine Staub- und Dreckpartikel in sehr dichter Anordnung in die Haut eindringen, so dass es zu einer Verfärbung derselben kommt.
    Die rechte Augenhöhle wies fetzige Einreißungen auf, das Auge selbst fehlte. Auch unterhalb des rechten Auges und der Unterlippe war die Haut zerfetzt. Links neben dem Mund und an den Ohren fanden sich schwärzliche Abschürfungen. Nase und Zähne hatten nichts abbekommen.
    Am Kinn war der Abdruck eines Verschlusses zu erkennen. Man konnte also davon ausgehen, dass er vorschriftsgemäß einen Schutzhelm getragen hatte. Zumal diese Annahme von dem Verletzungsbild am Kinn gestützt wurde. Dort, wo sich der Gurt des Helms befunden haben musste, waren keine Verletzungen, nur darunter und darüber. Dies entsprechend zu dokumentieren, konnte auch für etwaige Versicherungsfragen von Bedeutung sein. Dasselbe traf für die Brust- und Bauchregion zu, die flächenhafte Hämatome und Abschürfungen aufwies, aber keine tieferen Verletzungen. Was auch hier dafür sprach,

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